02.06.2021

Homeoffice: Schenken Sie als Betriebsrat Ihren Kollegen reinen Wein ein

Paradies oder Hölle: Die Meinungen über das Homeoffice liegen etwa so weit auseinander wie die beiden biblischen Extremfälle. Schenken Sie als Betriebsrat Ihren Kollegen reinen Wein ein – über Segen und Fluch des Homeoffices.

Betriebsrat Home-Office

Flexible Arbeitszeit durch Homeoffice – was ist davon zu halten?

Mitbestimmung.  „Flexibel“ ist ein so abgedroschener Reklamespruch wie „günstig“ und „bequem“. „Flexibel“ – das Wort kommt von dem lateinischen Tunwort „flectere“: biegen, beugen, brechen. Die Arbeitgeber finden es gut als Bezeichnung für eine ihnen genehme „biegsame“ Arbeitsweise, eine Arbeitsweise, die sie nach ihren Bedürfnissen zurechtbiegen können. Aus Sicht der Arbeitnehmer schimmert eher die Bedeutung „beugen“ oder sogar „brechen“ durch. Gemeint ist damit wohl, dass man Arbeitszeiten nicht mehr starr eingeteilt sehen will. Vorläufer aus dieser Richtung sind Arbeitszeitmodelle wie Gleitzeit, Schichtarbeit, Abrufarbeit.

Bedeutet Homeoffice tatsächlich eine Befreiung der Arbeit vom Zeitkorsett?

Kann sein, muss aber nicht. Tatsächlich kann die Nutzung von Homeoffice für die Beschäftigten sowohl positive als auch negative Aspekte einer Flexibilisierung haben:

  • Einerseits lassen sich durch die Arbeit von zuhause Privat- und Berufsleben besser vereinbaren. Die Arbeitszeiten lassen sich über den Tag verteilen, Arbeitswege entfallen.
  • Andererseits lösen sich damit aber immer mehr die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit auf. Die Hans-Böckler-Stiftung verweist auf Studien, wonach Beschäftigte mit Homeoffice mehr Überstunden machen und längere Arbeitszeiten haben. Durch die unterschiedlichen Arbeitsorte leide der Kontakt zu den Kollegen. Mögliche Folge: drohende soziale Isolation.

Wie sehen das die Beschäftigten?

Offenbar sehen sie zunächst einmal die Vorteile des Homeoffices. Für das Sozio-Ökonomische Panel (SOP) berichteten 2014 zwölf Prozent der Beschäftigten, von zuhause aus zu arbeiten. Je höher die Qualifikation der Arbeitnehmer, desto eher erlaubt ihre Tätigkeit eine Arbeit zuhause. Ihre Präsenz am Arbeitsplatz sei erforderlich, sagten:

  • 82 Prozent der Beschäftigten ohne Berufsausbildung,
  • 23 Prozent der Beschäftigten mit Hochschulabschluss.

In der letztgenannten Beschäftigtengruppe nutzt demzufolge ein Drittel der Angestellten bereits die Möglichkeit eines Homeoffices, knapp die Hälfte (45 Prozent) jedoch nicht, obwohl ihre Tätigkeit das erlauben würde. In 69 Prozent der Fälle läuft dies den Interessen der akademisch Beschäftigten zuwider (s. Grafik).Betriebsrat Home-Office

Was sind die wesentlichen Schattenseiten von flexibler Arbeit und Homeoffice?

Da kommt einiges zusammen, wie schon 2012 eine Untersuchung für die Hans-Böckler-Stiftung gezeigt hat:

