16.03.2018

Wann ist Bewirtung in Tankstelle ein selbstständiger Gaststättenbetrieb?

Ein Gewerbeamt hob eine Geeignetheitsbestätigung auf, die für ein Bistro in einer Tankstelle erteilt worden war. Das OVG Magdeburg (Beschl. vom 18.01.2018, Az. 1 M 156/17) hatte zu prüfen, ob das Bistro ein selbstständiger Gaststättenbetrieb ist.

Bewirtung Tankstelle selbstständiger Gaststättenbetrieb

In einer Tankstelle hatte der Inhaber in einer Ecke des Verkaufsraums ein Café/Bistro eingerichtet. Der für das Kassieren der Tankrechnungen angestellte Mitarbeiter war auch für das Kassieren im Café/Bistro zuständig. Hinter einer Tür befand sich ein Raucherraum. Außerdem waren Geldspielgeräte aufgestellt. Eine Geeignetheitsbescheinigung gem. § 33c Abs. 3 GewO wurde vor sieben Jahren erteilt.

Das Gewerbeamt hob die Geeignetheitsbescheinigung nach einer Ortsbesichtigung mit der Begründung auf, der Aufstellungsraum würde nicht die Voraussetzungen einer Schank- oder Speisewirtschaft i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV erfüllen. Er sei kein selbstständiger Gaststättenbetrieb.

Gegen den Bescheid klagte der Betreiber der Tankstelle.

Entscheidungsgründe

  • Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV darf ein Geldspielgerät u.a. nur in Räumen von Schank- oder Speisewirtschaften aufgestellt werden, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden.
  • Das Aufstellen eines Geldspielgerät ist nach § 33c Abs. 3 GewO nur erlaubt, wenn die zuständige Behörde schriftlich bestätigt hat, dass der Aufstellungsort den auf der Grundlage von § 33f Abs. 1 Nr. 1 erlassenen Durchführungsvorschriften entspricht.
  • Vorliegend handelt es sich um einen Mischbetrieb.
  • Zweifelhaft ist es, ob das in der Ecke des Verkaufsraums der Tankstelle eingerichtete Café/Bistro als Schank- oder Speisewirtschaft i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 SpielV anzusehen ist.
  • Bei gemischt gewerblicher Nutzung von Räumlichkeiten bedarf es der Feststellung eines „selbständigen“ Gaststättenbetriebes i.S.d. SpielV. Wird eine Räumlichkeit verschieden gewerblich genutzt, muss dem Gastronomiebereich eine „prägende“ Bedeutung am konkreten Standort zukommen, damit der Gaststättenbetrieb als „selbstständig“ angesehen werden kann.
  • Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss vom 18. März 1991, Az. 1 B 30.91, darauf hingewiesen, dass die bloße Nebenleistung eines gastronomischen Angebots nicht ausreichend ist, um den Begriff einer Schank- oder Speisewirtschaft i.S.d. SpielV zu erfüllen.
  • Im vorliegenden Fall ist der gewerblichen Nutzung des Cafés/Bistros als Schank- oder Speisewirtschaft nach dem Gesamteindruck mangels räumlicher und optischer Abgrenzbarkeit zur sonstigen Nutzung der Tankstation sowie mit Blick auf die für alle vor Ort ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten gemeinsam genutzte „Tankkasse“ und die Abrechnung durch einen „Kassierer“ nur eine untergeordnete Bedeutung beizumessen.
  • Aus den oben angeführten Gründen lässt sich die „Selbstständigkeit“ der Schank- oder Speisewirtschaft i.S.d. SpielV nicht feststellen.

Ergebnis

Die Voraussetzungen zum Erteilen einer Geeignetheitsbescheinigung gem. § 33c Abs. 3 GewO lagen nicht vor. Der Widerruf der erteilten Geeignetheitsbescheinigung erging folglich rechtmäßig. Die Klage des Tankstellenbetreibers gegen den Widerruf der Geeignetheitsbescheinigung wurde abgewiesen.

Der Beschluss ist abrufbar unter http://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/jportal/portal/t/buq/page/bssahprod.psml?doc.hl=1&doc.id=JURE180002510&showdoccase=1&doc.part=L&paramfromHL=true

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)