24.07.2023

Lohnzahlung Dritter – was ist zu beachten?

Sie sind Arbeitgeber. Sie beschäftigen einen Arbeitnehmer. Dafür zahlen Sie ihm seinen Lohn. Jetzt soll jemand anderes ihm etwas zahlen. Wenn das in Ihrem Sinne ist als sein Arbeitgeber, gilt das ebenfalls als Lohn, nur eben, dass nicht Sie, sondern der andere zahlt – aber nicht immer haftet.

Lohnzahlung Dritter

Für was erhält Ihr Arbeitnehmer Lohn? 

Normalerweise für Leistungen von ihm für Sie als seinem Arbeitgeber im Rahmen seines Dienstverhältnisses in Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft.  

Gibt es Ausnahmen von dieser Regel? 

Ausnahmsweise können Lohnzahlungen durch Dritte erfolgen.  

Wann läge eine solche Lohnzahlung durch einen Dritten vor? 

Dann, wenn jener Dritte Ihrem Arbeitnehmer Vorteile einräumt, die ein Entgelt für eine Leistung sind, die er im Rahmen seines Dienstverhältnisses für jenen anderen Arbeitgeber erbringt. Das können z.B. sein:  

  • geldwerte Vorteile eines Leiharbeitnehmers aufgrund des Zugangs zu Gemeinschaftseinrichtungen oder -diensten des Entleihers nach § 13b Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)  
  • bei einem Verein Zahlungen an einen Vereinssportler für dessen Leistung, die ein drittes Unternehmen an diesen zahlt  
  • Lohnzahlungen aufgrund  
  • konkreter Vereinbarungen mit Ihnen als Arbeitgeber wie z.B. bei Leistungen aus einer Unterstützungskasse 
  • gesellschaftsrechtlicher oder geschäftlicher Beziehungen des Dritten zu Ihnen als Arbeitgeber wie z.B. Überlassung von Belegschaftsaktien an Mitarbeiter verbundener Unternehmen oder der verbilligte Erwerb einer GmbH-Beteiligung durch einen Angestellten 
  • Zuflüsse an den Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis wie z.B. Wohnungsüberlassung. 

Da ist es zum Beispiel zu einem Streit über die steuerrechtliche Behandlung einer Schenkung gekommen, über das der Bundesfinanzhof (BFH) 2013 entschieden hat (Urteil vom 28.2.2013 – VI R 58/11). 

Um was ging es dabei? 

Um ein Ehepaar, beide im Streitjahr 2007 jeweils nichtselbständig tätig, sie als Realschullehrerin, er bei der A-GmbH beschäftigt. Deren Alleingesellschafterin war die B-GmbH. Diese hinwiederum veräußerte sämtliche Gesellschaftsanteile der A-GmbH mit Wirkung zum 1. März 2007 an die D-AG. Der Ehemann erhielt am 14. März 2007 einen von der B-GmbH ausgestellten Scheck über 5.200 Euro sowie ein Begleitschreiben vom 12. März 2007 folgenden Inhalts: 

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„Sehr geehrter Herr …, die bisherige Alleingesellschafterin der A-GmbH, die B-GmbH, hat ihre Geschäftsanteile an die D-AG verkauft. Der Verkauf wurde am 1. März rechtswirksam. Aus diesem Anlass schenkt Ihnen die B-GmbH die in beiliegendem Scheck verzeichnete Summe. Bei diesem Betrag handelt es sich um eine freiwillige, nicht mehr mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehende Zuwendung, die grundsätzlich der Schenkungsteuer unterliegt. Die Höhe der anfallenden Schenkungsteuer ist in Abhängigkeit von dem Zuwendungsbetrag der folgenden Tabelle zu entnehmen.“ 

Auch die anderen 166 Arbeitnehmer der A-GmbH erhielten Zuwendungen der B-GmbH, die sich insgesamt auf rund 2,8 Millionen Euro beliefen. In einer Pressemitteilung der B-GmbH vom 15. März 2007 heißt es zum ersten Schreiben abweichend dazu: 

„Die B-GmbH verabschiedet sich von den 167 Mitarbeitern der an die D-AG verkauften (…) A-GmbH mit einem Überraschungsgeschenk: Jeder Mitarbeiter erhält 5.200 Euro, die schenkungsteuerfrei sind. Mit dem Bonus für die erweiterte Geschäftsführung zahlt die B-GmbH 2,8 Millionen Euro an die Belegschaft als außerordentliche Anerkennung für die geleistete Arbeit.“ 

Das zuständige Finanzamt (FA) behandelte in dem an die Kläger gerichteten Einkommensteuerbescheid des Streitjahrs die Zahlung in Höhe von 5.200 EUR als einkommensteuerpflichtigen Arbeitslohn. Nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren erhoben die Eheleute dagegen Klage und machten im Wege der Klageerweiterung Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer der als Lehrerin an einer Realschule tätigen Ehefrau in Höhe von 2.286 Euro als weitere Werbungskosten mit der Begründung geltend, dass sie in der Schule keinen eigenen Arbeitsplatz zur Verfügung habe. Im streitgegenständlichen Änderungsbescheids vom 14. März 2011 zur Einkommensteuer hatte das FA die Zuwendung in Höhe von 5.200 Euro nach § 34 Abs. 1 des EStG ermäßigt besteuert und die Aufwendungen der Klägerin für ihr häusliches Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 Euro als Werbungskosten berücksichtigt. 

War das Ehepaar damit einverstanden? 

Nein, es klagte. Es begehrte, die Einkünfte des Ehemannes aus nichtselbständiger Arbeit um 5.200 Euro geringer anzusetzen sowie für das häusliche Arbeitszimmer über den schon angesetzten Betrag von 1.250 Euro hinaus weitere 1.036 Euro als Werbungskosten bei den Einkünften der Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.  

