15.04.2015

Häufige Fehler bei der Kündigung

Bei jeder Bauphase passieren immer wieder tückische Fehler. Jetzt werden Sie als Auftragnehmer gezielt auf die häufigsten Fehler bei der Kündigung aufmerksam gemacht. Diese Fehler passieren Ihnen nie mehr!

Fehler bei der Kündigung

Im Fall einer Kündigung durch den Auftraggeber können dem Auftragnehmer erhebliche Rechtsnachteile entstehen, wenn er sich mit den Voraussetzungen und den Rechtsfolgen einer Kündigung nicht auskennt. Insbesondere muss der Auftragnehmer jede Kündigung auf die Einhaltung der Kündigungsvoraussetzungen prüfen können. Ansonsten verschenkt er bares Geld.

Als Auftragnehmer sollten Sie die folgenden Fehler unbedingt vermeiden:

Unterscheiden Sie eine Kündigung aus wichtigem Grund und eine freie Kündigung

Der Auftraggeber kann die Kündigung des Vertrags mit dem Auftragnehmer aus wichtigem Grund erklären. Ein solcher Kündigungsgrund liegt i.d.R. in einer Vertragsverletzung des Auftragnehmers, etwa in Verzug oder Mängeln. Besteht der Kündigungsgrund tatsächlich, dann führt die Kündigung zur Vertragsbeendigung und dazu, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber einen etwaigen Schaden zu ersetzen hat. So muss er dem Auftraggeber etwa die Kosten einer Ersatzvornahme bzw. der Fertigung erstatten.

Daneben sieht die VOB/B auch die sog. freie Kündigung vor, die der Auftraggeber jederzeit (auch ohne Kündigungsgrund) erklären kann. Da der Kündigung hier regelmäßig kein Fehlverhalten des Auftragnehmers zugrunde liegt, darf dieser durch die Kündigung nicht schlechtergestellt werden. Deshalb steht dem Auftragnehmer im Fall einer freien Kündigung die volle vereinbarte Vergütung zu. Er muss sich allerdings dasjenige anrechnen bzw. abziehen lassen, was er durch Füllaufträge erlangt bzw. erspart oder anderweitig erworben hat.

Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass der Auftraggeber zwar eine Kündigung aus wichtigem Grund erklären will, tatsächlich aber eine freie Kündigung ausspricht.

Beispiel

Der Auftraggeber meint, der Auftragnehmer befinde sich mit der Fertigstellung in Verzug. Tatsächlich lagen aber Behinderungen vor, die zu einer Verlängerung der Ausführungsfrist geführt haben. Spricht der Auftraggeber hier eine Kündigung wegen vermeintlichen Verzugs aus, bevor die verlängerte Ausführungsfrist abgelaufen ist, so begeht er einen schweren Fehler. Er nimmt zwar an, eine Kündigung aus wichtigem Grund zu erklären, spricht tatsächlich aber eine freie Kündigung aus. Denn die Kündigung aus wichtigem Grund würde Verzug voraussetzen, der hier wegen der Behinderungen tatsächlich nicht vorliegt.

Das bedeutet aber nicht, dass die Kündigung wirkungslos ist. Ganz im Gegenteil wird statt der Kündigung aus wichtigem Grund eine sog. freie Kündigung ausgesprochen. Das hat zur Folge, dass der Auftraggeber etwaige Schadensersatzansprüche oder Ersatzvornahmekosten nicht beim Auftragnehmer geltend machen kann. Ganz im Gegenteil kann der Auftragnehmer die volle vereinbarte Vergütung fordern, obwohl der die Leistungen kündigungsbedingt gar nicht fertiggestellt hat. Der Auftragnehmer muss sich allein das anrechnen lassen, was er kündigungsbedingt erspart oder anderweitig erworben hat.

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Der Auftragnehmer muss deshalb das Vorlegen des Kündigungsgrunds stets kritisch prüfen. Das gilt – wie im obigen Beispielsfall – nicht nur im Fall des Verzugs, sondern auch dann, wenn wegen Mängeln gekündigt wurde. Hier muss der Auftragnehmer im eigenen Interesse das Vorliegen von Mängeln kritisch prüfen. Liegt der vom Auftraggeber der Kündigung zugrunde gelegte Mangel tatsächlich nicht vor, so spricht der Auftraggeber letztlich wiederum eine freie Kündigung (mit den o.g. Rechtsfolgen) aus.

