23.04.2021

Gefahrgutverpackungen: Anforderungen und Codierung

Verpackungen erfüllen zwei wesentliche Funktionen: Sie schützen den Inhalt und erleichtern den Umschlag. An Verpackungen für den Transport von gefährlichen Gütern in flüssiger oder fester Form werden besondere Anforderungen gestellt, um den Austritt des Gefahrguts zu verhindern sowie Mensch, Tier und Umwelt zu schützen. Hier lesen Sie mehr darüber, welchen Ansprüchen Gefahrgutverpackungen genügen müssen.

Mehrere Gefahrgutverpackungen in einem Lager

Gefahrgutverpackungen sind Umhüllungen aus unterschiedlichen Materialien, starr oder flexibel und mit unterschiedlichen Volumina und Verschlussvorrichtungen, die für die Aufnahme von Stoffen und Gegenständen hergestellt werden.

Für den Geltungsbereich des ADR umfasst der Begriff „Verpackung“ Gefäße sowie Bestandteile und Werkstoffe, die zur Erfüllung der den Gefäßen zugedachten Funktionen notwendig sind. In Kapitel 1.2 des ADR werden die für unterschiedliche Verwendungsbedingungen einzusetzenden Verpackungen näher erläutert, wie z.B.:

  • Außenverpackung
  • Bergungsverpackung
  • Feinstblechverpackung
  • Großpackmittel (IBC)
  • Großverpackung (LP)
  • Innenverpackung
  • Kombinationsverpackung
  • rekonditionierte Verpackung
  • staubdichte Verpackung
  • Zwischenverpackung
  • wiederaufgearbeitete Verpackung
  • wiederverwendete Verpackung
  • zusammengesetzte Verpackung

Einteilung der Gefahrgutverpackungen

  • Verpackungen nach Kapitel 6.1 und 6.3 ADR: Fassungsraum < 450 Liter bzw. Nettomasse < 400 kg
  • Großpackmittel (IBC) nach Kapitel 6.5 ADR: Fassungsraum maximal 3,0 m³
  • Großverpackungen (LP) nach Kapitel 6.6 ADR: Außenverpackungen, die Gegenstände oder Innenverpackungen enthalten; Nettomasse > 400 kg oder Fassungsraum > 450 Liter, aber Höchstvolumen 3,0 m³

Baumusterprüfung für die Zulassung

Nur eine geprüfte und amtlich zugelassene Verpackung darf als Gefahrgutverpackung verwendet werden (Bauartzulassung). Baumusterprüfungen sollen gewährleisten, dass Verpackungen die an sie im ADR gestellten Anforderungen erfüllen und nach dadurch vorgegebenen einheitlichen Kriterien produziert werden. Für die Zulassung als Gefahrgutverpackung ist bei der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ein Antrag zu stellen.

Seit 1991 werden Neuzulassungen ausschließlich von der BAM vorgenommen. Die Bauart der Verpackung wird verschiedenen Belastungstests unterzogen. Hat die Verpackung die Tests bestanden, erhält der Hersteller eine Musterzulassung. Die Verpackung wird mit einem speziellen Code, der UN-Markierung, versehen. Die BAM teilt in ihren amtlichen Bekanntmachungen mit, welche Bauarten von Verpackungen und IBC für die Beförderung gefährlicher Güter, nach Verpackungsbauart differenziert, zugelassen sind. Der Nachweis der chemischen Verträglichkeit der Verpackungswerkstoffe gegenüber dem gefährlichen Gut kann auch Gegenstand der Gefahrgutregeln der BAM (BAM-GGR) sein.

Tipp: Die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) hat die Liste der von ihr anerkannten Prüfstellen für die Prüfung von Verpackungen, Großverpackungen und IBC für gefährliche Güter aktualisiert. Sie enthält die Kontaktdaten von 35 Prüfstellen. Zudem ist aufgeführt, welche Arten von Verpackungen geprüft werden können.

So werden Gefahrgutverpackungen geprüft

Die innerhalb der verschiedenen, teilweise auf ISO-Normen bezogenen Prüfungen geforderte Belastbarkeit der Muster ist nach Verpackungsgruppen differenziert:

  • Verpackungen unterliegen einer Fall-, Dichtheits-, hydraulischen Innendruck- und Stapeldruckprüfung.
    Bestimmte Fässer und Kanister aus Kunststoff und Kombinationsverpackungen aus Kunststoff unterliegen zusätzlich einer Prüfung auf Permeation.
  • Verpackungen für ansteckungsgefährliche Stoffe der Klasse 6.2 sind einer Fall- und einer Durchstoßprüfung zu unterziehen.
  • IBC unterliegen in Abhängigkeit von ihrer Bauart und dem Einsatzbereich (für feste, flüssige Stoffe) einer Hebeprüfung von unten und oben, einer Stapeldruck-, Dichtheits-, hydraulischen Innendruck-, Fall-, Weiterreiß-, Kippfall-, Aufricht- oder Vibrationsprüfung.
  • Für Großverpackungen werden eine Hebeprüfung von unten und von oben, eine Stapeldruck- und eine Fallprüfung verlangt.
    Für Versandstücke mit in freigestellten Mengen verpackten gefährlichen Gütern des Kapitels 3.5 ADR werden in Abschnitt 3.5.3 Freifall- und Stapeldruckprüfungen vorgeschrieben.

