18.07.2023

Steuern senken durch Rückstellungen für Jubiläumszusagen

Happy birthday. Wieder ein Jahr älter, was ist fröhlich daran? Sie als GmbH könnte allerdings eine Nachricht doch fröhlich stimmen: indem Sie den Geburtstag Ihres Arbeitnehmers als Steuersparmodell einsetzen. Mittels Rückstellungen für Jubiläumszusagen geht das ziemlich gut.

Rückstellungen für Jubiläumszusagen

Was ist eine Jubiläumszuwendung? 

Eine Sonderzuwendung in Geld oder Geldeswert an Ihren Arbeitnehmer von Ihnen als seinem Arbeitgeber aus besonderem Anlass.  

Was kann so ein besonderer Anlass sein? 

Das kann sein: 

  • ein Firmenjubiläum Ihres Unternehmens,  
  • ein Arbeitnehmerjubiläum.  

Unterliegt diese Zuwendung der Steuer? 

Ja und nein. Grundsätzlich unterliegt sie beim Arbeitnehmer der Lohnsteuer und im Regelfall der Sozialversicherungspflicht. Jubiläumszuwendungen sind nicht nur zusätzliche Gehaltszahlungen, sondern auch Sachzuwendungen oder Feierlichkeiten anlässlich des jeweiligen Jubiläums, die Sie als Arbeitgeber ausrichten. 

Ihre Jubiläumszuwendung von Ihnen als Arbeitgeber an Ihren Arbeitnehmer kann im Einzelfall andererseits lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei sein. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn es sich um einen steuerfreien Sachbezug handelt, der den Wert von 50 Euro nicht übersteigt. Gleiches gilt teilweise für betriebliche Feiern aufgrund des Freibetrags in Höhe von 110 Euro je Arbeitnehmer. 

Wie soll die Zuwendung die Steuer senken? 

Über eine Rückstellung Ihr zu versteuerndes Einkommen. Kommen auf Sie als Unternehmen finanzielle Verpflichtungen zu, deren Höhe und Fälligkeit Sie noch nicht kennen, dann bilden Sie für solche Verpflichtungen grundsätzlich Rückstellungen. Diese Rückstellungen nehmen Sie in Ihre Bilanz auf. Sie mindern gegebenenfalls das zu versteuernde Einkommen und damit Ihre Steuerbelastung.  

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Was bedeutet in diesem Zusammenhang gegebenenfalls? 

Der steuerliche Gewinn kann nur gemindert werden, wenn die Bedingungen für die steuerliche Rückstellung erfüllt werden. Dazu regelt § 5 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) wie folgt: 

  • Das Dienstverhältnis besteht seit mindestens zehn Jahren. 
  • Das Dienstjubiläum setzt das Bestehen eines Dienstverhältnisses von mindestens 15 Jahren voraus. 
  • Die Zusage haben Sie als Arbeitgeber schriftlich erteilt.  
  • Der Zuwendungsberechtigte, also Ihr Arbeitnehmer, hat seine Anwartschaft nach dem 31.12.1992 erworben. 

Bedingung ist, dass es sich um Aufwand handelt, der gedanklich zumindest anteilig ins Bilanzierungsjahr gehört, auch wenn Sie ihn erst später bezahlen. Sagen Sie Ihrem Arbeitnehmer Jubiläumszuwendungen zu, bilden Sie als Arbeitgeber zunächst einmal handelsrechtlich immer eine Rückstellung. Diesem Vorsichtsprinzip folgen Sie in der Handelsbilanz – Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Sind die Bedingungen erfüllt, kann die Rückstellung auch steuerlich gebildet werden und den Gewinn mindern. Zur Veranschaulichung folgendes Beispiel: 

Sie sind Tiefbauunternehmer T und haben bei Ihrer Tätigkeit die Bodenplatte eines Gebäudes versehentlich beschädigt. Eine gutachterliche Prüfung steht noch aus. Ihnen ist bekannt, dass Sie demnächst eine Schadensersatzzahlung leisten müssen. Wann und wie viel, wissen Sie noch nicht. Sie schätzen daher den Schaden nach bestem Wissen auf 60.000 Euro. Nun bilden Sie eine Rückstellung in Höhe von 60.000 Euro. Diese Rückstellung mindert Ihren Gewinn und damit Ihre Steuer. 

