07.09.2022

Hundegebell in örtlich geprägten Randlagen zumutbar?

Eine Ordnungsbehörde untersagte dem Halter von Hunden, dass er dafür zu sorgen habe, dass Hundegebell in den Ruhezeiten vollständig unterbleibt. Beim OVG Greifswald (Beschl. vom 10.01.2022, Az. 1 M 495/21 OVG) löste diese Anordnung Stirnrunzeln aus.

Hundegebell Randlagen

Bescheidtenor

Aufgrund von Nachbarbeschwerden verfügte die Ordnungsbehörde gegenüber dem Hundehalter:

„Sie werden aufgefordert, nach Bekanntgabe dieser Ordnungsverfügung Ihre auf Ihrem Eigentum bzw. Besitz befindlichen Hunde auf Ihrem Grundstück in R.-A-Straße so zu halten, dass in den Ruhezeiten von 22 bis 6 Uhr des darauffolgenden Tages sowie an Sonn- und Feiertagen zwischen 13 und 15 Uhr das Hundegebell vollständig unterbunden wird. In der Zeit zwischen 6 bis 13 Uhr und von 15 bis 22 Uhr sind geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um das Hundegebell auf ein Höchstmaß von täglich maximal 60 Minuten zu begrenzen. Das Höchstmaß bezieht sich nicht auf jegliches Hundegebell, sondern nur auf belästigendes, andauerndes oder häufiges Bellen.“

Der Hundehalter unterlag mit seinem Antrag auf Wiederherstellen der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Daraufhin beschwerte er sich beim OVG Greifswald.

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Höchstmaßregelung zu unbestimmt?

Die „Höchstmaßregelung“ von täglich maximal 60 Minuten Hundegebell ist nicht zu unbestimmt, folgte das OVG zunächst der Vorinstanz.

Bei der Begrenzung auf belästigendes, andauerndes und häufiges Bellen auf 60 Minuten handelt es sich um die Verwendung auslegungsfähiger und -bedürftiger unbestimmter Rechtsbegriffe, deren Gehalt im Zusammenhang mit dem erkennbar verfolgten Ziel der „Vermeidung störenden Lärms“ und bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände zu ermitteln ist.

Sind Lärmrichtwerte anzuwenden?

Was an Lärm, der von einer Tierhaltung ausgeht, von der Nachbarschaft hinzunehmen ist, bestimmt sich nach dem Polizei- bzw. Ordnungsbehördengesetz des Bundeslandes (hier §§ 13, 16 Abs. 1 Nr. 2 MVSOG) sowie § 117 OWiG.

Wer ohne berechtigten Anlass oder in einem unzulässigen oder nach den Umständen vermeidbaren Ausmaß Lärm erregt, der geeignet ist, die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft erheblich zu belästigen oder die Gesundheit eines anderen zu schädigen, handelt ordnungswidrig und stört die öffentliche Sicherheit. Nach h.A. ist für die Annahme einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft durch Hundegebell aufgrund dessen Eigenart als ungleichmäßiges, lautes Geräusch nicht erforderlich, dass bestimmte Immissionsrichtwerte überschritten werden.

Darf Hundegebell auch an Sonn- und Feiertagen von 13 bis 15 Uhr unterbunden werden?

Soweit das Hundegebell auch von 13 bis 15 Uhr an Sonn- und Feiertagen unterbunden wird, ist dies nicht zu beanstanden. Die einschlägigen immissionsschutzrechtlichen Regelwerke sehen eine besondere Schutzbedürftigkeit dieser Zeiten nicht vor. Diese Ruhezeiten sind aber anerkannt und Gegenstand etwa der Freizeitlärmrichtlinie. Nach ihr sind Ruhezeiten im Hinblick auf Geräuscheinwirkungen an Sonn- und Feiertagen u.a. von 13 bis 15 Uhr einzuhalten. Lärm kann daher in Ruhezeiten auch bei einem geringeren Schallpegel zur Herbeiführung einer erheblichen Belästigung geeignet sein, entschied das OVG und war auch in diesem Punkt auf einer Linie mit dem vorausgehenden Beschluss des VG.

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Darf Hundegebell vollständig untersagt werden?

Ein gelegentliches, vereinzeltes und kurzzeitiges Gebell, wie das vorübergehende Anschlagen mit baldigem Wiederruhigstellen eines Wachhunds, auch in nächtlichen Ruhezeiten und an Sonn- und Feiertagen, ist der Nachbarschaft noch zumutbar. Dies gilt jedenfalls in dörflich geprägten Randlagen wie der Wohngegend des Hundehalters, die durch lockere Bebauung auf relativ großen Grundstücken gekennzeichnet ist und wo Wachhunde nicht unüblich sind. Dort ist das Halten von Hunden im Freien als sozialadäquat anzusehen und nicht erheblich belästigendes Hundegebell deshalb grundsätzlich noch als Teil einer ortsüblichen Geräuschkulisse zu bewerten.

Die verfügte Unterbindung jeglichen Hundegebells in den Ruhezeiten, das heißt auch gelegentlichen und kurzzeitigen Bellens, ist daher nicht verhältnismäßig.

Ergebnis

Der Antrag des Hundehalters hatte somit nur teilweise Erfolg, nämlich insoweit, wie in den Ruhezeiten jegliches Hundegebell, das heißt auch gelegentliches und kurzzeitiges Bellen, durch die Ordnungsverfügung unterbunden werden soll.

Den Beschluss können Sie hier nachlesen.

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Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)