Wie die chemische Verträglichkeit von Verpackungen aus Polyethylen, IBC eingeschlossen, mit den Füllgütern durch eine Assimilierung der vorgesehenen Füllgüter zu sogenannten Standardflüssigkeiten nachgewiesen werden kann, ist in Unterabschnitt 4.1.1.21 i.V.m. den Abschnitten 6.1.5, 6.1.6 und 6.5.6 des ADR geregelt. Das Assimilierungsverfahren beruht auf einem vorgegebenen Ablaufschema und einer Liste, in der den mit UN-Nummer, Benennung, Klasse, Klassifizierungscode und Verpackungsgruppe aufgeführten Stoffen eine oder mehrere Standardflüssigkeiten zugeordnet sind.

Gefahrgut-Verpackungen rechtssicher aufarbeiten und warten

Das Gefahrgutrecht regelt auch detailliert die Wartung, Reparatur und Wiederaufarbeitung von Großpackmitteln (IBC) und die Rekonditionierung und Wiederaufarbeitung von Verpackungen. Die Vorgaben sind in den Gefahrgutregeln BAM-GGR 001 und BAM-GGR 002 der BAM festgehalten.

In dem 11-seitigen Ratgeber „Wartung, Reparatur, Inspektion gibt die BAM nun auf aktuellem Stand eine Übersicht zu den spezifischen ADR-Regelungen und erläutert die jeweiligen Verfahren und Abläufe.

Verpackungscodierung

Das ADR fordert für jede Verpackung eine dauerhafte und lesbare Kennzeichnung, aus der auch das Ergebnis der Bauartprüfung ableitbar ist:

  • die Bezugnahme auf die UN-Modellvorschriften
  • der Verpackungstyp nach Abschnitt 6.1.2 ADR
  • die Verpackungsgruppe
  • die relative Dichte, für die das Baumuster geprüft wurde, oder für Feststoffe so viel, wie das Packstück wiegen darf (zulässige Bruttohöchstmasse)
  • der Prüfdruck der hydraulischen Innendruckprüfung in kPa (Kilopascal) oder für Feststoffe (oder zur Aufnahme von Innenverpackungen) der Buchstabe „S“
  • das Jahr der Herstellung (ggf. mit Monat)
  • das Symbol des Staats, in dem die Erteilung der Kennzeichen zugelassen wurde
  • die zulassende Behörde, Zulassungsscheinnummer und Angabe des Herstellers oder einer behördlich geforderten Identifizierung

Weitere verpackungsspezifische Kennzeichnungen können gefordert sein. Beispiele für die Kennzeichnung von neuen und rekonditionierten Verpackungen sowie für Bergungsverpackungen enthalten die Unterabschnitte 6.1.3.12 und 6.1.3.13 des ADR.

Die BAM bietet die Möglichkeit einer Verpackungsrecherche an (www.bam.de – Portal Technische Sicherheit (TES) – Verpackungs-Recherche). In dieser Datenbank kann nach BAM-Bauart-Zulassungsscheinen für Verpackungen, IBC (Großpackmittel) und Großverpackungen gesucht werden. Die Verpackung wird beschrieben und der Zulassungsinhaber genannt.

Verpackungsgruppe

Gefahrgüter können in der Regel drei Verpackungsgruppen zugeordnet werden. Dabei stehen diese Gruppen für:

I = hohe Gefahr
II = mittlere Gefahr
III = geringe Gefahr

Analog dazu werden die Gefahrgutverpackungen ebenfalls in drei Gruppen unterteilt und erhalten dabei die Leistungsbuchstaben X, Y und Z. Diese Leistungsbuchstaben stehen für:

X = hohe Gefahr
Y = mittlere Gefahr
Z = geringe Gefahr

Die Gefahrgutverpackungen dürfen nur für Gefahrgüter bestimmter Verpackungsgruppen verwendet werden:

  • Eine X-Verpackung kann Gefahrgüter der Verpackungsgruppen I, II und III aufnehmen.
  • Eine Y-Verpackung kann Gefahrgüter der Verpackungsgruppen II und III aufnehmen, jedoch nicht Güter der Verpackungsgruppe I.
  • Eine Z-Verpackung kann Gefahrgüter der Verpackungsgruppe III aufnehmen, jedoch nicht Güter der Verpackungsgruppen I und II.
Leistungsniveau der Verpackung  Verpackungsgruppe Gefährlichkeitsgrad Erlaubte Verpackungsgruppe Zu wählendes Leistungsniveau der Verpackung
X I hohe Gefahr I, II, III X
Y II mittlere Gefahr II, III Y, Z
Z III geringe Gefahr III Y, Z

Verwendungsfristen für Gefahrgutverpackungen

Verpackungen, ausgenommen solche aus Kunststoffen, unterliegen keiner Verwendungsfrist, wenn sie alle Vorschriften des ADR erfüllen. Verpackungen aus Kunststoff hingegen dürfen ab dem Datum ihrer Herstellung, unabhängig von der Häufigkeit ihrer Verwendung, höchstens fünf Jahre eingesetzt werden. Die zuständige Behörde kann andere Fristen festlegen. Auch in einer Verpackungsanweisung kann eine abweichende Frist festgelegt sein.

Obwohl die Verpackungen im Rahmen der Prüfungen für ihre Zulassung den Belastungen standgehalten haben, sind sie vor ihrer Befüllung und Zusammenfassung zu einem Versandstück hinsichtlich Korrosion, Verunreinigung und anderer Schäden zu prüfen. Bei negativem Prüfergebnis dürfen die Verpackungen nicht für die Beförderung verwendet werden.

Autor*in: Beate Schleicher