29.08.2018

Neue Regeln der Betriebsprüfung: So profitieren Sie

Alle Jubeljahre trifft es einen mal – der Betriebsprüfer kündigt sich an. Wann das sein wird, war bislang nicht abzusehen. Ab dem Jahreswechsel gelten neue Grenzwerte. Und das ist möglicherweise eine Gelegenheit für Betriebe, eine Prüfung zu umgehen.

Bleibt Ihr Unternehmen von der Betriebsprüfung verschont, spart das Zeit, Geld und Nerven.

Betriebsprüfung – mit oder ohne Ankündigung?

Besuch vom Betriebsprüfer hat kein Unternehmen gerne. Normalerweise findet die Betriebsprüfung nach einer Ankündigung von zwei bis vier Wochen statt. Großbetriebe mit mehr als 4,8 Millionen Euro Umsatz im Jahr, verbundene Unternehmen und Konzerne sollen regelmäßig jährlich geprüft werden, Mittelbetriebe mit geringerem Umsatz einmal in zehn Jahren.

Was das Finanzamt nicht vorher ankündigen muss

  • die Lohnsteuer-Außenprüfung
  • die Umsatzsteuer-Sonderprüfung
  • die Umsatzsteuer-Nachschau
  • die Kassenprüfung
  • Prüfung bei Verdacht einer Steuerstraftat

Betriebsprüfung – immer rigider?

Neben einer kleinen Anzahl von ausgewählten Zufallsprüfungen spielt die Betriebsgröße bei der Anordnung einer Betriebsprüfung eine entscheidende Rolle. „Immer mehr Unternehmen berichten uns davon, dass Betriebsprüfer strenger geworden sind und die Mängel auch rigider ahnden“, zitiert „Markt und Mittelstand“ den Referatsleiter Internationales Steuerrecht und Verfahrensrecht des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Guido Vogt.

Die Prüfer können die Unternehmenszahlen heutzutage schneller und umfassender mit Markt- und Branchendatenbanken abgleichen als früher. Damit entdecken sie auch ungewöhnliche Abweichungen rascher.

Betriebsprüfung als Großbetrieb obwohl nur Mittelbetrieb?

Auch werfen die Prüfer mittelständische Unternehmen zunehmend mit großen Unternehmen in einen Topf. „Ab einem Jahresumsatz von 4,8 Millionen Euro prüfen wir häufiger und tiefer“, kommt in dem Bericht Franz Hruschka, Leiter der Abteilung Betriebsprüfung beim Finanzamt München, zu Wort.

In der Tat sind Kernpunkte für die Zuordnung in den einzelnen Größenklassen

  • die Umsatzerlöse und
  • der steuerliche Gewinn.

Faustformel: Je größer ein Betrieb, desto größer das Risiko einer Prüfung. Anders ausgedrückt: Statistisch gesehen müssen Kleinbetriebe alle 30 Jahre mit einer Betriebsprüfung rechnen. Mittelbetriebe werden dagegen doppelt so häufig geprüft.

Doch das soll sich nun ändern. Das letzte Mal wurden die Grenzwerte für die Einstufung der Betriebe 2016 neu festgelegt. Jetzt steht zum 01.01.2019 wieder eine Neufestlegung an. Mit ihr erhöhen sich die Betriebsmerkmale zwischen sieben und zehn Prozent.

So verringern Sie die Wahrscheinlichkeit einer Prüfung

Liegt Ihr Unternehmen aktuell an der Grenze zwischen zwei Betriebsgrößen, dann könnte sich eine Verschiebung von Umsatzerlösen und Aufwendungen lohnen. Bleibt oder rutscht Ihre Firma in die günstigere Einstufung, verringert sich die Prüfungswahrscheinlichkeit.

Der Vorteil liegt auf der Hand: Bleibt Ihr Unternehmen verschont, spart das Zeit, Nerven und Geld. Eine Betriebsprüfung bündelt demgegenüber Personal. Sie verursacht zusätzlichen Aufwand und Kosten.

Wann ist mein Betrieb groß, mittel oder klein?

Die Tabelle der neuen, ab Neujahr 2019 geltenden Grenzwerte zur Einstufung der Betriebe hilft Ihnen bei der Selbsteinstufung.

Einheitliche Abgrenzungsmerkmale ab 01.01.2019

Betriebsart Betriebsmerkmale Groß-Betriebe Mittel-Betriebe Klein-Betriebe
Handelsbetriebe Umsatzerlöse über 8.600.000,00 € 1.100.000,00 € 210.000,00 €
Steuergewinn über 335.000,00 € 68.000,00 € 44.000,00 €
Fertigungsbetriebe Umsatzerlöse über 5.200.000,00 € 610.000,00 € 210.000,00 €
Steuergewinn über 300.000,00 € 68.000,00 € 44.000,00 €
Freie Berufe Umsatzerlöse über 5.600.000,00 € 990.000,00 € 210.000,00 €
Steuergewinn über 700.000,00 € 165.000,00 € 44.000,00 €
And. Leistungsbetriebe Umsatzerlöse über 6.700.000,00 € 910.000,00 € 210.000,00 €
Steuergewinn über 400.000,00 € 77.000,00 € 44.000,00 €
Land- und Forstwirte  Umsatzerlöse über 1.200.000,00 € 610.000,00 € 210.000,00 €
Steuergewinn über 185.000,00 € 68.000,00 € 44.000,00 €

Suchen Sie sich in der Tabelle zunächst die Rubrik, zu der Ihr Unternehmen zählt: zum Beispiel ein im Handel tätiger Mittel-Betrieb mit Umsatzerlösen von über 1,1 Millionen Euro. Nur bei Kleinbetrieben sind die Schwellenwerte in allen Branchen gleich, sonst ist die Betriebsart entscheidend. Wenn Ihre Firma auch nur eines der beiden Leistungsmerkmale – Nettoumsatz oder steuerlicher Gewinn – überschreitet, rutscht sie in die nächstgrößere Betriebsklasse.

