01.04.2019

Braucht man zum Bedienen einer Schranke eine Ausbildung?

Auch wenn das Artensterben (leider) unaufhaltsam voranschreitet, gibt es eine Tierart, die dies mit Gewissheit überleben wird. Die Rede ist vom Amtsschimmel, der in einer Kreisverwaltung im Raum Göttingen laut gewiehert hat.

Bedienen einer Schranke MVAS-Schulung

Um was geht es?

Bedienen einer Schranke MVAS-Schulung

Zwischen den Orten Nieste und Dahlheim wandern im Frühjahr sowie im Herbst Amphibien über eine Landesstraße. Die Straßenverkehrsbehörde des Kreises schilderte im Jahr 2007 die Straße mit dem Zeichen 250 (Verkehrsverbot für Fahrzeuge aller Art) und dem Zusatz „19–7 Uhr“ aus. Zusätzlich wurden zwei Schranken aufgestellt, die zu den Laichzeiten bzw. zu den Zeiten, in denen die Tiere ihre Winterquartiere aufsuchen, abends geschlossen und morgens geöffnet wurden. Schrankenwärter waren zwei Bürger aus der Umgebung. Dies funktionierte bis zum letzten Jahr.

Landkreisverwaltung legt sich nun quer

Die bei dem Landkreis ansässige Straßenverkehrsbehörde untersagte den ehrenamtlichen Helfern das Bedienen der Schranke, weil ihnen die MVAS-Schulung fehlt. Sie durften aber eine Bake auf die Straße stellen, an denen die meisten Autofahrer allerdings vorbeigefahren sind. Ab diesem Jahr dürfen die Ehrenamtlichen nicht einmal die Bake auf die Straße stellen, weil nur Personen mit spezieller Schulung und Schutzkleidung hierzu befugt seien. Die Schranke soll nun abgebaut werden.

Folge: massenhafte Verstöße gegen das Verbot

Die meisten Autofahrer missachten das Verbotszeichen, weil sie nicht den Umweg fahren wollen. Die Höhe des Bußgelds von 20 Euro entfaltet keine abschreckende Wirkung, zumal erst gar nicht kontrolliert wird.

Was ist eine MVAS-Schulung?

Die MVAS-Schulung beruht auf den „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA 95)“. Zum richtigen Umgang mit diesen Richtlinien qualifiziert eine Schulung, deren Inhalte vom Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen in dem „Merkblatt über Rahmenbedingungen für erforderliche Fachkenntnisse zur Verkehrssicherung von Arbeitsstellen an Straßen (MVAS 99)“ vorgegeben wurden.

Hintergrund ist die Pflicht zur Absicherung einer Gefahren- bzw. Baustelle, die sich auf den Straßenverkehr auswirken kann und die ihre Grundlage in der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht hat.

Das bedeutet auf den Punkt gebracht: Für den Bereich innerörtlicher Straßen und Landstraßen kann der Auftraggeber den Nachweis einer eintägigen Schulung des Verantwortlichen (Schulungsgruppe „E“ nach MVAS) verlangen. Er muss es aber nicht.

Ergebnis: Schulung nicht zwingend

Auch wenn sich die Straßenverkehrsbehörde bei der niedersächsischen Straßenbaubehörde (NLStBV) abgesichert und diese das Vorgehen der Straßenverkehrsbehörde abgesegnet hat, ist eine Schulung nach MVAS für das Bedienen einer Straßenschranke nicht zwingend. Die zuständige Straßenverkehrsbehörde will sich vielmehr absichern für einen (sehr theoretischen) Schadensfall, der die Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers (das Land Niedersachsen) betrifft. Aber: Auch wenn der Schrankenwärter nach MVAS geschult wurde, ändert dies nichts an der Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers.

Auf der Strecke bleibt der Artenschutz. Weil sich die meisten Autofahrer nicht an das Verkehrsverbot halten, rechnen Naturschützer mit dem Sterben von Tausenden Fröschen, Kröten und Molchen.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)