13.02.2017

Individualabrede im Einkauf

Ein Einkäufer schließt mit seinem Lieferanten einen Maschinen- und Anlagenvertrag. Sie einigen sich auf eine Verjährungsfrist von 48 Monaten und halten diese Vereinbarung oder Individualabrede in einem Verhandlungsprotokoll fest. Doch nicht nur das, sondern auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Lieferanten legen sie der Bestellung zugrunde. Nach diesen AGB ist aber nur eine Verjährungsfrist von 24 Monaten vorgesehen. Was gilt jetzt, Individualabrede oder AGB?

Individualabrede oder AGB in der Beschaffung

Individualabrede und AGB: Widersprüche regeln

Im geschilderten Fall wird die Regelung in den AGB durch die individuelle Vertragsabrede bzw. Individualabrede außer Kraft gesetzt. Nach § 305b BGB hat eine Individualabrede Vorrang vor AGB.

Das ist eine Individualabrede

Individualabreden sind Vereinbarungen, die die Vertragsparteien – Einkäufer und Lieferant –  im Einzelnen ausgehandelt haben. Diese müssen nicht unbedingt aus einer schriftlichen Vereinbarung bestehen, sondern können auch diesen Charakter haben:

  • mit der Hand oder Maschine geschriebene Einschübe sein
  • in einem Bestätigungsschreiben stehen
  • stillschweigend oder nachträglich sein
  • mündlich vereinbart sein (im Zweifelfall nur schwer zu beweisen)

AGB-Klauseln, die Individualabreden direkt widersprechen, sind unwirksam. Aber auch mittelbare Widersprüche reichen. Jede inhaltliche Abweichung zwischen den Vertragsbestandteilen genügt. In der Einkaufspraxis werden oft besondere Lieferbedingungen, Zahlungsmodalitäten oder Skontoregelungen vereinbart, die sich von den anerkannten AGB unterscheiden.

Widersprechen sich Klauseln in unterschiedlichen vorformulierten Texten, greift § 305b BGB nicht. Welche der Vorlagen maßgeblich ist, richtet sich dann nach der vertraglich vereinbarten Reihenfolge, in der sie gelten sollen.

Sinnvoll ist, die Reihenfolge vom Speziellen zum Allgemeinen festzulegen.

Besonderheit Rahmenvertrag

Steht bei Rahmenverträgen die Bestellung oder der Rahmenvertrag an erster Stelle? Eigentlich ist die Bestellung spezieller. Dann kann die Rahmenvereinbarung aber durch die Bestellung unterlaufen werden.

Möchte man das vermeiden, ist die Geltungsreihenfolge genau festzulegen. Meist soll die Bestellung nur hinsichtlich Menge, Artikel und Termin vorrangig sein.

Tipp: Reihenfolge der Vertragsgrundlagen festlegen

Je mehr Anlagen ein Vertrag hat, desto größer ist die Gefahr, dass in ihm Klauseln vorhanden sind, die sich widersprechen: Daher unbedingt die Reihenfolge der Vertragsgrundlagen festlegen!

Hinweis zum Einkaufsrecht

Wenn Sie mehr zum Vorrang der Individualabrede wissen möchten, empfehlen wir Ihnen unseren Titel Einkaufsrecht. Dort finden Sie zum Thema Individualabrede alles, was Sie brauchen – aber auch viele andere Rechtsthemen für Einkäufer.

Autor*in: Astrid Hedrich (Rechtsanwältin und Dozentin in Augsburg. Beschäftigt sich mit Wirtschaftsrecht.)