27.04.2017

Ratten- und Kakerlakenbefall in einem Apartmenthaus

In einem Haus mit 203 Wohnungen in einer nordhessischen Großstadt musste das Ordnungsamt eingreifen, um gegen den Befall von Ungeziefer vorzugehen. Einige Eigentümer von Wohnungen verweigerten die Kooperation im Kampf gegen die Schädlinge. Mit welchen Maßnahmen konnten die Schädlinge bekämpft werden?

Kakerlaken

15 Eigentümer von Wohnungen in einem Haus mit 203 Apartments haben durch Untätigkeit hauptsächlich dazu beigetragen, dass sich auf den Balkonen Tauben eingenistet haben, Wohnungen mit Kakerlaken befallen wurden und im Hinterhof eine Rattenplage eingetreten ist. Wer meint, in einer Großstadt mit über 200.000 Einwohnern seien solche Zustände undenkbar, sollte bedenken: Lassen einzelne Wohnungseigentümer mangelnde hygienische Verhältnisse zu, bevölkern Schädlinge sehr schnell Wohnungen und, wenn sie nicht gestoppt werden, ganze Gebäude.

Wie kam es zum Schädlingsbefall?

  • 20 m2 große Wohnungen sind – meist zu überteuerten Preisen – an bis zu 10 Bulgaren vermietet, die andere Hygienevorstellungen haben als Mitteleuropäer.
  • Müll wird einfach aus dem Fenster geworfen, Sanitäranlagen werden abmontiert.
  • Manche Bewohner verrichten ihre Notdurft im Treppenhaus oder in den Fluren.
  • Einige Eigentümer von Wohnungen kümmern sich nicht um diese Probleme. Sie kassieren die überhöhten Mieten und mehr nicht.
  • Gäste eines nahegelegenen Lokals suchen die Hauseingänge auf, um sich dort einen Schuss zu setzen. Die Polizei, so der Vorwurf der Hauseigentümergemeinschaft, schaue diesem Treiben tatenlos zu.

Innenhof des Appartmenthauses
Innenhof des Appartmenthauses

Eingangsbereich des Appartmenthauses
Eingangsbereich des Appartmenthauses

Tauben Brüten in Nischen im Außenbereich
Tauben Brüten in Nischen im Außenbereich

Tauben auf einem Balkon
Tauben auf einem Balkon

Unrat und Dreck, der Schädlingen eine neue Heimat gibt
Unrat und Dreck, der Schädlingen eine neue Heimat gibt

Gerümpel - Wohnraum für Schädlinge
Gerümpel – Wohnraum für Schädlinge

Hausflur, in dem Schädlinge unterwegs sind
Hier ist man lieber nicht willkommen, denn Schädlinge sind in den Fluren unterwegs.

Türe einer verwahrlosten Wohnung
Türe einer verwahrlosten Wohnung

Türe einer verwahrlosten Wohnung
Türe einer verwahrlosten Wohnung

Rattenlöcher im Außenbereich
Rattenlöcher im Außenbereich

Futterkasten, der auf Ratten schließen lässt
Im Außenbereich lässt dieser Futterkasten auf Ratten schließen.

Von Nagern zerstörte Hausfassade
Von Nagern zerstörte Fassade des Nachbarhauses

Welche Gefahrensituationen können durch mangelnde hygienische Verhältnisse entstehen?

Viele Schädlinge, z.B. Motten, Schaben, Asseln, Ratten, Mäuse, Käfer, Wanzen, Milben, Läuse oder Kakerlaken, leben im Bereich feuchter Wände und Böden, in Dämmstoffen sowie in Ritzen von Holz, Ziegel und Beton. Diese Tiere ernähren sich vielfältig und vermehren sich stark. Sie sind teilweise auch hygienisch gefährlich, da sie Krankheits- und Fäulniskeime auf Lebensmittel und auf den Menschen übertragen können. Ihre Eier (meist in Wurmform) sind eine zusätzliche Gefahrenquelle.