Prüfen Sie stets das Vorliegen der formellen Voraussetzungen einer Kündigung aus wichtigem Grund

Die Kündigung des Bauvertrags aus wichtigem Grund soll auch bei Vertragsverstößen des Auftragnehmers immer nur das „letzte Mittel“ Nur dann, wenn der Auftragnehmer sich nachhaltig weigert, sich vertragsgemäß zu verhalten, darf die Kündigung erklärt werden.

Deshalb muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer im Fall von Vertragsverstößen zunächst einmal die Gelegenheit geben, den Vertragsverstoß zu beenden bzw. zu beseitigen. Soll etwa wegen Mängeln gekündigt werden, so muss dem Auftragnehmer in jedem Fall eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt werden.

Das Gleiche gilt für den Verzug mit der Fertigstellung. Selbst wenn vereinbarte Fristen überschritten sind, muss dem Auftragnehmer unter Androhung der Kündigung noch einmal eine letzte Gelegenheit gegeben werden, die Fertigstellung nunmehr kurzfristig nachzuholen.

Zudem muss die Kündigung angedroht werden, um dem Auftragnehmer den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Ihm muss noch einmal verdeutlicht werden, dass die Kündigung als letztes Mittel droht, wenn er Mängel nun nicht endlich beseitigt bzw. die Leistung fertigstellt.

Das bedeutet, dass bei einer Kündigung aus wichtigem Grund (§ 8 Abs. 3 VOB/B)

  • zunächst einmal der Kündigungsgrund (Mangel, Verzug o.Ä.) vorliegen
  • muss,dem Auftragnehmer eine Nachfrist unter Kündigungsandrohung gesetzt und
  • nach Fristablauf die Kündigung auch erklärt wurde.

Das wird in der Praxis häufig von Auftraggebern nicht beachtet. Insbesondere fehlt es häufig an einer Kündigungsandrohung vor dem eigentlichen Ausspruch der Kündigung. Werden die Kündigungsformalien (Nachfristsetzung unter Kündigungsandrohung) nicht beachtet, so ist die vermeintliche Kündigung aus wichtigem Grund tatsächlich eine freie Kündigung. Der Auftraggeber kann dann die Ersatzvornahmekosten nicht beim Auftragnehmer geltend machen. Er muss diesem vielmehr die volle vereinbarte Vergütung abzüglich Erspartem und anderweitigem Erwerb zahlen.

Nehmen Sie zu kurze Fristen nicht hin

Im Fall der Fristsetzung zur Mängelbeseitigung muss die Frist so bemessen sein, dass es einem ernsthaft bemühten Auftragnehmer möglich ist, den Mangel innerhalb dieser Frist zu beseitigen. Entgegen weitverbreiteter Ansicht gibt es hier keine feststehenden Fristen, schon gar nicht ist ein Zeitraum von z.B. zwei Wochen immer angemessen. Vielmehr hängt es von der konkreten Art des Mangels ab, welche Frist dem Auftragnehmer zur Mängelbeseitigung zur Verfügung stehen muss.

Das Gleiche gilt für den Fall des Verzugs mit der Leistungserbringung. Auch hier muss die Frist natürlich ausreichend sein. Der Auftragnehmer muss die noch ausstehenden Leistungen innerhalb der gesetzten Nachfrist tatsächlich erbringen können.

Geht es um eine Nachfrist (also eine zweite Frist zur Mängelbeseitigung oder zur Fertigstellung), so kann die Frist kürzer bemessen werden. Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass dem Auftragnehmer durch die erste Fristsetzung bereits ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung stand. Die zweite Frist muss dann nicht für sich genommen noch einmal ausreichend sein, um die Arbeiten (Mängelbeseitigung bzw. Fertigstellung) zu erbringen.

Ist die Frist oder die Nachfrist zu kurz bemessen worden, so kann es sein, dass der Auftraggeber „zu früh“ kündigt. Erklärt er die Kündigung vor Ablauf angemessener Fristen, so wird seine vermeintliche Kündigung aus wichtigem Grund wiederum in eine freie Kündigung umgedeutet.

Der Auftraggeber erklärt die Kündigung einer nicht in sich abgeschlossenen Teilleistung

Die VOB/B sieht grundsätzlich die Möglichkeit vor, nur eine Teilkündigung auszusprechen, statt den gesamten Vertrag zu beenden. Eine solche Teilkündigung kann sinnvoll sein, wenn der Auftraggeber nur mit ganz bestimmten Leistungen des Auftragnehmers unzufrieden ist, dieser aber im Übrigen alle weiteren Leistungen noch erbringen soll. Das kann z.B. bei einzelnen Mängeln der Fall sein oder bei Lieferschwierigkeiten (Verzug) des Auftragnehmers mit ganz bestimmten Teilleistungen.

