14.03.2019

Wie weit geht das Weisungsrecht eines Arbeitgebers?

Vertrag ist Vertrag. Doch manchmal geht es nicht anders, da müssen Sie als Arbeitgeber etwas am Arbeitsvertrag ändern. Das können Sie, Sie haben ein Weisungsrecht. Gehen Sie damit aber umsichtig um.

Weisungsrecht Arbeitgeber

Was bedeutet Ihr Weisungsrecht als Arbeitgeber?

Zunächst einmal, dass Ihr Arbeitnehmer weisungsgebunden ist. Als Arbeitgeber haben Sie das Weisungsrecht oder Direktionsrecht. Sie bestimmen als solcher:

  • Zeit,
  • Ort,
  • Art der Arbeit sowie
  • in der Betriebsordnung das Verhalten Ihrer Arbeitnehmer im Betrieb, z. B. Rauchverbot im Betrieb.

Das ist in § 106 Gewerbeordnung (GewO) verankert. Dieses Weisungsrecht als Arbeitgeber gilt, sofern diese Arbeitsbedingungen nicht Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge oder gesetzliche Vorschriften festlegen. Weitere Regelungen des Umfangs Ihres Weisungsrechts als Arbeitgeber finden sich z. B. in den Arbeitssicherheits-, Arbeitszeit- und Kündigungsschutzgesetzen.

Wie weit geht Ihr Weisungsrecht als Arbeitgeber?

Ziemlich weit. Seine Ausübung ist für Sie als Arbeitgeber der unkomplizierteste Weg, um Änderungen im Arbeitsverhältnis durchzusetzen, da Sie dies formlos machen können. Außerdem brauchen Sie keine Fristen einzuhalten. Darüber hinaus kann man Ihre Gründe für eine einseitige Anordnung nicht daraufhin überprüfen, ob sie zwingend sind und die Anordnung quasi unvermeidbar ist.

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Dürfen Sie als Arbeitgeber wesentliche Bedingungen einseitig ändern?

Nein, das dürfen Sie nicht. Wesentliche Änderungen der Arbeitsbedingungen wären nicht mehr durch Ihr Weisungsrecht als Arbeitgeber oder Versetzungsklauseln gedeckt. Insbesondere können Sie als Arbeitgeber nicht einseitig durchsetzen:

  • Kürzung der Vergütung oder
  • Änderungen der Dauer der Arbeitszeit.

Solche Fälle beträfen den Kernbestand des Arbeitsverhältnisses oder setzen Ihr Weisungsrecht außer Kraft. In diesen bleibt Ihnen nur die Änderungskündigung, um eine Veränderung der Arbeitsbedingungen zu erreichen. Die Änderungskündigung besteht dabei aus zwei Teilen:

  • Kündigung und
  • Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen.

Grundsätzlich können Sie eine Änderungskündigung auch mit dem Ziel der Lohnkürzung aussprechen. Allerdings hat die Rechtsprechung hierfür hohe Hürden aufgestellt. Sie dürften es nur, wenn Ihre wirtschaftliche Existenz als Arbeitgeber bedroht wäre und Sie eine Insolvenz ohne eine Verringerung des Arbeitsentgeltes nicht abwenden könnten.

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Welche Beschränkungen Ihres Weisungsrechts als Arbeitgeber gibt es?

Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des Betriebsrats

Zunächst schränken es die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des Betriebsrats ein. Erfolgte eine anderweitige Festlegung der Bedingungen, können Sie als Arbeitgeber sie einseitig im Wege des Weisungsrechts nur ändern, wenn Ihr Arbeitsvertrag mit Ihrem Mitarbeiter eine Versetzungsklausel enthält. Als Arbeitgeber müssen Sie bei Ihrer Entscheidung zudem die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigen. Sie dürfen nicht willkürlich handeln.

Rechtswidrige Weisung

Auch kann ein Mitarbeiter eine Befolgung einer rechtswidrigen Weisung grundsätzlich verweigern. In Notfällen müsste Ihr Arbeitnehmer vorübergehend Arbeiten übernehmen, die nicht in seinem Arbeitsvertrag genannt sind.

