24.02.2015

Einfache Sprache – schwere Übung?

Politik ist immer auch Kommunikation zwischen Bürgern und Verwaltung. Menschen haben ein Recht darauf, zu verstehen, worum es geht. Warum Kommunalvertreter Amtsdeutsch und Bürokratensprech aus ihrem Repertoire verbannen sollten.

Mann mit Megaphon

Unser Gemeinwesen lebt vom Dialog und Austausch. Wer Bürgern Teilhabe ermöglichen, sie zum Mitwirken an gesellschaftlichen Aufgaben ermuntern oder ihnen ihre Rechte und Pflichten erklären will, sollte daher tunlichst ihre Sprache sprechen. Nicht immer gelingt das. Ob aus Unsicherheit oder falsch verstandenem Machtanspruch: Im Alltag verschanzt sich mancher Behördenvertreter noch allzu oft hinter unverständlichem Beamtendeutsch. Eher zur Belustigung taugen so berüchtigte sprachliche Entgleisungen wie die „Restmüllbeseitigungsbehälterentleerung“ (Müllabfuhr), das „Mehrstück“ (Kopie) oder die „Spontanvegetation“, dem gemeinen Volk besser bekannt als Unkraut.

Angemessen formulieren

Zu einem ernsthaften Problem wird bürokratische Sprache, sobald sie zu Ausgrenzung führt. Abenteuerliche Bandwurmsätze, technokratische Wortungetüme oder komplizierte juristische Formulierungen stellen dabei nicht nur für Menschen mit Handicap eine echte Hemmschwelle dar. (Aus gutem Grund informiert sogar die Bundesregierung in sogenannter Leichter Sprache.) Jeder mündige Bürger darf erwarten, dass sein Gemeindeoberhaupt und dessen Personal mit ihm auf verständliche Art und Weise kommunizieren. Menschen wollen ernst genommen werden – und dazu gehört, sich von Staats wegen um eine angemessene Sprache zu bemühen, die mehr Antworten liefert als Fragen aufwirft.

Sprache ist Strategie

Sich als Verwaltung seinen Bürgern klar und transparent mitzuteilen, ist eine Frage der Verantwortung und des Respekts. Ein verständlicher Sprachstil ist aber auch eine nicht zu unterschätzende strategische Aufgabe in Gemeindeleben und Politik. Denn nur wo Botschaften, Argumente und Appelle auch verstanden werden, kommen Reaktion und Diskurs in Gang. Bleibt dagegen unklar, wer angesprochen ist und worum es überhaupt geht, sind Frustration und Desinteresse die Folge.

Klipp und klar

Doch wie gelingt die Abkehr von Amtsdeutsch? Unabhängig davon, ob es um mündliche oder schriftliche Verlautbarungen geht: Das Gros der Menschen erreichen Sie, indem Sie den simplen Regeln guter Kommunikation folgen. Kurze Sätze ohne verschachtelte Nebenkonstruktionen fasst der Leser oder Zuhörer schneller auf. Jeder Satz sollte möglichst nur eine Kernaussage transportieren, auch das verbessert die Verständlichkeit. Nicht zuletzt macht eine bildhafte Sprache, die statt auf abstrakte Fremdwörter auf bewährte Metaphern setzt, komplexe Sachverhalte anschaulich.

Übersetzungshilfe leisten

Sicher, nicht jedes staubtrockene Behördenformular lässt sich kurzerhand durch plakative Sprachbilder ersetzen. Und Gesetzestexte und Regelwerke können nicht einfach umgeschrieben werden. Trotzdem lohnt es sich, im Verwaltungsapparat das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass die Kommunikation mit den Bürgern umso besser gelingt, je einfacher Texte gehalten sind, und dass es zu den Aufgaben von Beamten und Rathausbediensteten gehört, im Zweifelsfall Übersetzungshilfe zu leisten. Denn sonst könnte womöglich der berühmte französische Pantomime Marcel Marceau recht behalten mit seinem Bonmot: „Sprache ist im ersten Moment natürlich immer ein Hindernis für die Verständigung.“

Autor*in: Nicola Karnick (Nicola Karnick ist Redenschreiberin und Autorin von "Praktische Redenbausteine für Bürgermeister".)