Indes sind Teilkündigungen beim VOB/B-Vertrag nicht generell, sondern nur in Ausnahmefällen zulässig. Eine Kündigung kann nämlich nur dann erklärt werden, wenn ein „in sich abgeschlossener Teil der vertraglichen Leistung“ betroffen ist.

Vereinfacht ausgedrückt liegt ein solcher Leistungsteil nur dann vor, wenn die jeweilige Leistung vom Auftraggeber gesondert bzw. für sich genommen in Betrieb genommen werden kann. Der BGH hat zuletzt betont, dass er dies letztendlich nur bei kompletten Gewerken für gegeben ansieht. So wird man als Auftraggeber z.B. eine getrennte Heizungsanlage kündigen können, auch wenn der Auftragnehmer daneben mit der Herstellung einer (technisch eigenständigen) Lüftungsanlage beauftragt wurde. Dagegen ist eine Teilkündigung nicht möglich, wenn der Errichter einer Heizungsanlage z.B. Rohre falsch gedämmt oder Heizkörper falsch eingebaut hat. Diese Leistungen kann ein Auftraggeber nicht für sich genommen eigenständig in Betrieb nehmen.

Beachtet der Auftraggeber dies nicht, so drohen wiederum die Rechtsfolgen einer sog. freien Kündigung.

Keine Ersatzvornahme vor Kündigung!

Die VOB/B sieht zwar das Recht des Auftraggebers vor, im Fall von Mängeln eine Ersatzvornahme durchführen (also den Mangel selbst oder durch eine Drittfirma beseitigen) zu lassen. Häufig wird allerdings übersehen, dass dieses Recht auf Ersatzvornahme dem Auftraggeber erst

  • nach Abnahme oder
  • nach Kündigung des Bauvertrags

zusteht.

Vor der Abnahme bzw. vor Kündigung des Vertrags hat der Auftraggeber kein Recht auf eine Ersatzvornahme. Führt er diese „zu früh“ durch, so muss er deren Kosten selbst tragen. Er kann die Ersatzvornahmekosten nicht beim Auftragnehmer geltend machen und insbesondere auch nicht von dessen Schlussrechnung abziehen.

Der Auftragnehmer nimmt die Abhilfeanordnung nicht ernst

Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass der Auftraggeber sich schon in der Bauphase bewusst darüber wird, dass der Auftragnehmer den Fertigstellungstermin nicht halten wird. Die VOB/B stellt ihm für diesen Fall das „Handwerkszeug“ zur Verfügung, um auf diese Situation frühzeitig zu reagieren.

So sieht § 5 Abs. 3 VOB/B vor, dass der Auftraggeber bei sich abzeichnenden Terminüberschreitungen vorsorglich reagieren kann. Nach der Vorschrift kann der Auftraggeber verlangen, dass der Auftragnehmer seine Kapazitäten auf der Baustelle (Personal, Geräte usw.) so aufstockt, dass die Einhaltung der Termine sichergestellt ist.

Für eine solche Abhilfeanordnung können vergleichsweise kurze Fristen gesetzt werden. Denn die gesetzte Frist bezieht sich nicht etwa auf die Fertigstellung der Leistungen, sondern auf die Verstärkung der Kapazitäten. Diese kann regelmäßig innerhalb von zwei bis fünf Werktagen gefordert werden.

Eine Abhilfeanordnung ist immer dann zulässig, wenn die derzeitige Baustellenbesetzung ernsthaft befürchten lässt, dass der Termin nicht gehalten wird. Bei dem jeweiligen Termin muss es sich nicht unbedingt um einen verbindlichen Vertragstermin handeln. Hier genügt auch die Gefährdung sog. einfacher Kontrollfristen.

Kommt der Auftragnehmer der Abhilfeanordnung nicht nach, so kann der Auftraggeber (unter Nachfristsetzung und Kündigungsandrohung) sich vom Vertrag lösen, d.h. die Kündigung erklären. Die Nichtbefolgung einer Abhilfeanordnung stellt einen Kündigungsgrund dar.

Deshalb gilt: Abhilfeanordnungen sind ernst zu nehmen!

Autor*in: Markus Fiedler (Rechtsanwalt. Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht. Partner der Sozietät Dieckert. Tätigkeitsschwerpunkte: Gestaltung von Ingenieur- und Bauverträgen, baubegleitende Rechtsberatung, Vertretung vor Gericht. Referent von baurechtlichen Schulungen tätig. Herausgeber der Werke "BGB und VOB für Handwerker und Bauunternehmer" und "Praxishandbuch Bauleitung und Objektüberwachung".)