Steuerlich sind für eine solche Rückstellung Regeln einzuhalten – ansonsten weichen Handels- und Steuerbilanz voneinander ab. Der Handelsbilanzwert für eine Rückstellung bildet auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) im Jahre 2009 gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) 2019 (Urteil v. 20.11.2019 – XI R 46/17). 

Worum ging es in dem Fall? 

Um die Deckelung der Höhe des steuerrechtlichen Rückstellungsbetrags durch den niedrigeren handelsrechtlichen Rückstellungsbetrag. Eine mit Abbau und Verwertung von Rohstoffen beschäftigte GmbH hatte für Verpflichtungen zur Rekultivierung von Abbaugrundstücken in Handels- und Steuerbilanzen Rückstellungen gebildet. In der Handelsbilanz zum 31.12.2010 erfasste sie Ansammlungsrückstellungen in Höhe von 295.870 Euro, bei deren Ermittlung geschätzte Kostensteigerungen bis zum Erfüllungszeitpunkt einbezogen wurden. Der auf diese Weise ermittelte Erfüllungsbetrag wurde mit einem Zinssatz von 4,94 Prozent  abgezinst. Steuerrechtlich erfolgte die Ermittlung ohne künftige Kostensteigerungen; der ermittelte Verpflichtungsbetrag wurde entsprechend dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 09.12.1999 (IV C 2 – S 2175 – 30/99) nicht abgezinst und betrug laut Steuerbilanz 348.105 Euro.  

Im Rahmen einer für die Jahre 2007 bis 2010 durchgeführten Außenprüfung kürzte der Prüfer des Finanzamtes (FA) unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG die von der GmbH gebildete und aus anderen, nicht streitigen Gründen auf 330.685 Euro korrigierte Rückstellung laut Steuerbilanz zum 31.12.2010 um 34.815 Euro auf den niedrigeren Handelsbilanzwert in Höhe von 295.870 Euro, weil ansonsten steuerrechtlich ein höherer Rückstellungsbetrag als in der Handelsbilanz ausgewiesen werde. Für den sich aus der erstmaligen Anwendung des BilMoG vom 25.05.2009 im Jahr 2010 hieraus ergebenden Gewinn in Höhe von 34.815 Euro bildete er sodann eine Rücklage für Rückstellungsauflösung nach R 6.11 Abs. 3 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien 2012 (EStR 2012) in Höhe von 14/15 des sich aus der Auflösung der Rückstellung ergebenden Gewinns, also jährlich 2.321 Euro. 

War das FA damit einverstanden? 

Nur halbherzig. Es folgte dem und änderte nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung den Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2010 vom 15.11.2013. Der Einspruch blieb erfolglos und die GmbH ging vor das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG). 

Wie urteilte das FG? 

Es wies die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2010 vom 15.11.2013 mit Urteil vom 07.12.2016 (1 K 1912/14) ab. Es vertrat die Ansicht, dass der handelsrechtlich anzusetzende abgezinste Wert nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG für die Steuerbilanz als Obergrenze zu beachten sei, ließ aber die Revision zum BFH zu. 

Was trug die GmbH vor dem BFH vor? 

Sie sah sich in ihrem materiellen Recht verletzt. Das BilMoG habe die formelle Maßgeblichkeit abgeschafft, die eine Bindung des konkreten Bilanzansatzes in der Handelsbilanz für die Steuerbilanz vorsieht. Seitdem bestehe nur noch eine materielle Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) für die Steuerbilanz, soweit diese nicht durch steuerrechtliche Spezialvorschriften durchbrochen werde. Sie könne somit steuerrechtliche Wahlrechte unabhängig von der Handelsbilanz ausüben. Die handelsrechtlichen GoB könnten im Bereich der Bewertung nur noch herangezogen werden, wenn die Regelungen des § 6 EStG lückenhaft seien. Dies führe dazu, dass sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG ein ganz eigenständiges steuerrechtliches Bewertungskonzept ergebe. Dieses gehe gemäß dem umfassenden steuerrechtlichen Bewertungsvorbehalt (§ 5 Abs. 6 EStG) dem allgemeinen Maßgeblichkeitsgrundsatz vor. Am Vorrang des umfassenden steuerrechtlichen Bewertungsvorbehalts dieser Vorschrift ändere sich der Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG nichts. Der lautet: 

