23.03.2015

Erziehen Sie Ihre Mitarbeiter zum Mitdenken!

Ich kenne viele Verwaltungsmitarbeiter, die – wie der Teufel das Weihwasser – sich scheuen, Entscheidungen zu treffen, Verantwortung zu übernehmen oder einfach nur konkrete Entscheidungsempfehlungen abzugeben. Es ist doch so viel bequemer, ein Problem an den nächsten Vorgesetzten weiterzuleiten, damit dieser eine Entscheidung trifft. Dafür wird er immerhin auch besser bezahlt. Diese Einstellung führt dazu, dass Sie als Verwaltungschef deutlich mehr Arbeit haben als notwendig. Also sollten Sie dringend dagegen angehen …

Mitarbeiter

Probleme wandern nach oben

Wenn auf der untersten Verwaltungsebene ein unbekanntes Problem auftaucht, dann wandert dies gerade in kleinen Verwaltungen schnell nach oben, bis es auf dem Schreibtisch des Bürgermeisters landet. Viele Verwaltungsmitarbeiter haben von der Pike auf gelernt und verinnerlicht, dass es für alle Vorgänge eine anzuwendende Regel gibt. Fällt ein Sachverhalt aus der Reihe und es gibt keine entsprechende Regel, dann wandert der Vorgang ins Büro des Vorgesetzten, damit dieser eine Entscheidung trifft – entweder als Einzelfallentscheidung oder im günstigsten Fall als neue Regel, die man künftig anwenden kann. Ich will hier kein Pauschalurteil fällen, aber es gibt einige Mitarbeiter in öffentlichen Verwaltungen, die sich nach diesem groben Schema das Arbeitsleben sehr einfach machen.

Gute Entscheidungen basieren auf guter Aufbereitung

Nachdem ich als neuer Bürgermeister immer öfter solche Vorgänge auf den Tisch bekam und mich regelmäßig zuerst einlesen und einarbeiten musste, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, habe ich etwas für mich ganz und gar Untypisches gemacht: Ich habe Bürokratie aufgebaut. Es gibt seit einigen Jahren ein neues Formular in meiner Verwaltung mit dem Titel „Entscheidungsvorlage für Bgm“. Vorgänge, die ich zur Entscheidung auf den Tisch bekomme, ohne dass dieses Formular beigefügt ist, wandern kommentarlos mit einem entsprechenden leeren Formular wieder zurück an den Absender.

Ausgangslage – Handlungsalternativen – Entscheidungsempfehlung

Diesen Dreiklang fordere ich in besagtem Formular von meinen Mitarbeitern. Es kann doch nicht sein, dass ich als Bürgermeister mich zuerst in einen Sachverhalt einlesen muss, um überhaupt einen Überblick zu bekommen, danach Alternativen erarbeite und am Schluss eine weise Entscheidung treffe. Ich konzentriere mich seit der Einführung dieses Formulars auf den letzten Punkt: Ich treffe Entscheidungen. Die Vorbereitungen dazu überlasse ich meinen Mitarbeitern, deren Arbeit dadurch zwar anspruchsvoller, aber auch werthaltiger wurde. Bei jeder Entscheidungsvorlage erwarte ich zunächst eine kurze (!) Beschreibung der Ausgangslage. Was ist das Problem? Anschließend erwarte ich, dass der anfragende Mitarbeiter mir mindestens zwei Handlungsalternativen erarbeitet und die entsprechenden Konsequenzen darlegt. Was können wir tun und welche Folgen hat das? Die Krönung des Ganzen ist die Entscheidungsempfehlung. Wie würde ich (Mitarbeiter) entscheiden, wenn ich Bürgermeister wäre? Sie werden es nicht glauben, aber in über 90 Prozent der Fälle folge ich den Empfehlungen meiner Mitarbeiter. Es hat ein paar Monate gedauert, bis dieser Arbeitsstil akzeptiert wurde. Gelohnt hat es sich meines Erachtens nach auf jeden Fall.

Autor*in: Rouven Kötter (Rouven Kötter ist Autor des WEKA-Newsletters "Bürgermeister aktuell".)