13.07.2016

Lieferantenauswahl: Wirtschaftliche Lage prüfen

Apropos Lieferantenauswahl: So mancher Einkäufer musste schon die leidvolle Erfahrung machen, dass vertragliche Ansprüche und Rechte nicht mehr viel wert sind, wenn der Lieferant in eine wirtschaftliche Schieflage gerät und seine vertraglichen Pflichten nicht mehr erfüllen kann. Deshalb gehört die sorgfältige Auswahl von Lieferanten zu den wichtigsten Aufgaben des Bestellers.

Die Erkenntnis, dass ein sehr sorgfältige Lieferantenauswahl und wirtschaftliche Prüfung des möglichen Geschäftspartners unverzichtbar ist, kam für den Einkäufer H. Klein zu spät. Er hatte die Aufgabe bekommen, einen neuen Lieferanten für Netzwerkmultifunktionsdrucker zu suchen. Die Firma Schnell GmbH bot die günstigsten Geräte und sogar fünf Jahre Händlergarantie darauf an.

Da Herr Klein wusste, dass sein Chef über den günstigen Einkauf sehr erfreut sein würde, setzte er sich mit einem Vertriebsmitarbeiter der Schnell GmbH zusammen und bestellte 100 Stück. Diese wurden pünktlich geliefert und bezahlt.

Nach einem Jahr zeigte der erste Drucker Mängel, weitere folgten. Herr Klein rief daraufhin bei der Firma Schnell GmbH an und erfuhr, dass sie sich in Insolvenz befände. Gewährleistung, Garantie? Dazu sei die Schnell GmbH leider nicht mehr in der Lage. Wie hätte er das Fiasko verhindern können?

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Lieferantenauswahl: Prüfen Sie die wirtschaftliche Lage des Lieferanten

Vor Abschluss eines wichtigen Vertrages sollte sich der Einkäufer über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Geschäftspartners informieren. Möglich ist zum Beispiel, dessen „Bonität“, seine Kreditwürdigkeit zu prüfen.

Entsprechende Daten liefert die bekannte Schufa-Auskunft. Die Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung  (Schufa) ermittelt und speichert Daten von Personen und Unternehmen, die für die Kreditvergabe wichtig sind. Darunter fallen Informationen zur ersten Führungsebene, Aktivitäten, Beständigkeit, Zahlungserfahrungen, Bilanzen und Finanzkennzahlen.

Bonitätsprüfungen gehören zur Lieferantenauswahl

Bonitätsprüfungen bieten auch andere Dienstleister wie die Creditreform an, die den sogenannten „Bonitätsindex“ ermittelt, und zwar anhand von verschiedenen Daten wie Zahlungsweise, Krediturteil, Jahresabschlussdaten, Branchenrisiko, Auftragslage, Kapital und Erfahrung des Managements. Die Risikofaktoren werden je nach Relevanz einzeln bewertet und fließen in eine Gesamtnote ein. Creditreform agiert weltweit.

Informationen über die wirtschaftliche Lage von Geschäftspartnern liefern auch Wirtschaftsdetekteien. Die oben genannten Auskunftsquellen werden in der Praxis häufig genutzt – billig sind sie nicht. Der Einkäufer Klein hätte aber die wirtschaftlichen Verhältnisse der Schnell GmbH mit diesen Mitteln durchleuchten und die Anzeichen der drohenden Insolvenz wahrscheinlich erkennen können.

Welche weiteren Möglichkeiten er gehabt hätte, Vertragspartnern „auf den Zahn zu fühlen“, erfahren Sie in den Beiträgen zur Lieferantenauswahl in „Einkaufsrecht online“. Dort finden Sie auch zahlreiche Beispiele und Tipps für die Praxis.

Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)