05.09.2022

Alarm- und Gefahrenabwehrplan Störfall: Kennen Sie diese Grundlagen?

Nach der Störfall-Verordnung gehört es zu den grundlegenden Pflichten des Betreibers einer Anlage, einen Alarm- und Gefahrenabwehrplan zu erstellen. Denn nichts ist im Betrieb so gefährlich wie eine Entwicklung, auf die niemand vorbereitet ist. Grundlagen zur gesetzlichen Basis, zur Umsetzung in die Praxis und zur Frage, was dieser Plan alles beinhalten muss, lesen Sie in diesem Beitrag.

Alarm- und Gefahrenabwehrplan Immissionsschutz

Der Alarm- und Gefahrenabwehrplan gemäß der Störfallverordnung muss sicherstellen, dass im Brand- und Explosionsfall alle wichtigen Personen und Stellen ausreichend informiert sind und über aktuelle Entwicklungen unterrichtet werden. Die verantwortlichen Personen oder Stellen sind verbindlich zu nennen.

Vorkehrungen zur Notfallplanung gehören zu den erweiterten Pflichten von Betreibern besonders gefährlicher Anlagen bzw. Betriebsbereiche (im Geltungsbereich der Störfall-Verordnung).

Gesetzliche Grundlagen der Notfallplanung

Die Seveso-III-Richtlinie (Richtlinie 2012/18/EU) enthält im Art. 12 Regelungen für die interne und externe Notfallplanung. Die deutsche Umsetzung für den Bereich der internen Notfallplanung erfolgte mit der Störfall-Verordnung (StörfallV).

Betriebsbereiche unter den erweiterten Pflichten der Störfall-Verordnung sind gemäß § 10 verpflichtet, interne Alarm- und Gefahrenabwehrpläne zu erstellen. Diese müssen die Informationen enthalten, die die Verordnung im Anhang IV aufführt. Außerdem besteht die Pflicht, den zuständigen Behörden die Informationen zu übermitteln, die sie brauchen, um externe Alarm- und Gefahrenabwehrpläne zu erstellen.

Eine Besonderheit in der deutschen Rechtssystematik besteht für den Bereich der externen Notfallplanung. Die diesbezüglichen Regelungen sind nämlich nicht im Rahmen des Störfallrechts in nationales Recht überführt worden. Ihre Umsetzung erfolgte stattdessen durch entsprechende Anpassung der jeweiligen Katastrophenschutz- bzw. Feuerschutzhilfegesetze der Bundesländer. Die Zuständigkeit liegt damit bei den jeweiligen Innenministerien.

Die in § 11 Störfall-Verordnung festgelegte präventive Verpflichtung der Betreiber zur Information der Öffentlichkeit über Sicherheitsmaßnahmen und das richtige Verhalten im Störfall ist ein weiterer Aspekt der Notfallplanung.

Umsetzung der Notfallplanung in der Praxis

Beteiligte Stellen

Beteiligt bzw. betroffen sind:

  • Betreiber
  • Öffentlichkeit
  • Gefahrenabwehr- und Immissionsschutzbehörden
  • Bei Ereignissen, die mit Gewässer- oder Bodenverunreinigungen verbunden sind, erweitert sich der Kreis, und es kommen die für den Gewässer- bzw. Bodenschutz zuständigen Stellen

Bedenkt man, dass zudem auf Behördenseite die Zuständigkeiten häufig gesplittet und weiterhin aufseiten der Gemeinden mehrere Stellen beteiligt sind, leuchtet ein, dass für einen wirksamen Alarm- und Gefahrenabwehrplan eine präzise Abstimmung und Koordination unumgänglich ist.

Grenzüberschreitende Gefahren

Je nach örtlicher Situation und in Abhängigkeit von den möglichen Auswirkungen eines Ereignisses können Verwaltungsgrenzen (Gemeinde, Kreis, Bezirk) oder gar Landes- und Staatsgrenzen überschritten werden. Auch hierdurch ergeben sich Konsequenzen für die Notfallplanung, etwa bei der Alarmierung der Bevölkerung oder der Anforderung spezieller Hilfeleistungen.

Tote Fische treiben am Ufer
Immissionen scheren sich nicht um Landesgrenzen. Gelangen Schadstoffe in einen Fluss, lassen diese sich auch mit großer grenzüberschreitender Anstrengung kaum wieder herausfiltern.

