03.11.2017

Unbillige Weisungen müssen nicht mehr befolgt werden

Arbeitnehmer müssen einer „unbilligen Weisung“ ihres Arbeitgebers demnächst wohl nicht mehr Folge leisten, denn der Fünfte Senat des BAG hat den Weg für eine entsprechende Änderung der Rechtsprechung freigemacht. Das ergibt sich aus einer Pressemitteilung des BAG vom 19.9.2017. Bislang hatte sich der Arbeitnehmer bis zu einem rechtskräftigen Urteil an die Weisung des Arbeitgebers zu halten, auch wenn sie unbillig war.

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Was ist neu?

Der Fünfte Senat hat auf Anfrage des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts entschieden, dass er nicht mehr an seiner Rechtsauffassung zur Verbindlichkeit von Weisungen des Arbeitgebers im Anwendungsbereich des § 106 GewO festhält, so dass der Zehnte Senat die Auffassung vertreten kann, dass ein Arbeitnehmer nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB nicht – auch nicht vorläufig – an eine Weisung des Arbeitgebers gebunden ist, die die Grenzen billigen Ermessens nicht wahrt.

Was galt früher?

War bislang eine Weisung nicht aus sonstigen Gründen unwirksam, hatte sie ein Arbeitnehmer vorerst zu beachten – zumindest bis ein Gericht per rechtskräftigem Urteil feststellt, dass die Leistungsbestimmung unverbindlich ist. Das hatte bereits der Fünfte Senat des BAG mit Urteil vom 22.2.2012 – 5 AZR 249/11 – entschieden. Der Arbeitnehmer durfte sich demnach nicht über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts einfach so hinwegsetzen. Vielmehr stellten die Richter damals auf § 315 BGB ab: Danach sei eine unbillige Leistungsbestimmung nicht nichtig, sondern nur unverbindlich. Sei die Verbindlichkeit umstritten, entscheide nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Gericht.

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)