15.03.2021

Außerordentliche Kündigung und Personalratsmandat: Entscheidend ist die Glaubhaftmachung der Unwirksamkeit

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 04.02.2021 entschieden, dass ein dem Personalrat angehörender Arbeitnehmer, der nach der außerordentlichen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses ein Kündigungsschutzverfahren einleitet, in der Ausübung seines Personalratsamts nicht behindert werden darf, wenn die angegriffene Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Bei nicht offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung ist das betreffende Personalratsmitglied hingegen grundsätzlich aus rechtlichen Gründen an der Ausübung seines Personalratsamts verhindert.

Richterlicher Beschluss zum Personalratsmandat bei außerordentlicher Kündigung

Eilantrag zur weiteren Ausübung des Personalratsmandats

Der Antragsteller ist seit 1993 als Tarifbeschäftigter beim BND beschäftigt. Seit den Personalratswahlen im Jahre 2020 ist er Mitglied des Gesamtpersonalrats. Einige Monate nach der Wahl wurde das Arbeitsverhältnis des Antragstellers mit Zustimmung des Gesamtpersonalrats außerordentlich gekündigt. Der Beschäftigte hat hiergegen vor dem Arbeitsgericht Berlin Kündigungsschutzklage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde. Parallel dazu leitete er ein personalvertretungsrechtliches Hauptsache- und Eilverfahren ein. In der Hauptsache begehrt er die Feststellung, dass der Beschluss des Gesamtpersonalrats über die Zustimmung zu seiner außerordentlichen Kündigung unwirksam und er weiterhin Mitglied des Gesamtpersonalrats sei. Mit seinem Eilantrag möchte er in der Sache erreichen, vom Gesamtpersonalrat sowie dem Präsidenten des BND an der Ausübung seines Personalratsmandats bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in der Hauptsache nicht behindert zu werden. Dazu macht er geltend, dass der Zustimmungsbeschluss des Gesamtpersonalrats zur Kündigung fehlerhaft und die Kündigung aus verschiedenen Gründen rechtswidrig sei.

Handlungsfähigkeit bleibt erhalten bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren

Das in erster und letzter Instanz zuständige Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung abgelehnt. Ein außerordentlich gekündigtes Personalratsmitglied, das seine Kündigung im Wege der Kündigungsschutzklage vor den Arbeitsgerichten angreift, ist weiterhin Mitglied des Personalrats. Die Mitgliedschaft im Personalrat setzt nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG) bei Arbeitnehmern ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus. Die für ein Erlöschen der Mitgliedschaft erforderliche Gewissheit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist im Falle der Erhebung einer Kündigungsschutzklage in der Regel erst mit einer rechtskräftigen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren gegeben. Einem Mitglied des Personalrats steht (nach § 8 BPersVG) ein Anspruch auf ungestörte Ausübung seines Amts und der damit verbundenen Tätigkeiten zu. Dieser Anspruch erstreckt sich gegenüber dem Dienststellenleiter auch auf den ungehinderten Zutritt zur Dienststelle und zu allen Räumlichkeiten in ihr, soweit dies zur Erledigung der Personalratstätigkeit erforderlich ist.

Entscheidend ist die Glaubhaftmachung der Unwirksamkeit

Der Anspruch kann im Eilverfahren erfolgreich geltend gemacht werden, wenn das gekündigte Personalratsmitglied glaubhaft macht, dass die angegriffene Kündigung offensichtlich unwirksam ist. Denn bei einer derartigen Kündigung ist in Wahrheit kein ernst zu nehmender Zweifel am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gegeben, sodass der Rechtsposition des Personalratsmitglieds der Vorrang einzuräumen ist. An einer entsprechenden Glaubhaftmachung fehlt es hier. Lässt sich danach die offensichtliche Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung nicht feststellen, geht die rechtliche Ungewissheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und der davon abhängenden Mitgliedschaft im Personalrat dergestalt zulasten des gekündigten Personalratsmitglieds – hier des Antragstellers –, dass dieser bis auf Weiteres (nach § 31 Abs. 1 Satz 2 BPersVG) aus rechtlichen Gründen an der Ausübung seines Amts verhindert ist.

(BVerwG, Beschluss vom 04.02.2021, Az. 5 VR 1.20)

Autor*in: Werner Plaggemeier (langjähriger Herausgeber der Onlinedatenbank „Personalratspraxis“)