21.02.2017

Wie sich das Kartellrecht im Einkauf auswirkt

Stellen Sie sich folgenden Fall vor: Sie sind Einkäufer eines kleinen Unternehmens. Sie beziehen schon seit Jahren ein bestimmtes Markenprodukt direkt von einem Hersteller, der Marktführer ist. Ohne Grund möchte er Sie von heute auf morgen nicht mehr beliefern. Sie können die benötigte Ware aber anderweitig nirgends bekommen. Welchen Schutz bietet in diesem Fall das Kartellrecht?

So wirkt sich das Kartellrecht im Einkauf aus

Schutz durch das Kartellrecht

Das Kartellrecht wacht über den freien Wettbewerb der Unternehmen. Sein Ziel ist es, wettbewerbsbeschränkendes Verhalten zu unterbinden. Es ist vor allem in diesen Vorschriften geregelt:

  • Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
  • Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
  • Art. 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV)
  • verschiedene EU-Verordnungen

Aus Einkäufersicht sind besonders folgende Fälle problematisch

  • Absprachen zwischen Wettbewerbern: Mehrere Lieferanten verständigen sich untereinander darüber, wie sie sich jetzt und in Zukunft am Markt verhalten. Zum Beispiel, zu welchen Preisen und Konditionen sie dem einkaufenden Unternehmen ihre Waren anbieten.
  • Marktbeherrschende Unternehmen missbrauchen ihre Marktmacht. Beispiel: Ein Unternehmen mit über 40 % Marktanteil verweigert die Lieferung wie im oben beschriebenen Fall. Oder es verlangt ohne sachlichen Grund deutlich überhöht Preise.
  • Koppelungen: Marktbeherrschende Unternehmen machen die Lieferung eines bestimmten Produkts von der Abnahme eines weiteren oder von der zusätzlichen Abnahme einer Dienstleistung abhängig.

Prüfen, ob das Verhalten kartellrechtlich überhaupt zulässig ist

In den oben beschriebenen Fällen muss jeweils genau geprüft werden, ob das Verhalten kartellrechtlich zulässig ist oder nicht.

Im vorliegenden Fall kann der Einkäufer ggf. nach § 20 Abs. 1 und 2 GWB verlangen, dass der Hersteller ihn weiter beliefert.

Wettbewerbsverstöße (Kartellverstöße) bergen erhebliche Risiken. Kartellrechtswidrige Vereinbarungen sind in der Regel nichtig und nicht durchsetzbar.

Außerdem ist mit Bußgeld, Vorteilsabschöpfung und strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen. Geschädigte können Schadensersatz fordern. Hinzu kommt der Imageschaden für die kartellrechtswidrig handelnde Unternehmen und ihre Mitarbeiter.

Haben Lieferanten Kartelle gebildet, können die einkaufenden Unternehmen durch überhöhte Einkaufspreise großen Schaden erleiden. Anhaltspunkte für mögliche Kartellabsprachen können sein:

  • Märkte mit wenigen Anbietern
  • geringe Verhandlungsbereitschaft
  • stark differierende Preise auf anderen Märkten
Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)