  • Wer im Homeoffice tätig ist, kann abends oft nicht abschalten. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 45 Prozent und damit mehr als doppelt so hoch wie bei Beschäftigten, die nie zuhause arbeiten. Offenbar verschwimmen bei dieser Arbeitsweise die Grenzen zwischen den Lebensbereichen leicht.
  • Bei völlig selbstbestimmten Arbeitszeiten fällt das Abschalten Männern schwerer als bei festen Zeiten. Etwa 40 Prozent können abends nicht zur Ruhe kommen. Gerade Männer neigen dazu, ohne vorgegebene Grenzen übermäßig lange zu arbeiten.
  • Mit selbstbestimmten, aber immer noch geregelten Arbeitszeiten, etwa Gleitzeit, fühlen sich Beschäftigte nicht übermäßig mehr belastet. Vor allem wieder Männer könnten besser mit hohem Arbeitsdruck umgehen.
  • Ein unveränderlicher Arbeitsbeginn und eine feste Feierabendzeit können mit anderen Verpflichtungen kollidieren, etwa wegen Abholzeiten von Kindergärten. Klare Regeln böten Planungssicherheit, verringerten Stress.
  • Frauen litten besonders unter psychischer Belastung bei unvorhersehbaren, z.B. vom Arbeitgeber kurzfristig geänderten Arbeitszeiten. Unvorhersehbare Dienstzeiten erschwerten die Planung des Alltags. Und wer leidet dann am meisten darunter? Natürlich diejenigen, die traditionell den größeren Teil der Haus-, Pflege- und Erziehungsarbeit übernehmen: die Frauen. Besonders ausgeprägt sei der Stress aufgrund von hohem Arbeitsdruck.

Also ab mit mehr Flexibilität bei der Arbeitszeit auf den Müllhaufen der Arbeitsgeschichte?

Nein, sicher nicht. Aber es muss eben klare Regeln geben:

  • zeitliche Obergrenzen,
  • Zeiterfassung,
  • realistische Vorgaben für das Arbeitspensum,
  • genug Personal,
  • Vertretungsregeln,
  • Fortbildungen in Grenzmanagement für Beschäftigte und Vorgesetzte,
  • verlässliche Schichtpläne,
  • Sensibilisierung aller Beteiligten für die geschlechtsspezifischen Folgen flexibler Arbeitsarrangements.

Wenn diese Voraussetzungen nicht nur im Betrieb, sondern auch beim mobilen Arbeiten oder im Homeoffice gegeben sind, könnte man durchaus neue Spielräume für selbstorganisiertes Arbeiten schaffen – zum Beispiel durch ein Recht auf Homeoffice. Das aber ist bislang ein Privileg einzelner Beschäftigtengruppen und vielen Arbeitnehmern nicht gestattet.

Nur bei ausreichender organisatorischer Unterstützung kann der Vereinsamung durch den geringen Kontakt zu den Kollegen vorgebeugt werden. Wichtig dabei ist u.a. das Vertrauen des Unternehmens darin, dass die Arbeit von den Beschäftigten zuhause mit gleicher Qualität erledigt wird. Sinnvoll ist zudem eine langfristige Planung von gemeinsamen Anwesenheits- und Besprechungszeiten.

Wie können Sie als Betriebsrat alle Bedürfnisse der Arbeitnehmer unter einen Hut bringen?

Das ist in der Tat eine nicht leicht zu beantwortende Frage. Heute arbeiten laut einer IAB-Studie von 2019 etwa 22 Prozent der Arbeitnehmer ganz oder teilweise von zuhause aus – drei Prozent mehr als 2013. Allerdings sehen Arbeitnehmer demnach im Homeoffice sowohl Vor- als auch Nachteile. So wollen zwei Drittel der Arbeitnehmer, die derzeit nicht im Homeoffice arbeiten, dies auch bei einem entsprechenden Angebot des Arbeitgebers nicht tun. Als Gründe werden genannt:

  • mangelnde Eignung der Tätigkeit,
  • voraussichtliche Probleme in der Zusammenarbeit mit Kollegen.

Betriebsrat Home-Office

Ein häufiges Hindernis ist auch die Präsenzkultur im Unternehmen. Die Befürchtung: Wer zuhause arbeitet, landet auf dem Abstellgleis, wird nicht wahrgenommen. Arbeitnehmer haben keine einheitliche Einschätzung der Work-Life-Balance im Homeoffice. So ist für mehr als die Hälfte der Befragten die fehlende Trennung zwischen Berufs- und Privatleben problematisch. Andere sehen gerade im Homeoffice die Möglichkeit, eine passgenaue Work-Life-Balance zu gestalten.

