21.11.2016

Darf Bargeld sichergestellt werden?

Unter welchen (engen) gesetzlichen Voraussetzungen Bargeld sichergestellt werden darf, erläutert das OVG Bremen in seinem Urteil vom 19.04.2016 (Az. 1 LB 200/15).

Bargeld

Bargeld bei Wohnungsdurchsuchung sichergestellt

Bei einer Wohnungsdurchsuchung in Bremen wurden ca. 60 kg Kokain und Bargeld in Höhe von 7.150 Euro gefunden. Das Stadtamt Bremen ordnete mit einer Verfügung das Sicherstellen des Bargelds an. Kurze Zeit später meldete sich eine Person, die angab, der Bruder des Wohnungsinhabers zu sein. Er habe seinem Bruder das Bargeld zum Aufbewahren anvertraut. Das Geld stamme aus dem Verkauf eines Pkws und einer Entschädigung einer Versicherung aus einem Verkehrsunfall.

Das Stadtamt Bremen erließ eine Verfügung gegen den Bruder des Wohnungsinhabers, mit der die Sicherstellung des Bargeldbetrags von 7.150 Euro angeordnet, ein Verfügungsverbot erlassen sowie die Einziehung des Geldbetrags mit Eintritt der Bestandskraft der Verfügung angeordnet wurde.

Der Bruder des Wohnungsinhabers klagte gegen diese Verfügung.

Die Gerichtsentscheidung

§ 23 Nr. 2 BremPolG

Rechtsgrundlage der Sicherstellung ist § 23 Nr. 2 BremPolG. Nach dieser Vorschrift (und den entsprechenden Normen in den Ordnungs- und Polizeibehördengesetzen der Bundesländer) darf eine Sache sichergestellt werden, wenn dies erforderlich ist, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren.

Gegenwärtige Gefahr

Eine gegenwärtige Gefahr ist eine Sachlage, bei der die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder bei der diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Die lediglich hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts genügt nicht.

Im Unterschied zur konkreten Gefahr erfordert die gegenwärtige Gefahr eine besondere zeitliche Nähe und einen besonders hohen Grad an Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Die Gefahrenprognose muss eine hohe Sicherheit aufweisen.

Hinreichend verlässliche tatsächliche Grundlage fehlt

Eine solche Gefahr war im Zeitpunkt der Sicherstellung des Bargelds durch das Stadtamt nicht gegeben. Der Annahme des Stadtamts, der Geldbetrag wäre ohne die Sicherstellung in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für strafbare Zwecke verwandt worden, fehlt eine hinreichend verlässliche tatsächliche Grundlage.

Ergebnis

Das OVG Bremen hob die Verfügung des Stadtamts Bremen auf und verpflichtete das Stadtamt, das Bargeld dem Bruder des Wohnungsinhabers auszuhändigen.

Das Urteil können Sie >>> hier abrufen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)