13.11.2023

Beschäftigung von ukrainischen Flüchtlingen in Deutschland

Die Union fordert eine Arbeitspflicht für Flüchtlinge. Arbeit müsse „Teil der Integrationsleistung“ sein. Wer nicht arbeitet, solle weniger Geld bekommen. Viele Flüchtlinge kommen aus der Ukraine. Viele möchten auch in unserem Land arbeiten. Doch dem stehen einige Hürden im Weg.

Beschäftigung von ukrainischen Flüchtlingen

Wie ist die Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen bisher geregelt?

Sie haben einen unterschiedlichen Aufenthaltsstatus, der für die Arbeitsmarktzulassung ausschlaggebend ist. Möchten Sie als Arbeitgeber Asylbewerber oder geduldete Flüchtlinge beschäftigen, holen Sie die Genehmigung der zuständigen Ausländerbehörde ein, in der Regel bei der Bundesagentur für Arbeit (BA), übrigens auch bei einer geringfügigen Beschäftigung.

Die BA muss nicht zustimmen bei:

  • einer Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf.
  • Bewerbern mit Hochschulabschluss, die die Voraussetzungen der Blauen Karte EU erfüllen und die obere Gehaltsgrenze einhalten.
  • Praktika zur Berufsorientierung oder im Rahmen einer Berufs- oder Hochschulausbildung bis zu drei Monaten.
  • einem Aufenthalt in Deutschland von mehr als vier Jahren.

Anerkannte Flüchtlinge können Sie sofort einstellen. Sie sind deutschen Arbeitnehmern gleichgestellt.

Nicht arbeiten dürfen Flüchtlinge in folgenden Fällen:

  • Während der Wartefrist: drei Monate ab Ausstellung des Ankunftsnachweises, der Asylantragsstellung oder ab Erteilung der Duldung.
  • Während sie verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
  • Wenn sie aus einem sicheren Herkunftsland stammen und der Asylantrag nach dem 31. August 2015 gestellt wurde.

Als sichere Herkunftsstaaten gelten: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien.

Was fordern die Unionsparteien?

Flüchtlinge zur Arbeit zu verpflichten. Landräte fordern laut „Focus“ in einem Beschluss, dass „auch gemeinnützige Arbeit“ als eine „Verpflichtung Schutzsuchender“ gelten soll. Der Präsident des baden-württembergischen CDU-Landkreistags, Joachim Walter, begründete der Zeitschrift zufolge den Vorschlag damit, dass „Geflüchtete rasch in Arbeit“ gebracht werden sollten, „hilfsweise auch in gemeinnützige“. CSU-Landesgruppenchef im Bundestag Alexander Dobrindt will durchsetzen, dass Zahlungen an Migranten ohne Arbeit an eine „Mitwirkungspflicht“ geknüpft werden. Arbeit müsse „Teil der Integrationsleistung“ sein. Sollte dieses Angebot nicht angenommen werden, „muss es Leistungskürzungen geben“, so Dobrindt. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fordert, dass, wer Sozialleistungen bezieht und arbeitsfähig ist, einen Job annehmen muss. Linnemann: „Wer nach sechs Monaten immer noch keinen Job hat, muss einer gemeinnützigen Tätigkeit nachgehen. Wer dem nicht nachkommt, dem muss die Stütze deutlich gekürzt werden.“

Sonderfall Ukraine kriegsbedingt: Erhalten Flüchtlinge von dort eine Arbeitserlaubnis?

Ja. Sie können eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Aufenthaltsgesetz erhalten. Grundlage ist die in der Europäischen Union geltende „Richtlinie zum vorübergehenden Schutz“. Sie sichert Flüchtlingen aus der Ukraine auf ein Jahr einen Aufenthalt ohne Asylverfahren. Sofern der Rat nichts anderes beschließt, verlängert sich der Aufenthalt zweimal um jeweils sechs Monate. Ein qualifizierter Ratsbeschluss kann ihn um ein weiteres Jahr verlängern.

