04.01.2019

Verwahrloste Igel-Arche – Was die Ordnungsbehörde hätte tun müssen

In guter Absicht wurde vor Jahren eine Igel-Auffangstation in Betrieb genommen. Unzählige Tierfreunde gaben aufgefundene Igel in der Auffangstation ab und glaubten, ein gutes Werk getan zu haben. Die tierfreundliche Aktion endete in der totalen Verwahrlosung.

Igel-Arche Igel-Auffangstation

Vor Jahren gründete ein „Igelflüsterer“, wie er sich selbst nannte, eine Arche für aufgefundene Igel in einer Stadt in Nordhessen und wählte für sie die Zusatzbezeichnung „weltweite einzige Forschungsstation“. Mit den Igeln besuchte der Tierfreund Schulen in der Region und bereicherte mit den niedlichen Tieren den tristen Schulunterricht. Er veranstaltete einen Tag der offenen Tür im Garten und nahm sogar am „Maus-Türöffner-Tag“ der Sendung mit der Maus teil. Besucher konnten einen Blick hinter die Kulissen der Igel-Arche werfen, in der ungefähr 150 Igel lebten.

Der äußere Eindruck täuscht

Igel-Arche Igel-AuffangstationVon außen, so das für eine Erlaubnis nach § 11 TierSchG in Hessen zuständige Veterinäramt, war alles in Ordnung. Es ordnete die Auflage an, dass die Igel als Wildtiere nicht dauerhaft in der Arche untergebracht werden dürfen und nach der erforderlichen Pflege wieder in die Natur entlassen werden müssen.

Nachdem das Veterinäramt Hinweise darauf erhielt, dass sich der Betreiber der Igel-Arche nicht an die Auflagen hielt, wurde ein Kontrollbesuch durchgeführt. Amtstierärzten und Mitarbeitern des Amtes bot sich ein grauenhaftes Bild:

  • Zahlreiche Igel befanden sich in viel zu kleinen Plastikwannen übereinander gestapelt.
  • Ein Teil der Tiere lief auf dem über und über mit Igelkot bedecktem Fußboden in der Wohnung frei herum. Viele Igel hatten deswegen Entzündungen an ihren Pfoten.
  • Kranke Tiere wurden nicht behandelt und gesunde Igel nicht ausgewildert. Die Tiere vermehrten sich in der Arche ungehemmt.
  • Das Futter war zum Teil mit Schimmel überzogen, einige Tiere befanden sich in Agonie.
  • Überall lagen massenhaft tote Tiere herum.
  • Holzhäuschen wurden zur Todesfalle für die Tiere. Sie konnten die Holzhäuschen nicht mehr verlassen, weil mehrere Paletten Dosenfutter darauf gestapelt waren.

Das Ende der Igel-Arche

Igel-Arche Igel-AuffangstationDas Veterinäramt untersagte dem „Igelflüsterer“ den weiteren Betrieb der Igel-Arche, schloss die Igel-Sammelstation, nahm 95 Igel in Obhut, übergab die Tiere einem Tierheim und stellte eine Anzeige wegen Tierquälerei.

Und dann geschah über ein Jahr lang nichts. Die verwahrloste Igel-Arche blieb in dieser Zeit in dem völlig verwahrlosten Zustand. Erst als der Besitzer des Hauses sein Anwesen verkaufen wollte, wurde Jochen Radtke, ein staatlich geprüfter Desinfektor und zertifizierter Tatortreiniger (www.think-care.de) mit der Entrümpelung und Desinfektion der Igel-Arche beauftragt.

Das Ordnungsamt hat in diesem Fall nichts unternommen, weil (so die Begründung) mit dem Verschließen der Wohnung die Gefahr gebannt ist.

Hätte das Ordnungsamt tätig werden müssen?

Animalhoarding

Igel-Arche Igel-AuffangstationIm vorliegende Fall liegt ein klassischer Fall von „Animalhoarding“ vor. Das „Animalhoarding“ ist mit dem Messisyndrom verwandt und besteht in dem Horten von Tieren. Aufgrund einer psychischen Erkrankung läuft die Tierliebe aus dem Ruder (nähere Ausführungen siehe http://www.tierschutzbund.de).

Die betreffende Person befindet sich im Zustand der Dissozialität. Der Müll und die gehorteten Tiere entlasten von seelischen Problemen.

Gesundheitsgefahren

Mit Bergen von Müll, in diesem Fall auch mit Tierkadavern und hohen Mengen von Tierkot, sind auch Gesundheitsgefahren verbunden, die auch zum Entstehen übertragbarer Krankheiten führen können.

Daher ist auf jeden Fall das Gesundheitsamt einzuschalten, welches die betreffende Wohnung daraufhin untersuchen muss, ob Gegenstände mit nach dem IfSG meldepflichtigen Krankheitserregern behaftet sind und Anhaltspunkte dafür vorliegen, die eine Weiterverbreitung der Krankheit befürchten lassen.

Ausreichend hierfür ist bereits der bloße Verdacht einer drohenden Gefahr (§ 16 Abs. 1 IfSG). Ist eine Krankheit deswegen ausgebrochen, wird das Gesundheitsamt weiter nach § 25 IfSG tätig.

§ 16 Abs. 2 IfSG

§ 16 Abs. 2 IfSG regelt die Befugnisse der Ordnungsbehörde und des Gesundheitsamts sowie die Auskunftspflicht für alle Personen, die Auskünfte erteilen können. Auf dieser Grundlage ordnet die Ordnungsbehörde (soweit nach dem Landesrecht zuständig) Maßnahmen, z.B. Feststellen von Infektionsrisiken, Reinigen der belasteten Gegenstände, auf Vorschlag des Gesundheitsamts an.

Ergebnis

Die hygienischen Zustände waren laut Veterinäramt unerträglich. Unzählige Tierkadaver, Essensreste, Unmengen von Tierkot, teilweise zentimeterdick auf dem Fußboden haftend, sind konkrete Anhaltspunkte für Gesundheitsgefahren, das Auftreten und Verbreiten von Krankheitserregern. Das Ordnungsamt hätte auf jeden Fall veranlassen müssen, dass die verwahrloste Wohnung vom Gesundheitsamt untersucht wird und entsprechend dem Ergebnis der Untersuchung Maßnahmen treffen müssen.

Hinweis

Hilfestellung in gleich gelagerten Fällen gibt der staatlich geprüfte und zertifizierte Desinfektor und Tatortreiniger Jochen Radtke (www.think-care.de), Mobil 01575-1107778.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)