23.06.2021

Umsatzeinbruch bei deutscher Textilindustrie

Die schlesischen Weber – für Heinrich Heine waren sie für Preisverfall im 19. Jahrhundert verantwortlich. Die Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie gelten als Speerspitze der Industriellen Revolution. Heute sind sie die Speersitze einer weltweiten Umstrukturierung.

Umsatzeinbruch Textilindustrie

Weniger Umsatz, weniger Beschäftigte in der Textilindustrie

Rund 40 Prozent ihres Umsatzes und ihrer Beschäftigten hat die deutsche Bekleidungsindustrie seit 2005 verloren. Das zeigen Daten des Statistischen Bundesamtes, über die Statista berichtet. Als Gründe geben die Statistiker vor allem an:

  • verschärfte Wettbewerbssituation
  • erhöhter internationaler Kostendruck.

Ursache hierfür wiederum seien demzufolge:

  • Produktivitätsfortschritte
  • fortschreitende Globalisierung der Branche
  • Auslaufen aller Handelsbeschränkungen für die sensiblen Textil- und Bekleidungsprodukte bis zum Jahre 2005 (WTO-Übereinkommen über Textilwaren und Bekleidung).
  • Corona-Krise mit Verschärfung und Rückgang bei Umsatz und Beschäftigten.

Wie Statista weiter schreibt, ist Deutschland Nettoimporteur von Textilien und Bekleidung. Die Produktion der heimischen Textil- und Bekleidungsindustrie decke nur einen relativ kleinen Teil der Nachfrage. Der Großteil komme aus Niedriglohnländern vor allem in Asien, mit für den deutschen Bekleidungsmarkt als wichtigste Herkunftsländer 2019:

  • China,
  • Bangladesch und
  • Türkei.

Das könnte sich jedoch bis 2025 ändern. Technologische Entwicklungen begünstigte jedoch eine Rückverlagerung der Produktionsstandorte nach Europa. Die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie hat auf diese Entwicklung mit einer Spezialisierung auf höherwertige und technisch anspruchsvoll zu fertigende Textilien reagiert.

Trigema in Balingen: nur deutsche Arbeitnehmer

Das 1919 gegründete baden-württembergische Unternehmen „Trigema Inh. W. Grupp e.K.“ mit Sitz im schwäbischen Burladingen ist ein bekanntes Beispiel hierfür. Das Unternehmen sieht sich als Deutschlands größten Hersteller von hochwertiger Sport- und Freizeitbekleidung sowie Tag- und Nachtwäsche für Damen, Herren, Jugendliche und Kinder.

Alleiniger Geschäftsführer und Inhaber in dritter Generation Wolfgang Grupp steht dabei „für modernste Technik, für soziale und wirtschaftliche Verantwortung und für den Erhalt des Produktionsstandortes Deutschland“. Er hält es für eine Frage der Einstellung und Zielsetzung, weshalb sich sein Unternehmen bis heute erfolgreich am Standort Deutschland behaupten kann. Man betrachte die Standortsicherung als Auftrag, den Wohlstand einer Gemeinschaft zu sichern. Nur wer Arbeit habe, könne investieren. Und nur mit Investitionen sei Arbeit möglich.

Bekleidungsindustrie unter Druck
Bekleidungsindustrie unter Druck

Strukturwandel in Deutschland

Zusammengenommen kommen die beiden Wirtschaftszweige Textil- und Bekleidungsindustrie nach einem krisenbedingten Einbruch im Jahr 2009 jetzt wieder auf einen Umsatz von über 18 Milliarden Euro. Die wichtigsten Abnehmerländer der deutschen Bekleidungsindustrie sind dabei die Nachbarländer Schweiz, Österreich und Polen.

Der Strukturwandel in Deutschland ist an der Anzahl der Betriebe und Beschäftigten abzulesen. Seit 2004 sind laut Statista 700 Betriebe in der Branche verschwunden. Insbesondere während der Finanzkrise schoss die Zahl der Insolvenzen in die Höhe. Derzeit sehen die Statistiker die Branche wieder in ruhigeren Gewässern. Die Textil- als auch die Bekleidungsindustrie konzentrieren sich dabei in den wirtschafts- und bevölkerungsstarken Bundesländern

  • Bayern,
  • Baden-Württemberg und
  • Nordrhein-Westfalen.

Im Bereich der Textilindustrie verfügen Sachsen und im Bereich Bekleidung Niedersachsen noch über historisch gewachsene nennenswerte Strukturen.

Autor*in: Friedrich Oehlerking (Freier Journalist und Experte für Einkauf, Logistik und Transport)