Flüchtlinge aus der Ukraine können so visumsfrei einreisen und den erforderlichen Aufenthaltstitel nach der Einreise einholen. Die entsprechende Regelung wird regelmäßig um wenige Monate verlängert. Bereits mit dem vorläufigen Dokument über ihr Aufenthaltsrecht erhalten die Flüchtlinge durch die zuständige Ausländerbehörde die Erlaubnis zum Arbeiten. Dieses vorläufige Dokument der Ausländerbehörde und dann später die Aufenthaltserlaubnis tragen den Eintrag „Erwerbstätigkeit erlaubt“. Sie können dann in Deutschland jeder Beschäftigung nachgehen oder eine Ausbildung aufnehmen.

Die Ausländerbehörden erlauben entsprechend einem Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat bei Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die Erwerbstätigkeit ausdrücklich. Eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit ist nicht notwendig. Bei Jobwechsel brauchen ukrainische Flüchtlinge keine neue Aufenthaltserlaubnis.

Gilt das berufsübergreifend für alle?

Nein, in einigen Berufen gelten berufsrechtliche Zugangsbeschränkungen, wie z.B. für:

  • Ärzte
  • Lehrer
  • Erzieher

Für diese Berufe bedarf es einer entsprechenden Anerkennung der jeweiligen einschlägigen ausländischen Berufsabschlüsse. Ohne diese dürfen Flüchtlinge in diesen Berufen nicht arbeiten.

Dürfen Flüchtlinge als Leiharbeiter arbeiten?

Ja, die Beschäftigung von Flüchtlingen als Leiharbeitnehmer ist zulässig.

Können Sie als Flüchtling aus der Ukraine in Deutschland eine Ausbildung aufnehmen?

Ja, das können Sie. Dazu reicht die Arbeitserlaubnis.

Können Sie als Unternehmen einen Ausbildungsvertrag mit einem Flüchtling aus der Ukraine abschließen?

Ja, auch das ist möglich, und selbst dann noch, wenn die Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis nur kürzer gültig ist, als für die Ausbildung benötigt, steht dies dem Abschluss eines Ausbildungsvertrages nicht im Wege. Ihr Auszubildender aus der Ukraine wird dann – wie jeder andere – in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse aufgenommen. Die Verlängerung des Aufenthalts zur Beendigung der Berufsausbildung ist dann über eine weitere Aufenthaltserlaubnis möglich.

Ihr Ukrainischer Flüchtling kann später eine, im Zweifel ergänzende Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Berufsausbildung bei der Ausländerbehörde erhalten. Dafür nimmt die Bundesagentur für Arbeit Vorrangprüfung vor. In der Regel dürfte kein geeigneter, bevorrechtigter Bewerber zur Verfügung stehen und die Zustimmung erteilt werden. Immerhin geht es dann um die Fortsetzung eines bereits begonnenen Berufsausbildungsverhältnisses. So kann Ihr ukrainischer Azubi die betriebliche Berufsausbildung in Ihrem Betrieb abschließen.

Wie geht es nach Abschluss der Berufsausbildung weiter?

Danach kann Ihr ukrainischer Mitarbeiter eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis als Fachkraft bei der Ausländerbehörde beantragen.

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Zahlen Sie als Unternehmen einem aus der Ukrainer geflüchteten Mitarbeiter Mindestlohn?

Ja, die Pflicht dazu haben Sie grundsätzlich für alle Arbeitnehmer unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit ab 18 Jahren und mit abgeschlossener Berufsausbildung. In Deutschland beschäftigte Flüchtlinge haben einen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit zwölf Euro. In einigen Branchen gibt es verbindliche Mindestlöhne, die über dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn liegen, z.B.:

  • Pflegebranche
  • Gebäudereinigung.

Die verbindlichen Mindestlöhne in den einzelnen Branchen stehen den Flüchtlingen zu. Für Langzeitarbeitslose zahlen Sie den Mindestlohn in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung.

Gelten für aus der Ukraine geflohene Mitarbeiter besondere Arbeitszeiten?

Nein, die werktägliche Arbeitszeit darf grundsätzlich nicht mehr als acht Stunden betragen. Eine Verlängerung auf bis zu zehn Stunden ist möglich, wenn sie innerhalb eines halben Jahres im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschreitet. Ausnahmen sind in bestimmten Branchen über einen Tarifvertrag oder durch Genehmigung der Arbeitsschutzbehörde möglich.

Braucht Ihr neuer ukrainischer Mitarbeiter eine Steueridentifikationsnummer?

Ja, sie erhält automatisch mit der Meldung bei Ihrer zuständigen Gemeinde.