Sie als Betriebsrat könnten in Ihrem Betrieb die betreffenden Regeln aushandeln, die für alle gelten. Ihr Unternehmen sollte für bessere Leitplanken sorgen, als es sie heute in vielen Unternehmen gibt. Flexible Arbeitszeit ist eben nicht nur die wichtige Hilfe bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, als die sie immer dargestellt wird. Flexibles Arbeiten hat durchaus seine Schattenseiten. Und als Betriebsrat haben Sie die Möglichkeit, Ihre Kollegen darauf hinzuweisen.

Wie sieht es eigentlich mit Arbeitsschutz bei mobiler Arbeit und Homeoffice aus?

Richtig, ganz wichtig, den Arbeitsschutz darf der Betriebsrat dabei auf keinen Fall aus dem Blickfeld verlieren. Jede Heimarbeit setzt einen geeigneten Arbeitsplatz voraus – jedenfalls, wenn die Tätigkeit nicht nur kurz und unregelmäßig ist. Dann muss der Arbeitsplatz den Arbeitsschutzvorschriften entsprechen, um gesundheitliche Beeinträchtigungen und Arbeitsunfälle zu verhindern. Regelmäßig besteht bei der Tätigkeit im Homeoffice eine technische oder organisatorische Verbindung zum Betrieb. Hier gelten die für Arbeitnehmer einschlägigen Bestimmungen:

  • Arbeitsschutzgesetz,
  • Arbeitsstättenverordnung,
  • Bildschirmarbeitsverordnung etc.

Ihr Unternehmen trifft hier eine Durchführungspflicht. Es muss z. B. bei der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) der besonderen Umstände einer Homeoffice-Tätigkeit Rechnung tragen. Die Standards am Homeoffice-Arbeitsplatz sollten mindestens denen in der betrieblichen Arbeitsstätte entsprechen. Ihr Arbeitgeber kann seine Mitarbeiter verpflichten, Maßnahmen zum Arbeitsschutz zu treffen. Er muss die Umsetzung dieser Maßnahmen kontrollieren.

Als Betriebsrat sollten Sie sich dieses Themas vorrangig annehmen. Auch wenn Sie hier nicht alles erzwingen können, sollten Sie sich dafür einsetzen, dass Beschäftigte in Telearbeit sicher ihre Tätigkeit ausüben können. Heimarbeiter stehen vor allem vor drei Herausforderungen:

  • Arbeitszeit,
  • Datenschutz,
  • Ergonomie.

Klare, speziell auf die mobile Arbeit zugeschnittene Regelungen fehlen bisher. Allgemeinen Bestimmungen etwa des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) gehen oft am Kern der mobilen Arbeit vorbei. Sie sind auf völlig andere Beschäftigungsmodelle ausgerichtet.

Haben Sie als Betriebsrat bei Arbeit im Homeoffice ein Mitbestimmungsrecht?

  • Sie als Betriebsrat haben Installation und Anwendung der Technik im Homeoffice daraufhin zu prüfen, ob damit der Arbeitnehmer überwacht werden kann, Betonung auf „kann“. Die Geräte müssen eine Überwachung ermöglichen; ob dies tatsächlich geschieht, ist nicht von Belang.
  • Sie als Betriebsrat sprechen aufgrund von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG auch z.B. bei Zugangsrechten für Ihren Arbeitgeber oder der privaten Nutzung von Arbeitsmitteln mit, sofern diese nicht Teil der zu erledigenden Arbeitsaufgabe sind.
  • Sie als Betriebsrat reden wie im Betrieb auch bei der Arbeitszeit im Homeoffice mit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG).
  • Zusammen mit Ihrem Arbeitgeber sprechen Sie als Betriebsrat außerdem mit bei Arbeits- und Gesundheitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG).
  • Als Betriebsrat können Sie versuchen, bei der Einführung von Homeoffice das betriebliche Weisungsrecht Ihres Chefs durch eine Wahlmöglichkeit Ihrer Kollegen abzumildern, damit Ihre Kollegen ihre Arbeitsleistung wahlweise daheim oder im Betrieb erbringen können. Dabei können Sie auf einen maximalen Umfang der Homeoffice-Zeiten dringen oder die Entscheidung vollständig dem Arbeitnehmer überlassen.

