10.02.2021

HOAI 2021: Änderungsübersicht und Tipps & Tricks der Experten

Die HOAI 2021 trat am 01.01.2021 in Kraft. Sie sorgte für eine Revolution im verbindlichen Preisrecht: Die Mindest- und Höchstsätze in der HOAI 2021 sind nicht mehr bindend – das Honorar kann nun frei vereinbart werden. Vorsicht Preiskampf! Mit diesen Tipps & Tricks der HOAI-Experten sichern Sie sich jetzt Ihr Honorar, das Ihnen zusteht.

HOAI 2021

Infolge des EuGH-Urteils zur HOAI vom 04. Juli 2019 wurde die HOAI-Fassung von 2013 angepasst. Diese Änderungen müssen Sie nun beachten.

HOAI 2021: Änderungsübersicht

Gegenüber der HOAI 2013 hat sich folgendes geändert:

  • Mit der HOAI 2021 wurde das verbindliche Preisrecht abgeschafft!
  • Die Honorartafeln dienen künftig zur Honorarorientierung. Die Werte in den Honorartafeln bleiben jedoch unverändert.
  • Mit der HOAI 2021 werden die Begriffe „Mindestsatz und Höchstsatz“ ersetzt durch „Basishonorarsatz und oberer Honorarsatz“.
  • Die Grundlagen und Maßstäbe zur Honorarermittlung bleiben erhalten.
  • Die Textform reicht nun für eine wirksame Honorarvereinbarung aus (bislang galt Schriftformerfordernis).

Tipps & Tricks der HOAI-Experten

In den nächsten Absätzen haben wir für Sie die Erläuterungen von vier Experten zum Thema HOAI gesammelt. Sie beantworten die gängigen Fragen, die sich Architekten und Planer stellen, wenn sie mit den Neuerungen konfrontiert werden. Damit werden Sie Ihre Honorarvorstellungen erfolgreich durchsetzen können.

Rechtsanwalt Dr. Karlgeorg Stork zur HOAI 2021: So vereinbaren Sie jetzt Ihr Honorar hieb & stichfest

Stork zur HOAI 2021Dr. Karlgeorg Stork, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Herausgeber von Architektenverträge und Bauverträge.

 

 

Was ändert sich mit der HOAI 2021 für die Honorarvereinbarung?

Bei den Honorartafeln der HOAI 2021 handelt es sich nur noch um Orientierungswerte. Diese stellen eine Auffangregelung dar für die voraussichtlich wenigen Fälle, in denen während der gesamten Vertragslaufzeit keine (dokumentierbare) Honorarvereinbarung in Textform zustande gekommen ist.

Weiterhin entfällt auch das Merkmal der zeitlichen Komponente bei Auftragserteilung. Dies lässt auch noch Honorarvereinbarungen während eines laufenden Planungsprozesses und Bauvorhabens zu, was meistens günstig für den Architekten ist, da er dann noch während des laufenden Bauvorhabens, solange er benötigt wird, Druck auf eine Honoraranpassung machen kann.

Worauf muss mit der HOAI 2021 nun besonders geachtet werden?

Neu in der HOAI 2021 ist eine Hinweispflicht gegenüber Verbrauchern. Beachten Sie: Sollte der Auftraggeber Verbraucher sein, ist der Architekt bzw. Ingenieur verpflichtet, spätestens mit der Abgabe seines Angebots in Textform darauf hinzuweisen, dass ein höheres oder niedrigeres Honorar als in den Honorartafeln der HOAI vereinbart werden kann.

Unterlässt er dies, gilt das Basishonorar (der bisherige Mindestsatz) als vereinbart. Problematisch ist hierbei, dass dieser Hinweis vor Abgabe von dessen verbindlicher Vertragserklärung erfolgen muss. Nicht geklärt ist, ob ein Hinweis im Vertrag ausreicht oder dieser vorab zu erfolgen hat. Deshalb empfehlen wir, den Hinweis bereits vor Vertragsunterzeichnung mit einem extra Schreiben zu geben, dessen Empfang der Auftraggeber bestätigt.

Was ist Ihr persönlicher Tipp?

Die Honorare für Architekten und Ingenieure werden vollumfänglich dem freien Markt unterworfen. Umso wichtiger ist jetzt also eine entsprechende Honorarvereinbarung mit auskömmlichen Honoraren!

  • Vereinbaren Sie Ihr Honorar hieb und stichfest.
  • Verwenden Sie rechtssichere Vertragsmuster.
  • Beachten Sie die Hinweispflicht zur Honorarhöhe.

Honorarsachverständige Elisabeth Heinemann zur HOAI 2021: Chancen und Risiken durch den Wegfall des verbindlichen Preisrechts

Elisabeth HeinemannDipl.-Ing. Elisabeth Heinemann, Architektin und ö.b.u.v. Sachverständige für Honorare für Architektenleistungen, Autorin bei HOAI und Vertragsrecht

 

 

Soll ab jetzt das Honorar nach HOAI oder frei vereinbart werden?

