07.05.2018

Rauchverbot und Lärm: Widerruf der Gaststättenerlaubnis rechtmäßig?

Rechtfertigen zahlreiche Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften den Widerruf einer erteilten Gaststättenerlaubnis (VG München, Beschluss vom 06.02.2018 – Az. M 16 S 18.45)?

Gaststättenerlaubnis Rauchverbot Lärm Preisaushang Feiertagsgesetz

Mit Schreiben vom 22. Juli 2015 wurde der Antragsgegnerin eine befristete vorläufige Erlaubnis nach § 11 GastG zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft erteilt, mit Bescheid vom 19. Oktober 2015 die gaststättenrechtliche Vollerlaubnis.

Laut der Behördenakte kam es ab Spätsommer 2015 wiederholt zu Beschwerden von Nachbarn wegen übermäßigen Lärms des Gaststättenbetriebs gegenüber der Antragsgegnerin bzw. gegenüber der Polizei, zu mehreren Polizeieinsätzen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Gaststätte und zu zahlreichen Verstößen gegen öffentlich-rechtliche Normen, insbesondere gegen das Rauchverbot in Gaststätten, gegen die Verpflichtung zum Preisaushang und gegen das Sonn- und Feiertagsgesetz.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2017 wurde die gaststättenrechtliche Erlaubnis der Antragstellerin wegen Unzuverlässigkeit nach erfolgter Anhörung widerrufen. Das Einstellen des Geschäftsbetriebs wurde mit sofortiger Vollziehung und Androhung des unmittelbaren Zwangs angeordnet.

Die Antragstellerin wendet sich gegen den mit Sofortvollzug verfügten Widerruf ihrer Gaststättenerlaubnis – erfolglos.

Entscheidungsgründe

  • Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Widerrufsbescheids ist von der Antragsgegnerin in § 80 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) genügender Weise begründet worden. Sie hat die Anordnung der sofortigen Vollziehung insbesondere auf die Gefährdung des Schutzes der Nachbarn und der öffentlichen Ordnung gestützt. Damit liegt eine einzelfallbezogene Begründung der Vollzugsanordnung vor.
  • Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheids überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Widerrufsverfügung. Das Verhalten der Antragstellerin – nachhaltige und hartnäckige Verstöße gegen das Rauchverbot und gegen lebensmittelrechtlichen Anforderungen – gefährdet die menschliche Gesundheit, die zu den besonders wichtigen Gemeinschaftsgütern gehört, sodass auch im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG die Anordnung der sofortigen Vollziehung ausnahmsweise gerechtfertigt ist.
  • Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 15 Abs. 2 GastG. Danach ist die Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die die Versagung der Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG rechtfertigen würden. Als unzuverlässig ist im Allgemeinen ein Gewerbetreibender dann anzusehen, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt, d.h. im Einklang mit dem geltenden Recht. Erforderlich ist eine Prognose aus den vorhandenen tatsächlichen Umständen auf das wahrscheinliche zukünftige Verhalten des Gewerbetreibenden. Maßgebend für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Gaststättenwiderrufs ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung.
  • Die Zuverlässigkeit eines Gastwirts wird unter anderem infrage gestellt, wenn er wegen einer Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld belegt worden ist. Dies gilt namentlich dann, wenn diese Ordnungswidrigkeiten mit einer Reihe von schwerwiegenderen Rechtsverstößen zusammenfallen, die in ihrer Häufung eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellen und für die der betreffende Gastwirt verantwortlich ist (was hier der Fall ist). Daneben können bei der Überprüfung der Zuverlässigkeit eines Gastwirts laufende strafrechtliche Ermittlungsverfahren, bloße Anzeigen, Berichte und Beschwerden, die gegen ihn erstattet bzw. erhoben worden sind, berücksichtigt werden. Ferner bietet ein Gastwirt nicht die Gewähr für ein ordnungsgemäßes Betreiben seiner Gaststätte, wenn er nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht willens bzw. nicht in der Lage ist, seinen Betrieb in Übereinstimmung mit den Anforderungen öffentlich-rechtlicher Normen zu führen. Ein Gastwirt ist ferner als unzuverlässig anzusehen, wenn er nicht verhindert, dass der seiner Gaststätte zuzurechnende Lärm zu erheblichen Belästigungen der Nachbarschaft führt.
  • Für die Prognose der Unzuverlässigkeit bedarf es keiner überwiegenden Wahrscheinlichkeit, sondern es reichen ernsthafte Zweifel an der ordnungsgemäßen Gewerbeausübung. Da die Überprüfung im Rahmen der Gefahrenabwehr erfolgt, ist es unerheblich, ob den Gastwirt bzgl. der die Unzuverlässigkeit begründenden Umstände ein Verschulden trifft.
  • Hiervon ausgehend lässt das bisherige Verhalten der Antragstellerin nicht erwarten, dass sie ihre Gaststätte in der Zukunft im Einklang mit der Rechtsordnung betreiben wird. Diese Beurteilung stützt sich auf den Gesamteindruck des bisherigen Verhaltens der Antragstellerin.
  • Weiterhin erfüllt die Antragstellerin nur dann ihre Pflichten als Gastwirtin, wenn sie dafür Sorge trägt, dass der von ihrem Betrieb ausgehende Lärm die Immissionsrichtwerte der dem Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche dienenden Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA-Lärm – einhält. Auch dieser Verpflichtung kam die Gastwirtin nicht nach.
  • Zur Durchsetzung des Widerrufs der gaststättenrechtlichen Erlaubnis hat die Antragsgegnerin rechtmäßig die getroffene Anordnung der Betriebsschließung gemäß § 31 GastG i.V.m. § 15 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) verfügt, um die unverzügliche Betriebseinstellung zu erreichen.

 

Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)