24.04.2019

Pflichtverletzung des Betriebsrats: Achtung, Auflösung!

Viele Betriebsräte wähnen sich angesichts des Schutzes durch das BetrVG sicher. Doch kann es passieren, dass der Arbeitgeber oder eine Gewerkschaft die Auflösung des Gremiums wegen schwerwiegender und grober Pflichtverletzungen verlangt und dies vor Gericht durchsetzt. Davor kann sich ein Betriebsrat jedoch schützen, indem er seine formalen Pflichten sorgfältig wahrnimmt. Dann lassen sich entsprechende Drohungen gelassen zur Kenntnis nehmen.

Ein Betriebsrat kann aufgelöst werden

Eine Auflösung des Betriebsrats kommt immer dann in Betracht, wenn das Gremium als Ganzes sich einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat. Separate Pflichtverletzungen einzelner Mitglieder reichen dafür nicht. Umgekehrt müssen aber nicht alle Mitglieder am Verstoß teilgenommen haben, da ja auch nicht alle Betriebsratsmitglieder für Beschlüsse anwesend sein müssen, die grobe Pflichtverstöße bedeuten können. Entsprechend gilt „mitgehangen, mitgefangen“: Wenn sich der Betriebsrat als Gremium einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht hat, sind alle Mitglieder von dessen Auflösung betroffen.

Nur erhebliche und schwerwiegende Gründe führen zur Auflösung

Damit es zu einer Auflösung des Betriebsrats kommen kann, muss der klagende Arbeitgeber oder die klagende Gewerkschaft objektiv erhebliche und offensichtlich schwerwiegende Gründe vorbringen. Diese sind insbesondere gegeben, wenn der Betriebsrat dauerhaft bzw. wiederholt Rechte und Befugnisse nicht wahrnimmt oder seine gesetzlichen Befugnisse in der Weise überschreitet, dass der Betriebsfrieden und die Ordnung gestört sind. Dieses Verhalten muss nicht schuldhaft sein. Wenn z. B. ein Betriebsrat wegen längerer krankheitsbedingter Fehlzeit seine Arbeit einstellt und dadurch Betriebsratspflichten verletzt werden, kann dies zur Auflösung des Gremiums führen.

Gründe für eine Betriebsratsauflösung

  • Der Betriebsrat bestellt keinen Vorsitzenden bzw. keinen stellvertretenden Vorsitzenden.
  • Es werden keine notwendigen Sitzungen durchgeführt.
  • Der Betriebsrat verletzt Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflichten nach § 79 BetrVG.
  • Der Betriebsrat verletzt das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG.
  • Der Arbeitgeber wird nicht über die Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen unterrichtet.
  • Mitbestimmungsrechte werden nicht oder grob missbräuchlich ausgeübt.
  • Der Betriebsrat fasst Beschlüsse mit eindeutig parteipolitischem Inhalt.

Nicht nur der Arbeitgeber und im Betrieb vertretene Gewerkschaften können die Auflösung des Betriebsrats betreiben. Theoretisch können dies auch 25 % der Belegschaft gemeinsam erreichen.

In der Regel hat es der Betriebsrat selbst in der Hand, ob seine Auflösung mit Erfolg betrieben werden kann: Wenn keine groben Pflichtverstöße vorliegen, haben die Initiatoren solcher Auflösungsversuche vor Gericht meistens schlechte Karten.

Ist eine Abmahnung des Betriebsrats zulässig?

In der Praxis wird der Arbeitgeber oder die Gewerkschaft die Auflösung nicht ohne vorherige Ankündigung oder Drohung veranlassen. Das Amtsgericht Solingen hat diesbezüglich entschieden, dass eine solche sogenannte „betriebsverfassungsrechtliche Abmahnung“ zulässig sei, da diese dem Betriebsratsgremium die Gelegenheit gebe, das Verhalten zu ändern (Arbeitsgericht Solingen, 18.02.2016, Az. 3 BV 15/15 lev). Ein höchstrichterliches Urteil dazu gibt es aber noch nicht.

Rücktritt des Gremiums bringt nichts

Eine mögliche Reaktion des Betriebsrats auf Auflösungsbetreiben des Arbeitgebers bzw. einer Gewerkschaft ist der geschlossene Rücktritt (§ 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG). Allerdings hat dies keinen Einfluss auf das eingeleitete Verfahren und bedeutet nicht, dass der zurückgetretene Betriebsrat den Wahlvorstand des neu zu wählenden Gremiums bestellen darf. Dies ist dann auch Sache des Arbeitsgerichts.

Was passiert nach der Auflösung des Betriebsrats?

Im schlimmsten Fall löst das Arbeitsgericht den Betriebsrat durch Beschluss auf. Damit erlöschen alle Rechte seiner Mitglieder – auch der Kündigungsschutz. Anschließend muss ein neuer Betriebsrat gewählt werden (§ 13 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG). Die bisherigen Mitglieder des aufgelösten Betriebsrats können sich erneut zur Wahl stellen. Der Wahlvorstand wird vom Arbeitsgericht bestellt.

Autor*in: Martin Buttenmüller (ist Journalist und Chefredakteur des Fachmagazins Betriebsrat INTERN.)