Mit der neuen, nicht verpflichtenden Honorarordnung HOAI 2021 ist das Honorar für alle Architekten- und Ingenieurleistungen grundsätzlich frei verhandelbar und vereinbar.

Mein Tipp jedoch: Angebote und Bieterverfahren auf Basis der HOAI schaffen Vergleichbarkeit, Transparenz und Flexibilität.

Grundsätzlich können Leistungen auf Stundenbasis, zu einem Pauschalpreis oder nach HOAI angeboten werden. Die HOAI bietet durch die verschiedenen Honorarparameter bei der Honorarermittlung bis zum Abschluss Entwurfsphase eine gewisse Flexibilität. Auch wenn manch ein Auftraggeber die HOAI auf den ersten Blick als verwirrend oder kompliziert betrachtet, so ist sie doch ein bewährtes Berechnungssystem zur Ermittlung angemessener Honorare. Insbesondere für Architekten und Ingenieure, die ihre Bürokosten nicht unternehmerisch kalkulieren und Daten abgewickelter Bauvorhaben analysieren – was im Übrigen sehr hilfreich ist –, ist eine Vereinbarung der HOAI als Vergütungssystem empfehlenswert.

Was ist ein angemessenes Honorar?

Der Gesetzgeber hat mit der Novellierung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG), der Ermächtigungsgrundlage für die HOAI 2021, neu formuliert: Der Verordnungsgeber hat „zur Ermittlung angemessener Honorare“ „Honorartafeln zu Honorarorientierung“ zu erlassen, welche „den berechtigten Interessen der Ingenieure und Architekten und der zur Zahlung Verpflichteten“ Rechnung tragen sollen.

Wenn auch eine Angemessenheitsregelung im Verordnungstext der HOAI schlussendlich nicht übernommen wurde, so ist davon auszugehen, dass die Orientierungswerte zwischen Basissatz und oberen Satz ein „angemessenes Honorar“ abbilden. In der Literatur wird davon ausgegangen, dass bereits das Doppelte des oberen Satzes nicht mehr angemessen sein dürfte. Gleiches gilt natürlich auch in Bezug auf die Unterschreitung des Basissatzes. Hier wird ein Abschlag von 50 % als nicht mehr angemessen bezeichnet. Die Rechtsprechung hierzu dürfte interessant werden.

Es wird aber auch an den Architekten und den Ingenieuren selbst liegen, Leistungen zu angemessenen Honoraren anzubieten und bei der Vertragsgestaltung die Angemessenheit der Vergütung im Blick zu behalten.

Gibt es Möglichkeiten der Honoraranpassung nach Vertragsabschluss unterhalb des Basissatzes?

Neben der Frage der Preisgestaltung im Angebot wird das Management von Änderungen im Planungsprozess zukünftig wichtiger werden. Meiner Meinung nach ist es zwingend erforderlich, dass sich Architekten und Ingenieure mit dem Änderungsprocedere des BGB (§650 b und c BGB) vertraut machen.

Das Änderungsmanagement erhält zunehmend Bedeutung, wenn der Planer z.B. durch den Preiswettbewerb „gezwungen“ war, unterhalb der Basissätze anzubieten und daraufhin den Auftrag erhalten hat. Er kann dann im Fall von auftretenden Änderungen sein Honorar durch ein gut geführtes Änderungsmanagement wieder auf ein wirtschaftlich auskömmliches Honorar anheben. Von den ausführenden Unternehmen können Architekten und Ingenieure das Formulieren von Nachträgen lernen: keine Änderung beginnt ohne unterschriebenen Nachtrag (oder der Anordnung des Bestellers gem. § 650 b BGB). Das Änderungsmanagement dient auch zur Vermeidung später auftretender Honorarstreitigkeiten.

Meine Empfehlung: Planungsbüros sollten sich eine Vorlage für ein solches Änderungsangebot nach § 650 b BGB schaffen, auf das auch die Mitarbeiter, je nach Struktur des Büros, zugreifen können. Auch dafür können sich Planer an den ausführenden Unternehmen orientieren.

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Was ist Ihr persönlicher Tipp?

Die HOAI bietet bis auf weiteres eine Orientierung für ein angemessenes Honorar für Architekten- und Ingenieurleistungen. Zu- und Abschläge auf das HOAI-Honorar schaffen Klarheit und Transparenz. Werden mit der Honorarvereinbarung die Interessen beider Vertragsparteien gleichermaßen berücksichtigt, kann sich ein angemessenes Honorar für eine gute, zuverlässige und gestalterisch hochwertige Planungs- und Überwachungsleistung durchsetzen.