Arbeitnehmer müssen nicht mehr jede Anweisung befolgen

Die Fachzeitschrift „Impulse“ weist auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) hin, wonach Arbeitnehmer nicht mehr jede Anweisung befolgen müssen. Früher mussten Angestellte wirklich alle Anweisungen befolgen, auch strittige, zumindest bis ein Gericht anderes entschied. Die Richter waren sich diesbezüglich allerdings nicht immer einig. Das BAG sorgte für Klarheit. Noch 2012 war der 5. Senat der Ansicht, ein Arbeitnehmer dürfe sich auch über eine unbillige, also ungerechte Weisung nicht hinwegsetzen (5 AZR 249/11). Das sei ihm erst dann erlaubt, wenn ein Gericht über die Sache entschieden habe. Weigerte sich ein Angestellter also, durfte ihm gekündigt werden.

Doch an dieser Auffassung hält der 5. Senat nicht länger fest. In dem Fall sollte ein Immobilienkaufmann vom Standort Dortmund nach Berlin versetzt werden. Er weigerte sich, wurde zweimal abgemahnt und schließlich fristlos gekündigt.

Nun gab ihm das Bundesarbeitsgericht Recht (10 AZR 330/16). Es entschied: Wenn der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer auffordert, eine Aufgabe auszuführen, die durch das Direktionsrecht gedeckt ist, dann muss der Arbeitnehmer ihr nach wie vor nachkommen. Weigert er sich, kann der Arbeitgeber ihn wie früher abmahnen und gegebenenfalls kündigen. Das bleibt. Geändert hat sich, dass der Arbeitnehmer unbillige Anweisungen nicht mehr befolgen muss.

Was sind unbillige Weisungen?

Unbillig heißt so viel wie ungerecht, unangemessen und unzumutbar. Im Einzelfall muss man jeweils die Interessen beider Parteien abwägen. Als Arbeitgeber dürfen Sie beispielsweise laut Gewerbeordnung den Arbeitsort festlegen. Die Versetzung von einem Standort in Dortmund in einen in Bochum wäre wohl kaum unbillig. Beide Orte liegen nicht weit voneinander entfernt. Doch gibt es noch andere Kriterien wie

  • familiäre Bindung an einen bestimmten Ort,
  • Zumutbarkeit längeren Pendelns bei Teilzeit.

Sie müssten als Arbeitgeber also im Vorfeld prüfen, ob eine Weisung zur Versetzung billig ist oder nicht. Auch die Frage der Aufstockung von Arbeitszeit kann Probleme bereiten. Einem Teilzeitarbeiter, der laut Arbeitsvertrag nur 20 Stunden pro Woche arbeiten muss, werden Sie als Arbeitgeber nicht 30 Stunden zuweisen können. Auch können Sie Stunden nicht reduzieren, wenn Ihr Mitarbeiter Anspruch auf eine Vollzeitstelle hat. Andere Problemfelder für Ausübung Ihres Weisungsrechts als Arbeitgeber können sein:

  • Arbeitsinhalt: Wer erledigt welche Aufgabe im Betrieb? Je konkreter sie im Arbeitsvertrag festgehalten ist, desto stärker die Einschränkung Ihres Weisungsrechts als Arbeitgeber.
  • Kleidung: Anweisungen hierzu dürfen die Interessen des Mitarbeiters nicht zu stark einschränken und es muss dafür einen Grund geben. So ein Grund liegt beispielsweise immer vor, wenn es um Sicherheit geht. Da haben Sie als Arbeitgeber ganz klar das Recht, Weisungen zu erteilen. Wenn beispielsweise Ihr Mitarbeiter lange Haare hat und in der Nähe von Maschinen arbeitet, in denen sich die Haare verfangen könnten, kann sein Vorgesetzter ihn anweisen, sie zusammenzubinden oder zu kürzen. Ist die Tätigkeit durch die Kleidung nicht beeinträchtigt, haben Sie als Arbeitgeber kein Direktionsrecht, eine entsprechende Weisung wäre also unbillig.
Autor*in: Franz Höllriegel