13.12.2022

Außerordentliche Kündigung wegen antisemitischen Äußerungen

Einer Redakteurin des Senders „Deutsche Welle“ wurde gekündigt, weil sie sich antisemitisch geäußert hatte. Die Deutsche Welle ist der Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland und damit eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Gründe des Senders für die Kündigung lagen in den mehrfach israelfeindlichen und antisemitischen Äußerungen der Redakteurin in anderen Medien. Diese Äußerungen seien nicht vereinbar mit den Grundsätzen der Deutschen Welle, die in deren Guidelines und Positionspapieren festgehalten seien. Denn laut Deutsche-Welle-Gesetz (DWG) dürfen die Sendungen beispielsweise nicht einseitig eine Partei oder sonstige politische Vereinigung, eine Religionsgemeinschaft, einen Berufsstand oder eine Interessengemeinschaft unterstützen.

Kündigung wegen antisemitischen Äußerungen

Außerordentliche Kündigung für unwirksam erklärt

Die Redakteurin hat sich gegen die außerordentliche Kündigung gewehrt und den Sender verklagt. Das Arbeitsgericht Berlin hat die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung nun für unwirksam erklärt. Es hat damit der Kündigungsschutzklage stattgegeben und den Sender „Deutsche Welle“ zur Weiterbeschäftigung der Redakteurin verurteilt. Die Begründung des Gerichts basierte auf folgender Überlegung.

Zeitpunkt der Äußerungen ist maßgeblich

Einerseits könnten zwar antisemitische Äußerungen ein Grund für eine außerordentliche Kündigung sein. Denn hierin könne eine Verletzung von Loyalitätspflichten liegen, auch wenn die Äußerungen nicht im Rahmen der Arbeit für den Sender erfolgt seien. Andererseits spielt der Zeitpunkt eine entscheidende Rolle. Denn wenn die fraglichen Äußerungen der Redakteurin in einer Zeit vor dem bestehenden Arbeitsverhältnis erfolgten, dann kann der Sender nicht dagegen angehen, da zu der Zeit noch kein Vertragsverhältnis mit der Redakteurin bestanden hat. Eine Kündigung kann dann nicht aufgrund einer erforderlichen Vertragspflichtverletzung ausgesprochen werden.

Handeln war keine Pflichtverletzung

Auch wenn die Redakteurin zur Zeit der antisemitischen Einlassungen auf Honorarbasis beschäftigt gewesen war, kann ihr Handeln nicht als Pflichtverletzung auf ein späteres Arbeitsverhältnis gewertet werden. Für das Arbeitsgericht war auch die Betrachtung der Umstände wichtig, in denen die problematischen Äußerungen erfolgt waren. Denn die Redakteurin habe sich in einer öffentlichen Erklärung bereits von ihren früheren Äußerungen distanziert.
Unter diesen Voraussetzungen sei es für den Sender zumutbar, das Arbeitsverhältnis weiter aufrechtzuerhalten. Auch könne keine negative Prognose hinsichtlich eines künftig zu erwartenden Fehlverhaltens gestellt werden. Außerdem habe der Sender die für die außerordentliche Kündigung erforderliche Frist von zwei Wochen ab Kenntnis der maßgeblichen Umstände nicht eingehalten.
Gegen das Urteil wurde Berufung eingelegt.

Autor*in: Andrea Brill (Andrea Brill ist Pressereferentin und Fachjournalistin.)