28.04.2022

Hot-Spot-Regelungen in M-V teilweise außer Vollzug

Hatten die Kritiker der Hot-Spot-Regelung des IfSG Recht, die schon vor der Änderung des IfSG im März bemängelten, dass diese zu unpräzise und praktisch nicht handhabbar sei? Das OVG Greifswald setzte 3 Regelungen der Corona-Landesverordnung vom 13.04.2022 außer Vollzug (Beschl. vom 22.04.2022, Az. 1 KM 221/22 OVG).

Hot-Spot-Regelungen M-V

Landtag stellte eine konkrete Gefahr durch Omikron fest

Der Landtag in Schwerin hatte festgestellt, dass mit Blick auf

  • die Ausbreitung der Omikron-Virus-Variante BA.2 der Corona-Virus-Krankheit 2019 (COVID-19),
  • die 7-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen,
  • die Hospitalisierungsrate und
  • die ITS-Auslastung

in den Landkreisen

  • Nordwestmecklenburg,
  • Ludwigslust-Parchim,
  • Mecklenburgische Seenplatte,
  • Landkreis Rostock,
  • Vorpommern-Greifswald,
  • Vorpommern-Rügen

sowie in den kreisfreien Städten A-Stadt und Hanse- und Universitätsstadt Rostock und somit in ganz Mecklenburg-Vorpommern weiterhin durch eine epidemische Ausbreitung der Corona-Virus-Krankheit 2019 (COVID-19) die konkrete Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage mit einer Überlastung der Krankenhauskapazitäten im Sinne des § 28a Abs. 8 IfSG besteht.

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Maßnahmen in öffentlich zugänglichen Bereichen

Daraus folgernd wurde die Anwendbarkeit nachfolgender konkreter Maßnahmen im ganzen Land in allen öffentlich zugänglichen Bereichen festgestellt:

  1. grundsätzliche Verpflichtung zum Tragen einer Atemschutzmaske oder medizinischen Gesichtsmaske in Innenbereichen und dringender Empfehlung zum Tragen im Außenbereich immer dann, wenn das Abstandsgebot nicht eingehalten werden kann;
  2. Abstandsgebot von mindestens 1,5 m, ersatzweise bei Sitzplätzen die Gewährleistung des sogenannten Schachbrettmusters;
  3. Fortschreibung der 3G-Regel entsprechend den Übergangsvorschriften;
  4. Fortschreibung des 2G-Optionsmodells entsprechend den Übergangsvorschriften;
  5. Fortschreibung der 2G+-Regel in Clubs, Diskotheken entsprechend den Übergangsvorschriften;
  6. Aufrechterhaltung der Pflicht zum Vorhalten von Hygienekonzepten entsprechend den Übergangsvorschriften.

Diese Feststellung galt bis 27. April 2022, sofern der Landtag diese nicht zuvor erneut trifft oder diese ganz oder teilweise aufhebt. Am 31. März 2022 erließ die Landesregierung die teilweise angegriffene Corona-Landesverordnung, die am 1. April 2022 in Kraft getreten ist und deren Außerkrafttreten auf den Ablauf der 28. April 2022 bestimmt war.

OVG: materielle Voraussetzungen lagen nicht vor

Der Landtag hat eine Feststellung nach § 28a Abs. 8 Satz 1 IfSG getroffen und sich auf eine konkrete Gefahr durch Omikron BA.2 bezogen.

  • Nach dem Gesetz ist es neben dem Vorliegen der Feststellung zusätzlich erforderlich, dass diese den für sie maßgeblichen materiellen Anforderungen genügt. Die Ermächtigung bezieht sich aber nach der Gesetzesbegründung auf eine neue Virusvariante oder eine Rückkehr der Delta-Variante. Weil Omikron BA.2 bei dem Beschluss des Landtages schon bekannt war, ist diese Virusvariante nicht neu.
  • Zudem müssen sich die erforderlichen Tatsachenfeststellungen für § 28a Abs. 8 Satz 2 Nr. 2 IfSG differenziert auf die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte als jeweilige Gebietskörperschaften beziehen. Die Ausführungen des Landtages beziehen sich aber auf das gesamte Land, nicht differenziert nach Stadt- und Landkreisen.

Der Landtag, formulierte das OVG vorsichtig, dürfte seinen Beschluss vielmehr ausgehend von einem unzureichend dargestellten Sachverhalt gefasst haben, was auch insoweit seine tatbestandliche Unbeachtlichkeit nach sich ziehen dürfte.

Ergebnis (Auszüge aus dem Tenor):

  1. § 8 Abs. 3 Nr. 1 sowie die §§ 9 und 10 der Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern vom 31. März 2022 (GVOBl. M-V, S. 218 – Corona-LVO M-V) und § 13 der Corona-Landesverordnung Mecklenburg-Vorpommern i. d. F. gemäß Art. 1 der Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Corona-LVO M-V vom 13. April 2022 (GVOBl. M-V, S. 259) werden vorläufig außer Vollzug gesetzt.
  2. § 11 Corona-LVO M-V wird vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit die darin geregelte Verpflichtung zur Einhaltung von Schutzmaßnahmen in Gestalt der Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske oder Atemschutzmaske für die nach Maßgabe der Tabelle zu § 11 Abs. 3 Corona-LVO M-V benannten Angebote im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 6 Corona LVO M-V in den Bereichen Einzelhandel, Wochenmärkte und Großhandel, Dienstleistungen, körpernahe Dienstleistungen, medizinische, therapeutische und pflegerische Angebote, Freizeitangebote und Gastronomie betroffen ist.
  3. § 6 Corona-LVO M-V wird vorläufig außer Vollzug gesetzt, soweit die Bestimmung die Anwendung der nach Maßgabe von Ziffer 1. und 2. des Tenors außer Vollzug gesetzten Vorschriften betrifft.

Hinweis:

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)