Was sagte das Finanzgericht (FG) hierzu? 

Es wies die Klage ab. Darin sah das Ehepaar sahen ihr materielles Verfassungsrecht und ihr formelles Recht verletzt. Es ging in Revision zum BFH mit dem Ziel, das FG-Urteil aufheben und den Einkommensteuerbescheid ihren Wünschen entsprechend abändern, notfalls eine Entscheidung beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einholen zu lassen. 

Wie sah der BFH die Sache? 

Er wies die Revision als unbegründet zurück und sah keine Veranlassung, das BVerfG zu bemühen. Das FG habe zu Recht die streitige Zuwendung von 5.200 Euro als Arbeitslohn des Ehemannes zu erfassen, die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer der Ehefrau nur im Rahmen des Höchstbetrages von 1.250 Euro als Werbungskosten zu berücksichtigen. Dieser Höchstbetrag begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ordnet der BFH gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG neben Gehältern und Löhnen andere Bezüge und Vorteile „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst zu. Daran ändere weder ein Rechtsanspruch auf sie noch eine Einmaligkeit oder Mehrmaligkeit des Bezuges etwas (Satz 2). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine einzelne konkrete Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss.

Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis bejaht der Hof, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. 

Wann sieht der BFH Arbeitslohn ausnahmsweise von Dritten als gegeben an? 

Wenn sie ein Entgelt „für“ eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung sei, dass sie sich für Ihren Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für Sie als Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit Ihrem Dienstverhältnis steht.

Dagegen liege kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Ihnen als Arbeitgeber und Ihrem Arbeitnehmer gewährt wird; Entsprechendes gilt, wenn die Zuwendung auf anderen Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Drittem gründet. Ob eine Zuwendung in dem zu entscheidenden Fall durch das Dienstverhältnis veranlasst war, obliege in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG; dies gilt auch für die Zuwendung eines Dritten.

Nach diesen Grundsätzen hat das FG eine Gesamtwürdigung vorgenommen. Es gelangte dabei zu dem Ergebnis, dass die streitige Zahlung in Höhe von 5.200 EUR durch das individuelle Dienstverhältnis des Klägers zur A-GmbH veranlasst gewesen sei und sich als Frucht der Tätigkeit für diese darstelle. Das FG habe den Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis insbesondere damit begründet, dass:  

  • alle 167 Arbeitnehmer der A-GmbH die Zuwendungen der ehemaligen Konzernmutter erhalten hätten,  
  • sie zusammen mit Bonuszahlungen ausgezahlt worden seien und  
  • in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Anteilsveräußerungsvertrag stünden und deshalb eine Anerkennung für die geleistete Arbeit seien.  

Zu Recht habe das FG das mit dem Scheck übergebene Begleitschreiben vom 12. März 2007 berücksichtigt und daraus geschlossen, dass Grund der Zuwendung das Arbeitsverhältnis des Klägers gewesen sei. Diese Gesamtwürdigung hält der BFH nicht nur für möglich, sondern naheliegend und revisionsrechtlich jedenfalls für nicht zu beanstanden. 

Wann läge kein Arbeitslohn von dritter Seite vor?  

Regelmäßig wenn:  

  • dafür eigene vertragliche Beziehungen zwischen Ihrem Arbeitnehmer und dem Dritten maßgebend sind.  
  • ein überwiegend eigenwirtschaftliches Interesse des Dritten vorliegt. 

Welche Pflichten haben Sie als ursprünglicher Arbeitgeber? 

Sie behalten die Lohnsteuer auf die Lohnzahlungen jenes Dritten ein und erfüllen die entsprechenden Aufzeichnungspflichten usw. Tun Sie das nicht, besteht die Gefahr, dass Sie als Arbeitgeber in die Haftung für nicht abgeführte Lohnsteuerbeträge rutschen. Nach § 42d EStG haften Sie als Arbeitgeber für nicht einbehaltene Lohnsteuer. Problematisch wird es, wenn Sie als Arbeitgeber die Lohnzuflüsse gar nicht kennen. Deshalb sollten Sie in der Praxis ein System vorhalten, das Ihren Arbeitnehmer verpflichtet, entsprechende Lohnzahlungen direkt an Sie als seinem ursprünglichen Arbeitgeber zu melden. 

Was bedeutet das für Ihre Praxis als Arbeitgeber im Umgang mit Lohnzahlungen von dritter Seite? 

Ganz klar: Sie als Arbeitgeber trifft bei der Lohnzahlung durch Dritte die Lohnsteuerabzugspflicht. Das erfordert, dass Sie Ihren Arbeitnehmer auf ihre gesetzliche Verpflichtung § 38 Abs. 4 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) hinweisen, ihm am Ende des jeweiligen Lohnzahlungszeitraums die von einem Dritten gewährten Bezüge anzugeben. Am besten, Sie nehmen in den Arbeitsvertrag eine entsprechende Klausel auf und ergänzen diese durch einen Daueraushang am Schwarzen Brett.  

Ist für Sie als Arbeitgeber erkennbar, dass Ihr Arbeitnehmer pflichtwidrig keine oder falsche Angaben zu Lohnzahlungen Dritter macht, haben Sie als Arbeitgeber eine Anzeigepflicht. Dazu zeigen Sie die Ihnen bekannten Angaben bei dem für Ihre Betriebsstätte zuständigen Finanzamt an (§ 38 Abs. 4 Satz 3 zweiter Halbsatz EStG) – und zwar unverzüglich. 

Autor*in: Franz Höllriegel