08.10.2015

Anhörung: Als Betriebsrat begründen Sie Ihren Widerspruch wasserdicht!

Die rechtlichen Grundlagen der personellen Angelegenheiten zählen zu den Eckpfeilern Ihrer Arbeit. Mit kaum etwas haben Sie öfter zu tun als mit Kündigungen, Einstellungen oder Versetzungen. Dabei sind diese Maßnahmen stets mit vielen Emotionen besetzt. Es gilt daher, einen klaren Kopf zu bewahren und sich in Ruhe mit den Rahmenbedingungen, die das BetrVG vorgibt, zu befassen. So agieren Sie rechtssicher und vermeiden Formfehler mit negativen Konsequenzen.

Personelle Einzelmaßnahmen

Arbeitsrecht. Gerade bei Kündigungen oder Versetzungen hoffen die Betroffenen auf Unterstützung vom Betriebsrat. Dies verleitet manche Gremiumsmitglieder dazu, der Maßnahme vorschnell und vor allem pauschal zu widersprechen. Juristisch gesehen wird dadurch genau das Gegenteil erreicht: Der Maßnahme wird mangels ordnungsgemäßer Begründung zugestimmt.

Bei personellen Einzelmaßnahmen können Sie widersprechen

Dreh- und Angelpunkt Ihrer Mitbestimmung ist in diesem Zusammenhang § 99 BetrVG: Die Geschäftsleitung muss Sie über geplante Maßnahmen wie Einstellungen, Versetzungen und Ein- bzw. Umgruppierungen informieren. Anschließend können Sie der Maßnahme zustimmen oder ihr widersprechen, falls ein in § 99 Abs. 2 BetrVG genannter Grund vorliegt. Im Falle eines Widerspruchs darf der Arbeitgeber nicht eigenmächtig handeln, sondern darf die Maßnahme nur dann umsetzen, wenn das Arbeitsgericht die fehlende Zustimmung ersetzt hat.

Ordnungsgemäße Begründung erforderlich

Will der Betriebsrat bei einer personellen Einzelmaßnahme die Zustimmung verweigern, muss er dies nach § 99 Abs. 3 BetrVG dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche unter Angabe von Gründen schriftlich mitteilen. Hierfür ausreichend ist weder die pauschale Ablehnung noch die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts des Zustimmungsverweigerungsgrundes. Vielmehr müssen Sie als Betriebsrat im Detail die konkreten Umstände des Einzelfalls im Ablehnungsschreiben an den Arbeitgeber er wähnen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass die gewollte Zustimmungsverweigerung mangels ausreichender Begründung tatsächlich als Zustimmung gilt.

Widerspruch bei Kündigungen

Ähnliches gilt beim Widerspruch zu einer Kündigung. Wird der Betriebsrat zu einer Kündigung eines Kollegen angehört, kann er dieser nach § 102 Abs. 3 BetrVG nur widersprechen, wenn es sich um eine fristgemäße Kündigung handelt und mindestens eine der folgenden Voraussetzungen zutrifft:

  1. Der Arbeitgeber hat bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt.
  2. Die Kündigung verstößt gegen eine Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG.
  3. Der zu kündigende Arbeitnehmer kann an einem anderen Arbeitsplatz im Betrieb oder Unternehmen weiterbeschäftigt werden.
  4. Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ist nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich.
  5. Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers ist unter geänderten Vertragsbedingungen möglich und der Arbeitnehmer hat sein Einverständnis damit erklärt.

Begründen Sie ausführlich und konkret

Das Widerspruchsschreiben muss erkennen lassen, auf welchen Widerspruchsgrund sich der Betriebsrat stützt. Darüber hinaus müssen im Rahmen der Begründung die konkreten Umstände des Einzelfalls genannt werden. Sonst besteht die Gefahr, dass der Widerspruch nicht als solcher zählt und dessen mögliche Folge in Form des Weiterbeschäftigungsanspruchs des betroffenen Arbeitnehmers (siehe § 102 Abs. 5 BetrVG) nicht besteht. Übrigens: Ein nicht ordnungsgemäß begründeter Widerspruch bei einer Kündigung wird umgedeutet als bloßes Äußern von Bedenken des Betriebsrats.

Übersicht: Gründe für Verweigerung der Zustimmung

Nach § 99 Abs. 2 BetrVG können Sie Ihre Zustimmung nur verweigern, wenn

  1. die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde.
  2. die personelle Maßnahme gegen eine Auswahlrichtlinie nach § 95 BetrVG verstoßen würde.
  3. die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.
  4. der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist.
  5. eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist.
  6. die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzeswidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
Autor*in: Silke Rohde (ist Rechtsanwältin & Journalistin sowie Chefredakteurin des Fachmagazins Betriebsrat KOMPAKT.)