18.06.2021

Infektionsschutz: Keine Beschäftigung ohne Mund-Nase-Maske

Ein Arbeitgeber darf das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung während der Arbeitszeit anordnen. Im Falle eines vorgelegten ärztlichen Attests, wonach der Beschäftigte einen solchen Schutz nicht tragen kann, besteht Arbeitsunfähigkeit. Daraus folgt nicht die Pflicht des Arbeitgebers, einen Homeoffice-Arbeitsplatz einrichten zu müssen, wenn die Aufgaben zum Teil nur vor Ort wahrgenommen werden können. Das entschied das Arbeitsgericht Siegburg am 16.12.2020 – Az. 4 Ga 18/20.

Gesundheitsschutz

Infektionsschutzgesetz: Arbeiten in der Wohnung

Nach derzeitigem Recht (§ 28b Abs. 7 IfSG) hat der Arbeitgeber den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Ob diese Gründe bei der Wahrnehmung der Tätigkeiten eines Arbeitnehmers in einem Rathaus bereits vor Inkrafttreten dieser Regelung vorgelegen haben, ist nicht bekannt. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Siegburg bleibt gleichwohl interessant.

Nur mit Mund-Nase-Bedeckung ins Büro

Ein Arbeitnehmer ist als Verwaltungsmitarbeiter im Rathaus einer Stadtverwaltung beschäftigt. Diese ordnete mit Schreiben vom 06.05.2020 mit Wirkung zum 11.05.2020 in den Räumlichkeiten des Rathauses das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung für Besucher und Beschäftigte an. Der Angestellte legte ein Attest vor, das ihn ohne Angabe von Gründen von der Maskenpflicht befreite. Sein Arbeitgeber wies ihn daraufhin an, ein Gesichtsvisier beim Betreten des Rathauses und bei Gängen über die Flure und in Gemeinschaftsräumen zu tragen. Er legte daraufhin ein neues Attest vor, das ihn wiederum ohne Angabe von Gründen von der Pflicht zum Tragen von Gesichtsvisieren jeglicher Art befreite. Ohne Gesichtsbedeckung wollte die Stadtverwaltung aber den Angestellten nicht im Rathaus beschäftigen.

Gesundheits- und Infektionsschutz für alle Mitarbeiter

Der Angestellte wandte sich an das Arbeitsgericht. Mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrte er im Eilverfahren seine Beschäftigung im Rathaus ohne Gesichtsbedeckung; alternativ wollte er im Homeoffice beschäftigt werden. Mit Urteil vom 16.12.2020 wies das Arbeitsgericht Siegburg die Anträge des Klägers ab. Nach Auffassung des Gerichts überwiegt der Gesundheits- und Infektionsschutz aller Mitarbeiter und Besucher des Rathauses das Interesse des Klägers an einer Beschäftigung ohne Gesichtsvisier oder Mund-Nase-Abdeckung. Zudem hatte die Kammer Zweifel an der Richtigkeit der ärztlichen Atteste.

Attest mit konkreten und nachvollziehbaren Angaben

Die Kammer ging – wie auch das OVG Münster bei der Maskentragepflicht an Schulen – davon aus, dass ein solches Attest konkrete und nachvollziehbare Angaben enthalten muss, warum eine Maske nicht getragen werden könne, da der Kläger mithilfe der ärztlichen Bescheinigungen einen rechtlichen Vorteil für sich erwirken will, nämlich die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Betreten des Rathauses ohne Maske. Einen Anspruch auf Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes verneinte die Kammer in diesem Fall. (Anmerkung: Die jetzige Regelung des § 28b IfSG bestand zum Zeitpunkt des Urteils noch nicht).

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)