Nach den Schädlingsbekämpfungsverordnungen der Bundesländer, z.B. § 1 der Schädlingsbekämpfungsverordnung des Landes Hessen (SchädlBekVO), ist der Grundstückseigentümer verpflichtet, der Gemeinde unverzüglich Anzeige zu erstatten, wenn er den Befall einer Wohnung oder des Grundstücks mit tierischen Schädlingen feststellt, durch die Krankheitserreger verbreitet werden können.

Zusätzlich zur Anzeige hat der Grundstückseigentümer eine Bekämpfung der Schädlinge durchzuführen, vgl. z.B. §§ 3 bis 7 SchädlBekVO.

Ist der Schädlingsbefall in einem Privathaus ein Fall für das Ordnungsamt?

Die Gemeinde hat bei der Zuwanderung von Schädlingen deren Herd zu ermitteln und dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Bekämpfungsmaßnahmen durchgeführt werden, vgl. § 2 SchädlBekVO. Hierzu können Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung angeordnet werden.

Kommt der Grundstückseigentümer seiner Verpflichtung zum Treffen von Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung nicht nach, kann das Ordnungsamt zum Durchsetzen dieser Maßnahmen eine Verfügung auf der Grundlage der Befugnisklausel des Polizei- bzw. Ordnungsbehördengesetzes erlassen. Der Grundstückseigentümer ist als Verhaltensstörer anzusehen, weil er einer gesetzlichen Handlungspflicht nicht nachkommt.

Festgestellte Gesundheitsgefahren

Werden Tatsachen festgestellt, die zum Auftreten einer übertragbaren Krankheit (vgl. §§ 24, 6, 34 IfSG) führen können, oder ist anzunehmen, dass solche Tatsachen vorliegen, ist die zuständige Behörde (Ordnungsbehörden oder wie z.B. in Hessen das Gesundheitsamt) verpflichtet, nach § 16 IfSG Maßnahmen zu ergreifen, um die Gesundheitsgefahren zu beseitigen und deren Verbreitung zu verhindern.

Maßnahmen nach § 17 IfSG

Wird festgestellt, dass Gegenstände mit nach dem IfSG meldepflichtigen Krankheitserregern behaftet sind, und liegen Anhaltspunkte vor, die eine Weiterverbreitung der Krankheit befürchten lassen, müssen die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um Gefahren, die von den Gegenständen ausgehen, abzuwenden.

Anordnen von behördlichen Maßnahmen

Kommt der Eigentümer des Grundstücks bzw. der Inhaber der Wohnung den genannten Verpflichtungen nicht nach, kann das Gesundheits- bzw. Ordnungsamt entsprechend §§ 16, 17 IfSG Maßnahmen zur Gefahrenabwehr anordnen. Diese können vollstreckt werden.

Wer trägt die Kosten?

Der Verantwortliche trägt die Kosten der Entrümpelung sowie der Grundreinigung. Das ist im Regelfall der Mieter. Die Kosten können auch vom Vermieter gefordert werden.

Duldungsverfügung an den Mieter erlassen

Nach dem Mietrecht ist es dem Vermieter verwehrt, die verwahrloste Wohnung des Mieters zu betreten. Damit die Schädlingsbekämpfung bzw. Entrümpelung und Grundreinigung behördlich durchgeführt werden kann, muss parallel zur Verfügung an den Vermieter eine Duldungsverfügung an den Mieter erlassen werden.

Können die Miteigentümer des Gebäudes gegen die untätigen Eigentümer vorgehen?

Grundsätzlich ist die Eigentümergemeinschaft in einem Mehrfamilienhaus unauflöslich, da das Eigentum staatlich geschützt ist (Art. 14 GG). Das Wohneigentumsgesetz (WEG) eröffnet aber mit seinem § 18 die Möglichkeit, einem Miteigentümer das Eigentum an dem Gebäude zu entziehen.

Trennt sich der Wohnungseigentümer nicht von der Wohnung, kann ihn die Eigentümergemeinschaft verklagen (Entziehungsklage). Gibt das Gericht der Entziehungsklage statt, muss der Wohnungseigentümer seine Wohnung veräußern. Andernfalls wird sie zwangsversteigert.

 

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)