Erzielte in unserem Beispiel Ihr Betrieb Umsatzerlöse von – sagen wir – 8,5 Millionen Euro, dabei aber einen Steuergewinn von beispielsweise 335.100,00 Euro, würde er nicht mehr als Mittel-Betrieb durchgehen, sondern als Groß-Betrieb gelten. In einem solchen Fall erhöht sich die Prüfungswahrscheinlichkeit enorm. Zumal wenn Sie nahe an einem Schwellenwert liegen, sollten Sie mit Ihrem Steuerberater vor der kommenden Bilanzaufstellung sprechen.

Völlig legal – so beeinflussen Sie Umsatz und Gewinn

Nicht selten unterbleibt in der Hektik des Arbeitsalltags der Blick auf die Größenklassen – dabei können Sie im günstigen Fall beim Ausnutzen steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten die Zuordnung Ihrer Firma direkt beeinflussen. Darauf sollten Sie nicht verzichten, es geht um Ihr Geld!

5 Tipps zur Einstufung des Unternehmens

  1. Verlagern Sie Aufträge und damit Erlöse auf den Anfang des Folgejahres.
  2. Prüfen Sie, ob das Vorziehen von Ausgaben den Gewinn Ihrer Firma unter eine bestimmte Schwelle drückt.
  3. Planen Sie sinnvolle Ausgaben zeitgerecht.
    Beispiel: Ist es ratsam, den Jahreskatalog noch im alten Jahr zu bezahlen und auszuliefern oder erst im neuen Kalenderjahr?
  4. Bei Freiberuflern sind einzig der Geldeingang und -ausgang entscheidend. Steuern Sie den Geldfluss.
    Versenden Sie die Dezember-Ausgangsrechnungen erst Anfang Januar, dann fällt der Erlös erst im neuen Jahr an – wenn die höheren Grenzwerte gelten.
  5. Bitten Sie Ihren Steuerberater Anfang Dezember um eine aktuelle, aussagekräftige betriebswirtschaftliche Auswertung. Dann können Sie Ihren Jahresumsatz und den Gewinn „hochrechnen“.

Was tun, wenn der Prüfer trotzdem kommt?

Vielleicht haben aber alle Buchungskünste nichts genutzt und der Betriebsprüfer hat sich angesagt. Was nun? Hier ein paar Ratschläge.

Ratschläge für die Betriebsprüfung

  1. Signalisieren Sie Kooperationsbereitschaft.
  2. Schaffen Sie mit Kleinigkeiten eine gute Atmosphäre.
  3. Halten Sie die Akten zugriffbereit.
  4. Räumen Sie dem Prüfer einen eigenen Arbeitsplatz ein.
  5. Richten Sie ihm einen freien Schreibtisch ein, wenn möglich mit Zugang zum IT-System.
  6. Halten Sie steuerrechtlich relevante Unterlagen griffbereit: vor allem Buchführung, Belege, Aufzeichnungen zur Bank und zur Kasse sowie die Jahresabschlussunterlagen, Verträge wie Miet-, Gesellschafts-, Geschäftsführer- und Darlehensverträge, Finanzbuchhaltungs-, Lohnbuchhaltungs- und Kassensysteme, unter Umständen aber auch Nebensysteme wie Produktions- und ERP-Steuerungssysteme oder Warenwirtschaftssysteme.

Spielen Sie eine Betriebsprüfung durch – mit einer Datenanalyse

Häufig verwenden die Prüfer ein eigenes Risikomanagementsystem zur Abprüfung von Branchendaten. Damit prüfen Sie die Plausibilität etwa von Umsatz und Wareneinsatz durch gezielte Schlagwortsuche nach fehleranfälligen Angaben in Sachkonten – wie Dienstwagen, Geschäftsführergehälter, Betriebsveranstaltungen oder Verrechnungspreise.

Ob Sie als Unternehmer ordnungsgemäß gebucht und Ihre Steuern in der vorgeschriebenen Höhe abgeführt haben, erkennen die Spezialisten vom Finanzamt erfahrungsgemäß schnell. Um auf der sicheren Seite zu sein, dass ihre Zahlen im grünen Bereich liegen, nutzen immer mehr Unternehmen eine Software wie „Idea“ – das steht für Interactive Data Extraction and Analysis. Damit kann man eine Betriebsprüfung im Vorfeld durchspielen und sich auf Nachfragen des Betriebsprüfers besser vorbereiten.

Hier geht es zur Website von Idea.

Autor*in: Franz Höllriegel