Bei der Homeoffice-Arbeit kann Ihr Kollege häufiger und schneller am Arbeitsplatz präsent sein; sein Arbeitsort befindet sich in seiner Wohnung. Das verleitet Unternehmen gern zur Ausnutzung von Arbeitszeitflexibilisierung zulasten Ihrer Mitarbeiter, z.B. durch:

  • Arbeitszeit über die betriebsüblichen Zeiten hinaus, z. B. am Wochenende,
  • Rufbereitschaftsdienste oder
  • kapazitätsorientierter Arbeitseinsatz.

Dank Ihrem Recht auf Mitbestimmung können Sie als Betriebsrat dieser Tendenz zur Ausrichtung der Arbeitszeit ausschließlich am Unternehmensinteresse gegensteuern. Verhandlungsansätze für Sie als Betriebsrat könnten sein:

  • Übernahme der betrieblichen Regelungen für Homeoffice-Arbeit,
  • Ausschluss von Arbeit am Abend bzw. in der Nacht und am Wochenende,
  • Gleitzeitregelung.

Können Sie als Betriebsrat alternierendes Homeoffice ins Gespräch bringen?

Ja, das können Sie nicht nur, das sollten Sie sogar. Die Arbeit teils zuhause, teils im Büro ist nämlich auf jeden Fall dem kompletten Homeoffice vorzuziehen. Aber bedenken Sie: Hierzu sollten Sie neben der Lage der Arbeitszeit als solche eine Absprache darüber treffen, wann Ihr Kollege wo wie viel Arbeit leisten soll. Die Einteilung der Arbeitszeit außerhalb der betrieblichen Arbeitsstätte können Sie überwiegend Ihrem Kollegen selbst überlassen. Dagegen empfiehlt sich schon aus organisatorischen Gründen eine konkrete Vereinbarung, wann der Beschäftigte im Betrieb anwesend sein sollte. So sind Ihre Homeoffice-Kollegen wenigstens an einigen Tagen im Betrieb und verlieren nicht völlig den Kontakt zu ihren Kolleginnen und Kollegen.

Was ist im Homeoffice beim Datenschutz zu beachten?

Die zweite große Baustelle mobiler Arbeitsplätze ist der Datenschutz. Vergessen wir nicht: In der Regel handelt es sich bei mobiler Arbeit um Bildschirmarbeitsplätze. Ihre Kollegen arbeiten im Homeoffice vernetzt unter Nutzung von EDV-technischen Kommunikationsmitteln. Ihr Arbeitgeber kann deshalb jede Menge persönliche und leistungsbezogene Daten Ihres betreffenden Kollegen speichern. Daher sollten Sie Ihr Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nutzen. Es besteht bei Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu dienen können, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.

Ihr Arbeitgeber kann Ihren daheim arbeitenden Kollegen verpflichten, Maßnahmen zum Datenschutz zu treffen, z.B. durch:

  • Zutrittskontrolle zum Homeoffice,
  • Schutz von dort verarbeiteten Daten.

Ihr Arbeitgeber überwacht dann die Umsetzung dieser Maßnahmen.

Und was ist im Homeoffice bei der Ergonomie zu berücksichtigen?

Sie betrifft den Gesundheitsschutz und ist von besonderer Bedeutung. Auch hier haben Sie als Betriebsrat das erzwingbare Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG und nach der Bildschirmarbeitsverordnung. Ihre Telearbeiterkollegen müssen Pausen von der Arbeit am Computer machen. Die Ausstattung und Einrichtung des Arbeitsplatzes muss den Vorschriften der Verordnung entsprechen wie:

  • Größe von Bildschirm und Tastatur,
  • Vermeidung des Einsatzes von Notebooks,
  • Anordnung von Tisch und Stuhl im Arbeitsraum,
  • ergonomische und weitestgehend rückenschonende Möbel,
  • Vermeidung belastender Körperhaltungen wie das Einklemmen des Telefonhörers am Kopf,
  • Nicht mit dem Tablet auf dem Schoß gebückt schreiben,
  • ausreichend große Bildschirme und Tastaturen,
  • Abstand zu Bildschirmen etc.