„Rückstellungen sind höchstens insbesondere unter Berücksichtigung folgender Grundsätze anzusetzen: …“ 

Man könne die Formulierung „höchstens“ zwar so verstehen, dass ein steuerrechtliches Wahlrecht bestehe, einen Ansatz unterhalb eines dort aufgeführten Rückstellungsbetrages zu bilden; jedoch sei damit kein niedrigerer Handelsbilanzansatz gemeint. Vielmehr markiere diese Regelung einen Höchstbetrag gegenüber einem Wert nach den steuerrechtlichen Bewertungsgrundsätzen für Verbindlichkeiten (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Die Formulierung „höchstens insbesondere“ könne sinnvollerweise nur bedeuten, dass im Fall von nach Anwendung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG verbleibenden Regelungslücken zunächst § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG und bei dann immer noch verbleibenden Regelungslücken auch die GoB (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) heranzuziehen seien. Damit komme eine Verdrängung des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG nicht in Betracht. 

Außerdem sollen laut Beschluss des BFH zum subjektiven Fehlerbegriff vom 31.01.2013 (GrS 1/10 BFHE 240, 162) handelsrechtliche Bilanzierungswahlrechte möglichst zurückgedrängt werden, um „Manipulationen“ der steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage und damit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu vermeiden. Weiterhin stehe der Lösung des FG entgegen, dass die gesetzgeberische Zielsetzung, das BilMoG steuerneutral auszugestalten, nicht erreicht würde. 

Wie begründete der BFH seine Entscheidung? 

Unter anderem damit, dass die im Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG enthaltene Regelung, dass Rückstellungen „höchstens insbesondere“ mit den Beträgen nach den folgenden Grundsätzen in Buchst. a bis f anzusetzen sind, dazu führe, dass die sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. a bis f EStG ergebenden Rückstellungsbeträge den zulässigen Ansatz nach der Handelsbilanz nicht überschreiten dürften. Maßgebend für die Interpretation eines Gesetzes sei der in ihm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers.  

Woran erkennt man den Willen des Gesetzgebers? 

Der Feststellung des zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willens des Gesetzgebers dient die Auslegung:  

  • des Wortlauts der Norm (grammatikalische Auslegung),  
  • des Zusammenhangs (systematische Auslegung),  
  • ihres Zwecks (teleologische Auslegung)  
  • der Gesetzesmaterialien und  
  • der Entstehungsgeschichte (historische Auslegung) 

Zur Erfassung des Inhalts einer Norm dürfe sich der Richter dieser verschiedenen Auslegungsmethoden gleichzeitig und nebeneinander bedienen. Aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG „höchstens insbesondere“ ergebe sich keine Durchbrechung der Maßgeblichkeit. Vielmehr lasse er einen Wortsinn zu, der einen unterhalb des Rückstellungsbetrages ergebenden Betrag aufgrund handelsrechtlicher oder steuerrechtlicher Bewertungsvorschriften erfasst. Mit dem Wortzusatz „insbesondere“ habe der Gesetzgeber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es weitere Obergrenzen gebe. 

Was, wenn Sie als Unternehmen keine Bilanz erstellen, sondern nur die Einnahmenüberschussrechnung?  

Dann ist eine Berücksichtigung von Rückstellungen nicht möglich.  

Wie berechnen Sie die Rückstellung? 

Ein Beispiel zur „Berechnung der Jubiläumsrückstellung“ haben wir Ihnen unter www.gmbh-brief.de zur Verfügung gestellt. 

Autor*in: Franz Höllriegel