Bestehen Besonderheiten in der Sozialversicherung?

Nein, da sind bei Flüchtlingen aus der Ukraine keine Besonderheiten zu beachten. Beschäftigen Sie als Unternehmen einen Flüchtling, prüfen Sie, ob eine versicherungspflichtige oder geringfügige Beschäftigung vorliegt. Zahlen Sie als Unternehmen ihm ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt oberhalb der monatlichen 520-Euro-Grenze, melden Sie Ihren Arbeitnehmer bei der gesetzlichen Krankenkasse als zuständiger Einzugsstelle an.

Liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, erfolgt die Anmeldung zur Minijob-Zentrale. Eine geringfügige Beschäftigung oder Minijob liegt vor, wenn:

  • das regelmäßige Arbeitsentgelt im Monat 520 Euro nicht übersteigt oder
  • die Beschäftigung von Beginn an auf drei Monate oder 70 Arbeitstage im Jahr begrenzt ist und
  • keine Berufsmäßigkeit oder kurzfristige Beschäftigung vorliegt, soweit das Arbeitsentgelt im Monat 520 Euro übersteigt.

Geringfügig Beschäftigte sind in der gesetzlichen Unfallversicherung gegen Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten versichert. In der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung besteht aufgrund der Beschäftigung kein Versicherungsschutz. Minijobber sind grundsätzlich rentenversicherungspflichtig und zahlen Rentenbeiträge in Höhe von 3,6 Prozent des Arbeitsentgelts. Ihr Minijobber aus der Ukraine kann sich auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen. Den Antrag übergibt er Ihnen als seinem Arbeitgeber.

Ihrem Minijobber stehen arbeitsrechtlich grundsätzlich dieselben Rechte zu wie vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern, wie z.B. Anspruch auf:

  • gesetzlichen Mindestlohn
  • bezahlten Jahresurlaub
  • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagen
  • Zuschüsse zum Mutterschaftsgeld.

Ist Ihr Mitarbeiter aus der Ukraine bei Unfall versichert?

Ja, bei einer Beschäftigung besteht der gleiche Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung wie für andere Arbeitnehmer. Es gelten für alle Beschäftigten gleichermaßen die arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen, wie z.B.:

  • Schutzausrüstung
  • Unfallverhütungsvorschriften

Kann Ihr Mitarbeiter aus der Ukraine Kurzarbeitergeld bekommen?

Teils, teils. Soweit er arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt ist, besteht grundsätzlich Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, wenn Sie den Arbeitsvertrag mit ihm vor der Anmeldung der Kurzarbeit geschlossen haben, der Arbeitsbeginn aber in die Zeit der Kurzarbeit fällt. Ein nach Beginn der Kurzarbeit neu eingestellter Arbeitnehmer hat nur im Ausnahmefall einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.

Sind Sprachkenntnisse für die Arbeitsaufnahme in Ihrem Betrieb entscheidend?

Nicht zwingend. Grundsätzlich sollte Ihr Flüchtling Grundkenntnisse der deutschen Sprache haben, um sich mit Ihnen als Arbeitgeber und den Kollegen verständigen zu können. Für viele Berufs- und Tätigkeitsfelder ist es jedoch wichtig, dass seine Sprachkenntnisse in Deutsch ausreichend sind. In reglementierten Berufen kann es sein, dass Sprachkenntnisse zwingend erforderlich sind, um die Berufsausübungserlaubnis zu bekommen.

Flüchtlinge haben grundsätzlich die Möglichkeit, einen staatlichen Sprachkurs zu besuchen. Mit einem Aufenthaltstitel können Flüchtlinge vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zu einem Integrationskurs zugelassen werden. Vom Kostenbeitrag werden sie befreit.

Dürfen Sie als Flüchtling selbständig arbeiten?

Ja, Sie können ein eigenes Unternehmens gründen. Allerdings stellen hierbei die verschiedenen Branchen unterschiedliche Anforderungen an Sie als Gründer, wie z.B.:

  • notwendige berufsrechtliche Regelungen wie Zugangsbeschränkungen durch Meistertitel
  • besondere Genehmigungen
  • versicherungsrechtliche Fragen

Erfüllen Sie als Flüchtling die Voraussetzungen, können Sie ein Gewerbe anmelden.

Autor*in: Franz Höllriegel