Was, wenn Ihr Kollege im Homeoffice einen Unfall hat?

Dann ist das kein Arbeitsunfall. Das Unfallrisiko zuhause muss er selber tragen. Daran ändert sich auch nichts, wenn Ihr Arbeitnehmer zuhause seiner beruflichen Tätigkeit nachgeht. Der Gang zur Küche, um sich etwas zu trinken zu holen, hat nichts mit der versicherten Tätigkeit zu tun. Das hat das Bundessozialgericht 2016 in einem Fall entschieden (BSG, 05.07.2016, Az.: B 2 U 2/15 R).

Regeln Sie den Zutritt von Arbeitgeber und Betriebsrat

Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, für die Beschäftigten einen mindestens den rechtlichen Vorgaben entsprechenden Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Das bestimmt § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG). Dazu muss der Arbeitgeber jeden Arbeitsplatz einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG unterziehen. Im Betrieb selbst ist das leicht. Doch die Überprüfung und Optimierung der Arbeitsplätze im Homeoffice gestaltet sich schwieriger. Hier hat der Arbeitgeber zunächst sehr viel geringere Einflussmöglichkeiten, bleibt aber dem Gesetz nach für einen ausreichenden Schutz verantwortlich – und haftbar. Ähnliches gilt für den Datenschutz. Auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sieht den Arbeitgeber als Verantwortlichen, der für eine ordnungsgemäße Umsetzung der Vorschriften sorgen muss. Zum Schluss die Frage aller Fragen: Wer soll das bezahlen?

Zutrittsrecht muss ausdrücklich vereinbart werden

Arbeitnehmer sind zunächst nicht verpflichtet, Arbeitgeber oder Betriebsräte in ihre Wohnung zu lassen. Es gibt das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 Grundgesetz), das bei Verstößen zu zivil- bzw. strafrechtlichen Sanktionen führen kann. Daher sollten Vereinbarungen geschlossen werden, um Arbeitgeber- und Betriebsratsvertreter den Zugang zu genau definierten (restriktiven) Bedingungen zu gestatten. Dies kann generell in einer Betriebsvereinbarung als Rahmen geschehen, sollte jedoch in individuellen Vereinbarungen mit den Beschäftigten konkretisiert werden. Das heißt, es ist sinnvoll, jeden Arbeitnehmer einen schriftlichen Zusatz zum Arbeitsvertrag unterzeichnen zu lassen, der dieses Zutrittsrecht regelt.

Ohne vereinbartes Zutrittsrecht dürfen Arbeitnehmer Arbeitgeber und Betriebsrat das Betreten der Wohnung verweigern. Unter Umständen können aber arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnungen folgen. Unklar ist zurzeit, ob eine Einwilligung zu einem Besuch seitens der Arbeitnehmer rechtlich zulässig ist, da eventuell über ihre Freiwilligkeit diskutiert werden könnte. Dies sollte alle Beteiligten aber nicht davon abhalten, solche Vereinbarungen jetzt zügig zu schließen.

Alle volljährigen Bewohner müssen zustimmen

Dem Zutritt von Vertretern des Arbeitgebers und Betriebsrats muss nicht nur der Beschäftigte selbst, sondern müssen auch alle weiteren volljährigen Bewohner zustimmen, also etwa Lebenspartner. Auch dies muss schriftlich vereinbart werden.

Für Betriebsratsmitglieder ist es ebenfalls wichtig, hin und wieder Kollegen im Homeoffice zu besuchen. So können sie nicht nur Kontakt halten, sondern sich auch selbst ein Bild von der Arbeitssituation vor Ort machen und eventuelle Verbesserungen anstoßen.

