13.06.2017

Arbeitgeber riskiert Zwangsgeld oder Zwangshaft, wenn er kein Arbeitszeugnis ausstellt

Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Kommt ein Arbeitgeber dieser Pflicht nicht nach, riskiert er die Festsetzung von Zwangsgeld oder sogar Zwangshaft, wenn der Mitarbeiter ein Zwangsvollstreckungsverfahren einleitet. Das gilt übrigens auch dann, wenn das Zeugnis so polemisch formuliert wurde, dass es nicht ernst genommen werden kann.

Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis

Arbeitsgericht legte Zwangsgeld fest

In einem Kündigungsschutzverfahren wurde per Vergleich vereinbart, dass der Arbeitgeber neben der Zahlung einer Abfindung ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen muss. Dieser Verpflichtung ist der Arbeitgeber jedoch nicht nachgekommen, woraufhin die ausgeschiedene Mitarbeiterin ein Zwangsvollstreckungsverfahren einleitete.

Entsprechend ihrem Antrag setzte das Arbeitsgericht ein Zwangsgeld in Höhe von 500 Euro und ersatzweise Zwangshaft fest. Daraufhin griff der Arbeitgeber zum Rechtsmittel der Beschwerde und erklärte, das Zeugnis sei nur nicht zustellbar gewesen.

Polemisches Zeugnis erfüllt nicht den Zeugnisanspruch

Dennoch erhielt die ehemalige Mitarbeiterin noch während des Beschwerdeverfahrens das folgende Arbeitszeugnis mit der Post:

„Aktenzeichen 7 Ca 2005/16 oder 413/15T der Kanzlei L

Zeugnis

Fr. N H war bei uns als Gebäudereinigungskraft, speziell im Objekt A Arkaden, eingesetzt. Geschlechter bezogen war Frau H sehr beliebt. Ihre Aufgaben hat Frau H nach Anweisungen sehr bemüht erledigt. Die Anstrengungen Ihrer Tätigkeit hat Fr. H sehr regelmäßig mit Schöpferpausen bedacht und Ihre Arbeitszeiten nach Ihren Anforderungen ausgeführt.

Wir wünschen Fr. H für die Zukunft alles Gute.“

Die Richter des Arbeitsgerichts sahen in dem Dokument eine reine Provokation und legten den Fall zur endgültigen Entscheidung dem Kölner Landesarbeitsgericht vor. Die Kölner Richter schlossen sich dieser Meinung an und wiesen die Beschwerde gegen die Festsetzung des Zwangsgelds, ersatzweise der Zwangshaft, als unbegründet zurück. Der Arbeitgeber habe seine Verpflichtung, ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erstellen, nicht erfüllt.

Nach Auffassung des Gerichts ist der Arbeitgeber seiner Pflicht, ein wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen, nicht nachgekommen. Das vorgelegte Dokument sei derart polemisch und in einem grob unsachlichen und ironischen Stil verfasst, dass die Mindestanforderungen an ein qualifiziertes Arbeitszeugnis nicht erfüllt seien.

Achtung

Ein Aktenzeichen und der Hinweis auf eine Rechtsanwaltskanzlei dürfen auf keinen Fall in einem Arbeitszeugnis stehen.

Persönlichkeitsrecht verletzt

Die Arbeitnehmerin würde sich schlichtweg lächerlich machen, wenn sie das Zeugnis einer Bewerbung beifügen würde. Damit sei sie in der gleichen Situation, als wenn sie gar kein Zeugnis vorlegen könne, erklärten die Richter.

Am Ende seien es allein die Überschrift, der Name der Arbeitnehmerin und die Benennung ihrer Aufgabe, die einen Bezug zu einem ehrlich gemeinten Arbeitszeugnis herstellten.

Darüber hinaus sind die verwendeten Formulierungen geeignet, die Arbeitnehmerin zu diskreditieren und ihr Persönlichkeitsrecht zu verletzen. Von den vielen Rechtschreibfehlern wolle man gar nicht sprechen (LAG Köln, Beschluss vom 14.02.2017, Az.12 Ta 17/17).

Autor*in: Dr. Stephanie Kaufmann-Jirsa (Frau Kaufmann-Jirsa gibt bei uns das Werk "Die GmbH von A-Z" heraus.)