21.12.2017

Geschäftsidee virtueller Friedhof

In der Weltmetropole Hongkong, der „Stadt am duftenden Hafen“, leben über 7 Millionen Menschen. Platz ist knapp – auch auf dem Friedhof. Hier kann eine Urnennische schon einmal einen fünfstelligen Betrag kosten. Viele Stadtbewohner lassen daher ihre Angehörigen im Umland bestatten. Um den Verstorbenen trotzdem gedenken zu können, bietet nun ein Start-up einen virtuellen Friedhof an.

virtueller Friedhof

Grabstelle in der virtuellen Welt

Die Liebe der Kinder zu ihren Eltern und ihren Angehörigen gehört zur Ethik des Konfuzius und bestimmt das Denken vieler Chinesen. In China werden die Ahnen geehrt und Angehörige traditionell am letzten Wohnort begraben. In der Metropole Hongkong wird das zunehmend schwerer, weil Plätze auf dem Friedhof Mangelware sind. So kam ein Start-Up auf die Idee virtueller Friedhof.

In Hongkong werden mittlerweile circa 90 Prozent der Verstorbenen eingeäschert, obwohl die Tradition eine Erdbestattung vorsieht. Die Urnen nehmen zwar in den für sie geschaffenen Kolumbarien wenig Platz weg, aber auch hier sind kaum noch Kapazitäten frei. Neue zu bauen, ist oft schwierig, weil die späteren Nachbarn sie nicht in ihrer Nähe haben möchten. So müssen Familien mehrere Jahre auf eine Nische in einem staatlichen Kolumbarium warten oder für private Nischen tief in die Tasche greifen. Hongkongs Behörden propagieren zwar die „grüne Bestattung“, bei der die Asche auf dem Meer oder in speziellen Gärten verstreut wird, aber sie wird nicht wie gewünscht angenommen.

Jetzt hat das Start-up iVeneration einen virtuellen Friedhof erstellt, auf dem Angehörige dem Verstorbenen per Augmented Reality ein schmuckes  Grab mit Grabstein  in Hongkong verschaffen können: Eine in Grautönen gehaltene Grabstelle liegt zum Beispiel mitten auf einer grünen Wiese, umrandet von Hochhäusern und Bäumen. Sogar an rosa Blumen in den Vasen links und rechts neben dem Grabstein und davor wurde gedacht. Auch ein virtueller Totenschrein ist im Angebot enthalten. Der Angehörige kann zum Beispiel bequem von zu Hause aus, einen Tisch mit einem Bild vom Verstorbenen, Kerzen, Blumenvasen und einer Bibel aufstellen.

Das Start-up sorgt auch für einen stärkeren Zusammenhalt in der Familie:  Familienangehörige können sich weltweit über eine Online-Plattform mit ihrem Familienstammbaum verbinden, der Toten gedenken und Opferrituale vollziehen. Sogar Gottesdienste verschiedener Religionen sind möglich.

Mehr zum Thema „Bestattung“ finden Sie im Werk Friedhofs- und Bestattungswesen.

Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)