15.06.2022

Entfernen einer Skulptur aus öffentlichem Straßenraum ohne vorausgehende Anordnung?

Eine Initiative wollte an den Völkermord an den Armeniern während des 1. Weltkrieges erinnern und stellte eine Skulptur auf, die von der Stadt in kürzester Zeit entfernt wurde. Das VG Köln (Beschl. vom 05.05.2022, Az. 21 L 700/22) musste entscheiden, ob dies rechtens war und die Skulptur wieder aufgestellt werden muss.

Entfernen einer Skulptur

Aufstellen einer Skulptur ohne Erlaubnis

Eine Initiative „Völkermord erinnern“ stellte in einer Stadt in NRW in unmittelbarer Nähe des Reiterstandbildes von Kaiser Wilhelm II eine Skulptur bestehend aus Metallplatten zum Gedenken an den Genozid an den Armeniern auf einem öffentlichen Platz auf. Eine Erlaubnis hierfür wurde nicht eingeholt. Die Stadt entfernte die Skulptur unter Hinweis auf die fehlende straßenrechtliche Erlaubnis.

Die Initiative klagte gegen die Stadt und wollte erreichen, dass die Skulptur wieder aufgestellt wird.

Ist das Aufstellen der Skulptur Sondernutzung?

Nach den Straßengesetzen der Bundesländer (hier § 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG NRW) kann eine Gemeinde bzw. Stadt als Träger der Straßenbaulast den rechtswidrigen Zustand auf Kosten des Pflichtigen beseitigen oder beseitigen lassen, wenn eine Straße ohne die erforderliche Erlaubnis benutzt wird und entsprechende Anordnungen nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand möglich oder nicht erfolgversprechend sind. Nach dieser Vorschrift kann bereits dann eingeschritten werden, wenn eine erforderliche Sondernutzungserlaubnis fehlt, sofern nicht von vornherein ersichtlich ist, dass ein Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis besteht.

Das Aufstellen einer Skulptur ist als Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch hinaus und damit als Sondernutzung i. S. der Straßengesetze der Bundesländer (hier § 18 StrWG NRW) anzusehen. Die Initiative verfügt hingegen über keine Sondernutzungserlaubnis.

Liegt ein Fall der (erlaubnisfreien) kommunikativen Nutzung vor?

Weder die Meinungs- noch die Kunstfreiheit schützen das Recht, an beliebigen Stellen sperrige Gegenstände aufzustellen, die dauerhaft in den öffentlichen Straßenraum hineinragen, bezog das VG eindeutig Stellung. Denn solche sperrigen Gegenstände lösen Nutzungskonflikte aus, die im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens abgearbeitet werden müssen, so das Gericht weiter. Die Folge: Das Aufstellen der Skulptur kann daher nicht im Rahmen der sog. kommunikativen Nutzungen vor dem Hintergrund der Meinungs- oder Kunstfreiheit als Gemeingebrauch angesehen werden.

Durfte die Skulptur entfernt werden?

Dann prüfte das VG, ob der Erlass einer Anordnung zum Entfernen der Skulptur an die Initiative im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr nicht erfolgversprechend war und entschied: Die Initiative hätte sich gegen eine solche Anordnung sicherlich wie auch nachträglich geschehen gerichtlich gewehrt. Das Entfernen der Skulptur hätte sich in die Länge gezogen und sich als „leere Förmelei“ dargestellt. Mithin war hier der Erlass einer Anordnung an die Initiative im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr nicht erfolgversprechend und das Entfernen der Skulptur ohne die Anordnung geboten.

Ergebnis

Die Klage der Initiative wurde abgewiesen, denn es sei „nicht angängig, sperrige Gegenstände ohne die Erteilung einer straßenrechtlichen Erlaubnis einfach so in den öffentlichen Straßenraum zu stellen“.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)