06.02.2019

Belästigung durch Obdachlosen: Gefahr für Sicherheit und Ordnung?

Stellt das Verhalten eines eingewiesenen Obdachlosen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, sind eine Beendigung der Einweisung und ein Räumungsbescheid rechtmäßig (VG München, Beschluss vom 10.12.2018, Az. M 22 S 18.5752).

Belästigung durch Obdachlosen

Obdachlosigkeit: Unterbringung unbegleiteter heranwachsender Flüchtlinge

Dem Antragsteller wurde zur Vermeidung von Obdachlosigkeit eine von der Antragsgegnerin angemietete Wohnung zugewiesen. Die Aufnahme wurde in der Folge mehrfach verlängert. Die Unterbringung des Antragstellers erfolgte entsprechend der städtischen Satzung zur Unterbringung unbegleiteter heranwachsender Flüchtlinge.

Obdachloser belästigt Nachbarn

Der Vermieter der Wohnung informierte die Behörde über Beschwerden der Nachbarin des Antragstellers hinsichtlich dessen Verhaltens (Aggressivität, Beschuldigungen, Belästigungen, Sachbeschädigungen, Annäherungsversuche).

Ende des Benutzungsverhältnisses

Mit Verfügung beendete die Antragsgegnerin das Benutzungsverhältnis für die zu Unterkunftszwecken angemietete Wohnung durch Verwaltungsakt und ordnete die sofortige Vollziehung an. Die Verfügung wurde mit entsprechenden Verwaltungszwangsmitteln versehen. Als Rechtsgrundlage der Verfügung wurden die Vorschriften der städtischen Satzung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung aufgeführt.

Hinsichtlich einer anschließenden Unterbringung werde dem Antragsteller nahegelegt, sich an die zuständige Stelle bei der Antragsgegnerin zu wenden.

Klage gegen Beendigungs- und Räumungsbescheid

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Beendigungs- und Räumungsbescheid der Antragsgegnerin.

Verwaltungsgericht lehnt Klage des Obdachlosen ab – Gründe

Vollzugsinteresse überwiegt Aussetzungsinteresse

Der zulässige Antrag des Antragstellers auf die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die Beendigungs- bzw. Räumungsanordnung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiegt das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.

Anordnung ausreichend begründet

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung wurde ausreichend begründet.

Die Beendigungs- und Räumungsanordnung begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weder in formeller noch in materieller Hinsicht.

Abwehr von Gefahren für öffentliche Sicherheit und Ordnung

Nach der Benutzungssatzung kann die Antragsgegnerin das Benutzungsverhältnis jederzeit fristlos beenden, wenn es zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Der öffentlichen Sicherheit unterfallen dabei die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der verfassungsmäßigen Ordnung, die Unversehrtheit von bestimmten Individualrechtsgütern, insbesondere Leben, Gesundheit, Freiheit, Eigentum, Vermögen und Ehre, sowie diejenige von Gemeinschaftsgütern wie dem Funktionieren des Staates und seiner grundlegenden Einrichtungen. Zur öffentlichen Ordnung zählt demgegenüber die Gesamtheit der ungeschriebenen Verhaltensregeln für das Verhalten des einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird.

Verhalten des Obdachlosen bietet konkrete Gefahr

Dies zugrunde gelegt, war die Antragsgegnerin vorliegend berechtigt, das Benutzungsverhältnis mit dem Antragsteller aufgrund dessen Verhaltens gegenüber seiner Nachbarin zu beenden. Das Verhalten des Klägers bietet hinreichende Anhaltspunkte, die eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erwarten lassen (wird näher aufgezählt). Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller sein Verhalten künftig ändern würde.

Ende der Unterbringung angemessen, Anschlussunterbringung gestellt

Die Beendigung des Benutzungsverhältnisses erfolgte vorliegend auch ermessensgerecht. Aufgrund des über einen längeren Zeitraum andauernden intensiven Fehlverhaltens des Antragstellers erscheint die sofortige Beendigung der Zuweisung der Wohnung im vorliegenden Fall angemessen. Die Antragsgegnerin hat insbesondere auch berücksichtigt, dass der Antragsteller nach erfolgter Räumung erneut von Obdachlosigkeit bedroht sein dürfte, und ihm bereits eine Anschlussunterbringung in Aussicht gestellt.

Zwangsmittel nicht zu beanstanden

Schließlich sind auch die angedrohten Zwangsmittel rechtlich nicht zu beanstanden (hier Ersatzvornahme und unmittelbarer Zwang). Die Androhung eines Zwangsgeldes ist zur Überzeugung des Gerichts im Fall der Zwangsräumung als milderes Zwangsmittel regelmäßig nicht angezeigt.

Der Beschluss ist abrufar unter http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2018-N-32283

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Autor*in: Georg Huttner (Oberamtsrat a.D. Georg Huttner ist Autor für die Titel Ordnungsamts- und Gewerbeamtspraxis.)