18.10.2019

Tankstelle: Bezahlen mit RFID

Shell, Aral, BP – die Tankstellenriesen beherrschen den Markt nicht nur an der Zapfsäule, sondern auch in Fuhrparks. Zumindest wenn es um den Einsatz von Tankkarten geht. Der Kennzeichenhersteller Tönnjes hat eine Technik entwickelt, die das Fuhrpark-Management erleichtern soll: An der Tankstelle ermöglicht diese Technik das Bezahlen mit RFID.

Tönnjes ermöglicht mit seiner neuen Technik das Bezahlen mit RFID an der Tankstelle.

RFID vereinheitlicht Tankkarten-Management in Fuhrparks

Je größer der Fuhrpark, desto mehr Tankkarten nutzt ein Unternehmen. So eine Erkenntnis aus der „Tankkarten 2018“-Analyse des Marktforschungsinstituts Dataforce. Auf diese bezieht sich der deutsche Hersteller von Sicherheitskennzeichen, Tönnjes, und verweist auf seine neue Technik, die das Bezahlen mit RFID an der Tankstelle ermöglicht.

Tankkarten beruhen derzeit nicht auf einem einheitlichen System. Auch wird dieser Markt von den Mineralölkonzernen beherrscht. Deshalb ist das Tanken mit einer universellen Abrechnungsmethode bisher nicht möglich, was insbesondere Fuhrparkleitern die Arbeit erschwert. Diese ist ohnehin nicht einfach, kämpfen sie doch mit ständig schwankenden Preisen. Dazu kommt, dass manche Angestellte ihre Tankkarten für Privatfahrzeuge missbrauchen. Diese Missstände verlangen nach einem einheitlichen System, für das Tönnjes jetzt eine elektronische Lösung anbietet.

Vereinheitlichung durch Bezahlen mit RFID

Tönnjes macht vor, wie das funktionieren soll. Das Unternehmen hat ein System auf Grundlage der RFID-Technologie entwickelt. RFID steht für Radio Frequency Identification: Funkfrequenzidentifizierung. Tönnjes‘ Konfiguration besteht aus diesen beiden Komponenten:

  • „IDePlate“: ein Nummernschild
  • „IDeStix“: ein holografischer Windschutzscheibenaufkleber

Damit sei die kontaktlose Erkennung und Zahlung an der Tankstelle möglich, so das Unternehmen.

„Beim kontaktlosen Bezahlen mit der EC- oder Kreditkarte sowie mit dem Handy hat sich RFID-Technologie längst bewährt“, sagt Jochen Betz, Geschäftsführer von Tönnjes.

Mit der Zahlung per Kfz-Kennzeichen würde der Vorgang sogar noch schneller gehen, gibt er sich überzeugt.

Vorläufer NFC an der Ladenkasse

Beim kontaktlosen Bezahlen mit Karte oder Mobiltelefon werden die Daten per NFC (Near Field Communication, Nahbereichkommuniation) übermittelt. Beim Identifikations-System von Tönnjes identifizieren Lesegeräte die Sicherheitskennzeichen aus einer größeren Distanz. Sowohl im „IDePlate“ als auch im „IDeStix“ ist ein kryptografischer Chip verbaut. Er enthält eine einmalige Identifikationsnummer.

RFID vereine Datenschutz und Sicherheit, denn nur autorisierte Lesegeräte können die Daten im ruhenden oder fließenden Verkehr auslesen.

Beim Bezahlen mit RFID Datenübertragung der Identifikationsnummer

„Bei dieser Datenübertragung wird ausschließlich die Identifikationsnummer übermittelt“, so Betz.

Eine Datenbank mit personenbezogenen Daten ermöglicht die Zuordnung der Fahrzeuge. Damit sei, so Tönnjes, auch der Datenschutz besser als bei herkömmlichen Kamerasystemen. Der Windschutzscheibenaufkleber IDeStix mache das System noch sicherer.