Mildere Mittel haben Vorrang

Der Zutritt zur Wohnung des Beschäftigten ist und bleibt ein erheblicher Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte. Daher sollte stets geprüft werden, ob das Ziel der Einhaltung des Datenschutzes sowie des Arbeits- und Gesundheitsschutzes auch durch mildere Mittel erreichbar ist. Zu denken ist hier z. B. an eine Ferndiagnose der IT beim Datenschutz. Allerdings ist eine umfassende Kontrolle des Arbeitnehmers durch solche Tools weder zulässig noch wünschenswert. Insofern sind jeweils möglicher Nutzen und die Gefahren gegeneinander abzuwägen.

Übersicht: Kontrollumfang des Arbeitgebers

  • In der Vereinbarung des Zutrittsrechts sollte klar begrenzt werden, was der Arbeitgeber kontrollieren darf. Nach der DSGVO ist die Einhaltung des Datenschutzes und der IT-Sicherheit zu prüfen. Auch die Umsetzung der Vorschriften des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sollte angeschaut werden dürfen. Dies dient ja auch dem Interesse der Beschäftigten.
  • Die Überprüfungen seitens des Arbeitgebers sind dabei jeweils auf ein absolutes Minimum zu beschränken und müssen erforderlich sowie verhältnismäßig sein.
  • Geregelt werden sollte, dass Arbeitgebervertreter die Kontrollen nur während büroüblicher Zeiten durchführen dürfen. Ebenso wichtig ist das Vereinbaren einer ausreichend bemessenen Ankündigungsfrist und etwaiger Ausnahmen davon bei Eil- bzw. Notfällen.
  • Vereinbart werden sollte, welche Personen der Arbeitgeberseite das Zutrittsrecht haben, z. B. der Datenschutzbeauftragte, IT-Fachleute, die SiFa etc. Auch der Kreis der zugelassenen Betriebsratsmitglieder ist festzulegen.

Zum Schluss die Frage aller Fragen: Wer soll das bezahlen?

Die gute Nachricht für Ihre Kollegen Heimarbeiter: Sie nicht. Aber Ihr Arbeitgeber. Er bezahlt alle Aufwendungen für Räume und Arbeitsmittel. Und das umso mehr, je mehr die Initiative zum Homeoffice von ihm ausgeht. Klauseln in Arbeitsverträgen zum Ausschluss von Ersatzansprüchen für Aufwendungen sind also unwirksam. Für ungefähr absehbare Kosten darf Ihr Arbeitgeber eine angemessene Pauschale ansetzen. Aber er muss konkret benennen, welche Kosten sie abdecken soll. Regeln sollten Sie als Betriebsräte mit Ihrem Arbeitgeber zudem eine mögliche Erstattung von Fahrtkosten. Liegt der Schwerpunkt der Tätigkeit im Homeoffice, wertet man eine angeordnete Reise zum Betrieb (z.B. zu Besprechungen) als Dienstreise, das Unternehmen erstattet dem Heimarbeiter die Kosten dafür. Arbeitet Ihr Kollege nur gelegentlich im Homeoffice, handelt es sich bei einer solchen Fahrt zum Betrieb um einen Arbeitsweg. Die Kosten dafür trägt Ihr Kollege selbst. Arbeitet Ihr Kollege freiwillig im Homeoffice und nutzt dabei private Arbeitsmittel, braucht Ihr Arbeitgeber die Aufwendungen dafür nicht zu ersetzen.

Das hört sich hart an. Als Betriebsrat werden Sie aber Ihre Kollegen, die den Schritt in das Homeoffice wagen wollen, nicht über seine Vor- und Nachteile im Unklaren lassen – und ihnen über diese Form der Arbeitsgestaltung von Anfang an reinen Wein einschenken.

Autor*innen: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.), Martin Buttenmüller (ist Journalist und Chefredakteur des Fachmagazins Betriebsrat INTERN.), Friedrich Oehlerking (Friedrich Oehlerking ist Journalist und Autor des Werkes Wirtschaftswissen für den Betriebsrat.)