08.12.2020

Betriebsrats-Check: Kündigung wegen Verstoß gegen Coronaregeln

Die Corona-Pandemie wird so schnell nicht aus unserem Leben verschwinden. Damit bleiben auch in den Betrieben viele Regeln und Einschränkungen gültig, die vor Ansteckung schützen sollen. Doch was passiert, wenn Arbeitnehmer solche Verhaltensvorgaben missachten?

Betriebsrat Kündigung Corona

Arbeitsrecht. Egal, ob es um das Einhalten von Abstandsregeln, das Befolgen bestimmter Hygieneanordnungen wie häufiges Händewaschen oder das Tragen von Masken geht – viele Arbeitgeber haben hier Vorschriften erlassen. Das folgt nicht zuletzt daraus, dass sie nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) verpflichtet sind, ihre Beschäftigten vor Gesundheitsrisiken zu schützen. Hier sind wohl vor allem die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts mit ihren Mindestanforderungen für die Geschäftsleitung verpflichtend. Darüber hinaus können je nach Region und Branche noch weitere öffentlich-rechtliche Regelungen zu beachten sein wie etwa Quarantäne-Erfordernisse nach der Rückkehr aus einem Risikogebiet etc.

Unterschiedliche Rechtsgrundlagen sind denkbar

Je nachdem, um welchen Regelungsgegenstand es genau geht, können die im Betrieb zu beachtenden Coronaregeln unterschiedliche Rechtsgrundlagen haben. Manche basieren vielleicht nur auf dem Weisungsrecht des Arbeitgebers, während andere – und wahrscheinlich die meisten – ihre Basis in Regelungsabreden und/oder Betriebsvereinbarungen haben. Denn schließlich haben Betriebsräte erzwingbare Mitbestimmungsrechte, wenn es um Fragen der Ordnung des Betriebs (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG) oder den Arbeits- und Gesundheitsschutz (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) geht.

Expertentipp: Mitbestimmung geltend machen!

Für Betriebsräte ist es, falls noch nicht geschehen, ratsam, ihre erzwingbaren Mitbestimmungsrechte nach § 87 Abs. 1 BetrVG wahrzunehmen, um mit dem Arbeitgeber gemeinsam Regelungen für den Infektionsschutz zu entwickeln und umzusetzen. Dies gilt auch und gerade für Sanktionsmechanismen bei Verstößen. Durch die Beteiligung der Arbeitnehmervertreter kann der Arbeitgeber zudem die Akzeptanz für die Regelungen aufseiten der Belegschaft erhöhen und ihre Befolgung positiv beeinflussen.

Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers

Wenn Verstöße gegen geltende Regeln festgestellt werden, können und sollten Arbeitgeber (und Betriebsrat) in einem ersten Schritt zunächst das Gespräch mit den Beschäftigten suchen. Hat dies nicht die erhoffte Wirkung, steht in der Regel als nächste Konsequenz die Erteilung einer bzw. erforderlichenfalls mehrerer Abmahnung(en) an. Im Wiederholungsfall und abhängig von der Intensität des Verstoßes könnte als letztes Mittel sogar eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen. Sie könnten eine einheitliche Vorgehensweise in einer Betriebsvereinbarung etablieren und die Beschäftigten darüber informieren.

Zulässigkeit einer fristlosen Kündigung

Vor dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung muss grundsätzlich mindestens einmal abgemahnt werden. Das immer noch verbreitete Gerücht, dass Arbeitnehmer erst nach dreimaliger Abmahnung fristlos entlassen werden dürfen, entspricht nicht den Tatsachen. Nur bei besonders schwerwiegenden Verstößen ist eine Abmahnung unter Umständen nicht nötig. In diesem Fall darf der Arbeitgeber sofort kündigen. Allerdings ist eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) immer nur die letzte Wahl, wenn kein anderes milderes Mittel zur Verfügung steht. Daher sollte vor dem Ausspruch der Kündigung stets geprüft werden, ob eine Beseitigung der von dem Arbeitnehmer ausgehenden Gefahr, abhängig von dem gegebenenfalls wiederholten Verhalten, anderweitig möglich ist – beispielsweise durch eine unbezahlte Freistellung. Grundsätzlich können insbesondere beharrliche Weigerungen, sich an berechtigte Regeln zu halten, aber durchaus eine Kündigung rechtfertigen.

Privates Verhalten ist irrelevant

Was der Arbeitnehmer in seiner Freizeit tut, geht den Chef nur in Ausnahmefällen etwas an – etwa dann, wenn sich dessen Verhalten auch auf den Arbeitsalltag auswirkt. Das ArbG Osnabrück (Urteil vom 08.07.2020, Az.: 2 Ca 143/20) hatte sich mit einem solchen Fall zu beschäftigen: Hier kündigte ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer, nachdem dieser auf WhatsApp-Bilder verschickt hatte, auf denen er sich mit mehreren Freunden zeigte und sich über die damals noch bestehenden Lockdown-Maßnahmen lustig machte. Laut eigenen Aussagen wollte sich der Beschäftigte nur einen Scherz erlauben. Der Arbeitgeber sorgte sich vor allem um die in seinem Betrieb beschäftigten Personen und führte an, diese schützen zu wollen. Für ihn sei das Arbeitsverhältnis nicht mehr zumutbar. Die Kündigungsschutzklage endete in einem Vergleich, sodass nicht mehr durch das Gericht entschieden werden musste, ob eine solche Kündigung rechtens war. Allerdings wäre hier wohl nur eine Abmahnung angemessen gewesen.

Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)