„Ist ein falsches Kennzeichen an einem Fahrzeug montiert, würde das Lesegerät sofort erkennen, dass das IDeStix im Inneren der Frontscheibe nicht mit dem Nummernschild übereinstimmt. Es funktioniert also als drittes Kennzeichen“, erläutert Betz.

Dies könne auch einem wachsenden Problem entgegenwirken, dem Diebstahl von Nummernschildern. Tönnjes verweist dazu auf die Studie eines großen Versicherers. Danach werden in Deutschland pro Tag rund 400 Nummernschilder gestohlen – die meisten davon zwecks Tankbetrugs.

Bezahlen mit RFID

Tönnjes erläutert, wie das System im Fuhrpark eines Unternehmens funktioniert: Für das Bezahlen mit RFID werden sämtliche Fahrzeuge des Betriebs mit elektronischen Kennzeichen ausgestattet. Diese seien dann direkt an der Zapfsäule oder Ladestation von den Lesegeräten ablesbar. Dadurch verringere sich zudem die Zeit für die manuelle Abwicklung von Tankrechnungen – „ein großer Vorteil für Fuhrparkleiter“, so Betz.

Laut Dataforce-Studie hält jeder zweite von ihnen das Bezahlen direkt an der Zapfsäule für sinnvoll. Ein großer Vorteil für die Manager von Fuhrparks besteht darin, dass sie dann wichtige Statistiken wie Verbrauch oder Anzahl der gefahrenen Kilometer in Echtzeit online einsehen könnten.

Best Practice im Ausland

Der Hersteller kann bereits auf Best Practice-Beispiele seiner Entwicklung im Ausland verweisen. Seit 2016 setzt man beispielsweise in Lettland RFID-Technologie von Tönnjes zum kontaktlosen Identifizieren von Fahrzeugen ein.

Dort sind Elektroautos dazu berechtigt, kontaktlos und über die elektronische Identifikation des IDePlates E-Ladestationen zu benutzen. Dazu müssen die Fahrer lediglich ihr Auto per Stromstecker anschließen und einen PIN-Code eingeben.

RFID von Tönnjes auf den Cayman-Islands

Als weitere Einsatzbereiche der RFID-Kennzeichen IDePlate und IDeStix nennt Tönnjes privatwirtschaftliche oder staatliche Zwecke. Die Cayman Islands nutzen das System seit mehreren Jahren auf staatlicher Ebene für automatisches Verkehrsmanagement. Alle Fahrzeuge auf den Inseln sowie die dazugehörige Verwaltung sind auf die Technologie umgerüstet.

Zufahrtskontrolle bei Saudi Aramco

Saudi Aramco ist die größte Erdölfördergesellschaft der Welt. Sie verwendet seit 2018 die elektronischen Sicherheitskennzeichen für Zufahrtskontrollen aller Art. Ausschließlich Fahrzeuge, die mit einem RFID-Label von Tönnjes ausgestattet sind, erhalten Zufahrt auf die Unternehmensgelände in Saudi-Arabien.

Die enthaltenen Chips entscheiden darüber, welchen Fahrzeugen eine Durchfahrt in bestimmte Zonen gewährt wird oder ermöglichen ein Befahren für einen bestimmten Zeitraum.

Section Control in der Türkei

Das System erlaubt zudem abschnittsweise Geschwindigkeitskontrollen (Section Control) ohne Datenschutzbedenken, Mautsysteme oder das Befahren von Umweltzonen. Die RFID-Technologien können insbesondere Aufwand und damit Kosten verringern. In der Türkei gehört das IDeStix als fester Bestandteil zum automatischen Mautsystem des Landes.

„Die kontaktlose Identifikation von Fahrzeugen ist nicht nur sicherer und effizienter, sondern schont auch die Umwelt und vermeidet den unnötigen Einsatz von Materialien wie Papier“, erklärt Betz.

Tankkarten, Parkscheine oder Belege aus schädlichem Thermopapier waren gestern – die Zukunft in Fuhrpark und an Datenschranken gehört der Digitalisierung mit RFID.

Weiterführende Beiträge

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)