13.08.2020

Neuer Bußgeldkatalog sorgt für Chaos

Das müssen Sie jetzt wissen.

Neuer Bußgeldkatalog

Gesetzgebung

Am 28.04.2020 trat der neue Bußgeldkatalog des Bundes in Kraft. Dieser beinhaltet zahlreiche Verschärfungen im Verkehrsrecht, insbesondere bei Verstößen gegen Höchstgeschwindigkeitsbegrenzungen auch die Anordnung von Fahrverboten.

Bald stellte sich heraus, dass Art. 3 der neuen Verordnung (BKatV) rechtsfehlerhaft ist, da in der Eingangsformel eine Rechtsgrundlage (Zitiergebot) nicht aufgeführt ist. In der Folge führte dies zu einem Chaos bei den Bußgeldbehörden.

Was gilt nun? Welche Verwarnungs- und Bußgeldtatbestände sind anzuwenden?

Die neuen Tatbestände in Art. 3 der Verordnung sind m.E. unwirksam. Bei Verstößen dort aufgeführter Tatbestände ist kein Verwarnungs- bzw. Bußgeldverfahren einzuleiten oder abzuschließen. Die Bundesländer gaben, um Gerichtsverfahren zu vermeiden, bekannt, nunmehr den alten Bußgeldkatalog anzuwenden. Der Bund ist jetzt in der Pflicht, einen neuen Bußgeldkatalog zu erarbeiten. Hierbei ist strittig, ob der Bundesrat die neuen Regelungen übernehmen oder sie, insbesondere im Bereich der Geschwindigkeitsüberschreitungen, abschwächen wird.

Was geschieht mit erlassenen Bußgeldbescheiden?

Bei Bußgeldbescheiden kann innerhalb von zwei Wochen Einspruch eingelegt werden. Sollte darin ein Tatbestand nach der neuen rechtsfehlerhaften Verordnung verfolgt werden, so dürfte das Einspruchsverfahren erfolgreich sein, wenn nicht, ist ggf. im Gerichtsverfahren auf die Rechtswidrigkeit zu verweisen.

Ist der Bußgeldbescheid bereits rechtskräftig, hat regelmäßig ein Einspruch keinen Erfolg. Hier ist der Betroffene auf die Haltung der Bußgeldbehörde oder auf ein Gnadengesuch angewiesen. Dies könnte dazu führen, dass ein neuer Bußgeldbescheid nach den alten Regelungen erfolgen kann. Es handelt sich stets um eine Einzelfallprüfung.

Die Bußgeldbehörden haben nun sehr viel Arbeit, die gesamten Bescheide zu durchforsten.

Was geschieht mit angeordneten Fahrverboten?

Auch hier empfiehlt sich ein Gnadengesuch. Möglich wäre auch eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Bei Fahrverboten nach dem neuen rechtswidrigen Bußgeldkatalog sind die Bußgeldbehörden angehalten, die Fahrverbote auszusetzen. Es könnte auch im Einzelfall nach der Anwendung des alten Bußgeldkatalogs künftig dessen Anwendung erfolgen, wenn ein Verstoß danach gegeben ist.

Es herrscht eine vollkommen unsichere Rechtslage. Daher kann nur empfohlen werden, vorerst gegen Entscheidungen der Bußgeldbehörde Einspruch einzulegen. Es ist ratsam, einen Rechtsanwalt zu konsultieren.

Kann ich jetzt fahren, wie ich will, ohne dass eine behördliche Verfolgung erfolgt?

Nein. Die Behörden verfolgen weiterhin Ordnungswidrigkeiten. Eine Anwendung des neuen Rechts erfolgt nicht. Verstöße kommen jedoch „auf Halde“, werden also gespeichert, bis die Rechtslage klar ist. Verstöße nach altem Recht, also z.B. Parkverstöße, welche durch den neuen Bußgeldkatalog nicht geändert wurden, werden nicht ausgesetzt, sondern weiterhin verfolgt. Gegebenenfalls werden Verwarnungen bzw. Bußgeldbescheide erlassen.

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)