11.01.2024

Personalentwicklung: Sie als Betriebsrat sollten sich darum kümmern

Das Gold liegt in den Köpfen – der Mitarbeiter. Doch wie es ausgraben, wie nutzen? In Zeiten des Fachkräftemangels eine sich immer drängender stellende Frage. Der Schlüssel: Personalentwicklung. Gerade für Sie als Betriebsrat ein Thema. Warum, wieso, weshalb: wir sagen es Ihnen.

Personalentwicklung

Was haben Sie als Betriebsrat eines KMU mit Personalentwicklung am Hut?

Mitbestimmung.  Zugegeben: Als Betriebsrat in einem großen Unternehmen sind Sie besser dran, wenn es um Personalentwicklung (PE) geht. Da haben Sie dann auch ganze Abteilungen, die nur damit beschäftigt sind, mit ausgefeilten Instrumenten und gutem strategischen Unterbau die Potenziale ihrer Mitarbeiter professionell und zielgerichtet zu fördern. Aber in kleineren und mittleren Unternehmen (KMU)? Hier steckt der Aufbau einer funktionierenden Personalentwicklung noch in den Kinderschuhen. Diese Unternehmen setzen Personalentwicklung oft noch immer gleich mit dem Anbieten einiger – eher ziellos gewählter – Trainings und Seminare. Eine wirkliche Strategie gibt es da eher nicht.

Strategie? Vielleicht klären wir erst einmal, was unter Personalentwicklung zu verstehen ist

Das ist natürlich von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. Im Wesentlichen lässt sich der Kern der Personalentwicklung so zusammenfassen:

Personalentwicklung ist gelungen, wenn der richtige Mitarbeiter im richtigen Unternehmen am richtigen Platz sitzt.

Um das zu erreichen, müssen Arbeitgeber die Potenziale der Mitarbeiter analysieren und diese dann entsprechend den Interessen des Unternehmens und – soweit möglich – der Beschäftigten fördern.

Wie packen Sie als Betriebsrat Personalentwicklung in Ihrem Betrieb an?

Was Sie also als Erstes brauchen, ist eine Strategie, ein Konzept. Um ein solches Konzept als Basis der Personalentwicklung zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen, sind sechs Schritte nötig:

  1. Einführung der Personalentwicklung bei sich im Unternehmen: Ausgangspunkt des Konzeptes zur Personalentwicklung sollte immer die Strategie Ihres Unternehmens sein. Vielleicht gibt es in Ihrem Unternehmen über Weiterbildungsangebote hinaus schon Aktivitäten, die man im Prinzip als Maßnahmen der Personalentwicklung verstehen oder zumindest zu solchen gestalten kann. Jetzt brauchen Sie diesem nur eine klare Richtung zu geben. Dazu entwickeln Sie als Betriebsrat ein integrierendes, stimmiges Rahmenkonzept. Die Geschäftsleitung sollte Sie dabei unterstützen. Sie gehen bei der Planung eines solchen Konzepts pragmatisch vor. Weniger ist hier oft mehr – das gilt besonders in der Einführungsphase.
  2. Festlegung von Anforderungen und Lernzielen:
    • Erfassen Sie den gegenwärtigen Entwicklungsstand der Mitarbeiter,
    • Legen Sie die Anforderungsprofile im Ist-Soll-Vergleich fest, ein Kernstück jeder Personalentwicklung. Nur wenn Sie die Anforderungen des Jobs gut genug kennen, können Sie festlegen, mit welchen Schulungsmaßnahmen Sie das angestrebte Ziel erreichen können – im Interesse des Unternehmens, aber auch des Mitarbeiters. Nur wenn er für seine Aufgabe gut vorbereitet ist, kann er sie gut meistern.
    • Fassen Sie die Anforderungsprofile kurz! Sie sollten so konkret wie möglich sein. So erhalten Sie einen schnellen und direkten Abgleich zwischen Ist-Stand und Soll-Anforderungen.
  3. Bestimmung der Potenziale der Mitarbeiter: Beurteilen Sie dazu den Kompetenzstand einzelner Mitarbeiter, normalerweise in einem persönlichen Gespräch gegliedert in:
    • Jahresrückblick,
    • Standortbestimmung anhand definierter Kriterien,
    • mögliche Entwicklungsziele des Mitarbeiters,
    • geplante Maßnahmen der Personalentwicklung für das kommende Jahr und
    • eventuell Feedback des Vorgesetzten.
  4. Geeignete Maßnahmen der Personalentwicklung finden wie z.B.:
    • Trainings und Seminare als wichtige Instrumente der Personalentwicklung mit Schwerpunkt liegt auf Transfersicherung des Gelernten
    • Mentorenprogramme und Patenschaften: Mentoren sollen Mitarbeiter strukturell einarbeiten; Patenschaften zwecks Vermittlung von Kompetenzen und fachlicher Unterstützung
    • Coaching durch Führungskräfte: Es soll Mitarbeiter dabei unterstützen, kritische Situationen bei der Arbeit (und nicht privat) besser zu meistern
    • interne Wissensmultiplikation: gezielte Nutzung einfacher Mittel, um erworbene Kenntnisse an andere Mitarbeiter weiterzugeben (Stichwort Wissensmanagement)
    • Hospitationen und Rotationen: Förderung des Verständnisses für andere und Vermeidung von Betriebsblindheit
    • Projektarbeit: Praxislernen, das organisationale Erfahrungen und neues Fachwissen ohne Transferprobleme kombiniert.
  5. Bieten Sie den Mitarbeitern berufliche Perspektiven!
  6. Kontrollieren Sie den Erfolg der Maßnahmen!