Rolle des Betreibers

Der Betreiber nimmt sowohl im Planungsstadium als auch im Ereignisfall eine zentrale Rolle ein. Er kennt die vom Betrieb seiner Anlagen und den darin gehandhabten Stoffen ausgehenden Gefahren. Wenn Störungen auftreten, bemerken die Beschäftigten dies in der Regel als Erste und können entsprechend handeln.

Das richtige Reagieren im Ereignisfall erfordert eine intensive Vorbereitung, möglichst umfassende Planung sowie Kompetenz, Verantwortung und Flexibilität. Die Geschäftsleitung muss sich der Verantwortung bewusst sein und innerhalb des Sicherheitsmanagementsystems entsprechende Vorkehrungen treffen.

Kommt es zur Alarmierung, müssen innerbetrieblich die Gefahrenabwehrmaßnahmen koordiniert werden. Zeitgleich benötigen die Behörden Informationen vom Betreiber, um über die externen Maßnahmen entscheiden zu können.

Reaktionen aus der Bevölkerung

Je nach Schwere und Dauer eines Ereignisses ist mit unterschiedlichsten Reaktionen der Bevölkerung zu rechnen. Insbesondere ist hier eine verständliche und schnelle Information notwendig und vorteilhaft. Beispiele von zurückliegenden Ereignissen zeigen, dass das Verhältnis zwischen Betreibern und Öffentlichkeit nach einem Ereignis durch eine offene und professionelle Informationspolitik weniger belastet wird. Dies gilt auch für die Medien, die mit genauen und allgemein verständlichen Informationen ihre Berichterstattung umso sachlicher gestalten können.

Gefahrenabwehrplan und Unternehmensstruktur

Ein weiterer Punkt, der bei der Notfallplanung zu berücksichtigen ist: die unterschiedliche Größe und Organisation der betroffenen Unternehmen. Die Planungen müssen auf die Personalressourcen der Betriebe zugeschnitten sein.

Große Industrieunternehmen verfügen über Stabsabteilungen, und in manchen Industrieparks gibt es Notfallmanager, deren Tätigkeit und Ausbildung speziell auf die Bewältigung von Ereignissen ausgerichtet ist. An Chemiestandorten ist aufgrund der Häufung von Anlagen auch öfter mit Ereignissen zu rechnen, die zu Notfallmaßnahmen führen. Dementsprechend sind dort die Abläufe beim Personal entsprechend routiniert und die Entscheidungsprozesse des Notfallmanagements geübt und eingespielt.

Bei kleinen und mittleren Unternehmen bestehen demgegenüber ganz andere Voraussetzungen, die individuelle Konzepte erfordern. Dabei ist wichtig, dass alle Beteiligten frühzeitig die Vorgehensweise festlegen, um insbesondere Schnittstellenprobleme zu vermeiden.

Anforderungen an einen betrieblichen Gefahrenabwehrplan

In einem Gefahrenabwehrplan müssen u.a. folgende Punkte berücksichtigt sein:

  • Der Betriebsarzt und die entsprechenden Notrufnummern müssen allen Mitarbeitern im Unternehmen bekannt sein.
  • Für den Brandfall müssen Personen bestimmt sein, die beispielsweise die Feuerwehr am Grundstück empfangen und mit den nötigen Informationen versorgen.
  • Ein Evakuierungsplan der Mitarbeiter sollte zum Notfallplan hinzukommen.
  • Darüber hinaus muss der Notfallplan einen Schwerpunkt auf die Vermeidung von möglichen Umwelteinwirkungen durch den eingetretenen Notfall setzen.

Bei der Entwicklung des Notfallplans ist eine Zusammenstellung bisheriger Erfahrungen hilfreich. Hierdurch können mögliche Auslösemechanismen von Notfällen und deren Folgen analysiert und in Vermeidungsstrategien des Notfallplans eingebunden werden. Insbesondere können mögliche Fehler oder falsche Annahmen des bisherigen Notfallplans bereinigt werden. Diese Analyse sollte auch die bisherigen Erfahrungen mit externen Kräften (z.B. Feuerwehr, Notarzt) berücksichtigen.

Der entworfene Notfallplan sollte vor einem möglichen Ernstfall auf seine Funktionsfähigkeit hin getestet werden. Eine Erprobung des Notfallplans mit den Mitarbeitern und den externen Kräften ist deshalb empfehlenswert.

Autor*in: WEKA Redaktion