Können Sie als Betriebsrat Learning on the job und Coaching nutzen?

Ja, können Sie. Personalentwicklungsinstrumente, die eine Qualifizierung und Förderung von Mitarbeitern oder Führungskräften als Teil der Arbeitstätigkeit selbst on the job ermöglichen, gewinnen immer mehr an Bedeutung. Dazu zählt auch Coaching. Das herkömmliche Seminar, zu dem der Arbeitgeber seine Mitarbeiter schickt, ist fast schon ein Auslaufmodell. Zu gering ist oft der übertragbare Nutzen des Gelernten in den Arbeitsalltag. Anders sieht das bei Trainingsmaßnahmen aus, die die normale Arbeit begleiten. Coaching dagegen bietet lösungsorientierte Unterstützung und führt schnell zu besseren Arbeitsergebnissen.

Definition Coaching:

  • Ein interaktiver, auf die Person bezogener
  • zeitlich begrenzter in mehreren Sitzungen stattfindender Beratungs- und Begleitungsprozess
  • zu primär beruflichen Anliegen zwecks Selbsthilfe und Selbstreflexion
  • auf Grundlage einer durch gegenseitige Akzeptanz und Vertrauen gekennzeichneten, freiwillig gewünschten Beratungsbeziehung
  • in der Regel für Personen oder Personengruppen mit Führungs- oder Managementaufgaben.

Auch beim Coaching bestimmen Sie als Betriebsrat in vielen Fragen mit – genau wie bei den herkömmlichen Qualifizierungsmaßnahmen. Ebenso wie der Begriff Personalentwicklung (PE) tauchen auch „Coaching“ oder „Coach“ im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) nicht auf. Dies heißt aber nicht, dass Sie als Betriebsrat keine Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte nach dem BetrVG gar nicht in Betracht ziehen können. Zwar liegt meist die grundsätzliche Entscheidung, ob eine PE-Maßnahme ein- oder durchgeführt wird, bei Ihrem Arbeitgeber. Viele Personalentwicklungsmaßnahmen berühren aber dennoch Ihre Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrechte, und zwar aus dem Bereich der Berufsbildung.

Die Mitbestimmung des Betriebsrats beim Coaching

Als Betriebsrat könnten Sie beim Coaching insbesondere prüfen, ob Sie Mitwirkungs- bzw. Mitbestimmungsrechte bei der Bestellung oder Abberufung von Ausbildern geltend machen können. Die Spanne Ihrer Einflussmöglichkeiten als Betriebsrat reicht hierbei vom Anhörungs- und Beratungsrecht über das Vorschlagsrecht bis hin zur Widerspruchsmöglichkeit. Zudem sollten Sie prüfen, ob Sie ein Vorschlagsrecht für die teilnehmenden Personen nach BetrVG haben. Sie können allerdings Ihren Arbeitgeber nicht gemäß § 98 BetrVG zwingen, Bildungsmaßnahmen durchzuführen, sondern nur nach § 97 Abs. 2 BetrVG.

 

Autor*innen: Silke Rohde (Silke Rohde ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin von "Betriebsrat kompakt".), Friedrich Oehlerking (Friedrich Oehlerking ist Journalist und Autor des Werkes Wirtschaftswissen für den Betriebsrat.)