Alle vertraglich zu vereinbarenden Leistungen sollten so konkret wie möglich beschrieben werden. Werden Grundleistungen vereinbart, kann auf die HOAI zurückgegriffen werden. Denn die Grundleistungen sind in ihrem Umfang in einer Vielzahl von Kommentaren sowie durch Gerichtsurteile bestimmt. Werden nicht alle Grundleistungen beauftragt oder erbracht, so muss § 8 Abs. 1 und 2 HOAI entsprechend Anwendung finden. Dafür kann auf gängige Teilleistungstabellen zurückgegriffen werden. Anstelle fertiger Teilleistungstabellen können auch objektbezogene Teilleistungstabellen entwickelt und vereinbart werden. Die Beschreibung des Vertragsgegenstands und dessen Beschaffenheit kann nach Abschluss der Planungsgrundlage konkret beschrieben werden.

Honorarsachverständiger Fritz Erhard zur HOAI 2021: Beachten Sie diese Änderungen für das Leistungsbild Freianlagen

Erhard zur HOAI 2021Dipl.-Ing. (FH) Fritz Erhard, Landschaftsarchitekt und Honorarsachverständiger, Autor bei HOAI und Vertragsrecht.

 

 

Wie wird sich die HOAI 2021 auf die Planer auswirken?

Der scheinbar marktliberale Ansatz eines reinen Preiswettbewerbs bei Planungsleistungen muss für die Büros nicht zwingend wirtschaftlich bedrohlich, sondern soll Anstoß für neue, verbesserte und zielgerichtete Strategien sein:

  • Darstellung/Präsentation der fachlichen Qualität
  • Argumentation und Verhandlungsgeschick
  • klare Vereinbarungen zu Leistung und Honorar

Was wird sich für den Bereich Freianlagen mit der HOAI 2021 ändern?

Die hehren Ansprüche an Planungs- und Baukultur im Sinne zeitgemäßer Verantwortung für Umwelt, Stadt und Landschaft werden im Bereich der Freianlagenplanung vielfach durch Nicht-Fachleute bzw. deren Leistungs- und Honorarangebote unterlaufen (Die Außenanlagen machen wir auch noch mit).

Dem ist vorrangig durch qualifizierte Berufsausbildung, stete Fort- und Weiterbildung und Darstellung der Professionalität gerade gegenüber nicht fachkundigen Auftraggebern zu begegnen. Im Gegensatz zu früher erscheint überzeugende (nicht überzogene) Selbstdarstellung – wie auch die Hervorhebung von eventuellen Alleinstellungsmerkmalen – mehr als angebracht, um einen Auftrag zu generieren.

Da zudem die Honorarfindung nun kein Selbstläufer mehr ist, stellt diese Darstellung der Honorarqualifikation eine wahrlich neue Herausforderung dar. Schon im frühen Stadium der Akquise sollte sich zeigen, dass der Wettbewerb nicht über den Preis, sondern über Leistung und Qualität angestrebt sowie im Verlauf des Projekts auch umgesetzt wird.

Was muss mit der HOAI 2021 bei Honorarermittlungen beachtet werden?

Angebote sind weitaus klarer, präziser und vollumfänglicher zu erstellen, denn die HOAI wird langfristig nicht weiterhelfen. Die werkvertragliche Regelung wird absoluten Vorrang haben.

Eigentlich müsste es dem Berufsstand eine Selbstverständlichkeit sein, zumindest die Basishonorarparameter wie Objektzuordnung, Leistungsbild, anrechenbare Kosten, Honorarzone, Umbauzuschlag etc. abzuarbeiten bzw. dem Auftraggeber darzulegen und die Mindestanforderungen an schriftliche/gültige Vereinbarungen zu erfüllen. Die Erfahrungen eines Honorarsachverständigen zeigen jedoch gerade bei den Freianlagenleistungen ein ziemlich unzulängliches Bild.

Es wird eine der unumstößlichen Auswirkungen der Änderungen der HOAI 2021 sein, sich mit den vertraglichen Vereinbarungen wesentlich sorgfältiger und professioneller zu befassen.

Was ist Ihr persönlicher Tipp?

Zusammenfassend stellt die HOAI 2021 eine Herausforderung dar, welcher vorrangig durch professionellen, argumentativen Leistungswettbewerb auch zu begegnen wäre.

Wie sich der unbestritten ggf. bedrohliche Preiswettbewerb auf die Büros auswirkt, ist noch nicht abzusehen und kann auch angesichts Corona-bedingter Projektstornierungen nur sehr schwierig evaluiert werden.

Deshalb sollten zumindest die „Orientierungswerte“ als solche gehandhabt werden.

Honorarsachverständiger Martin Vielhauer zur HOAI 2021: Darauf kommt es ab jetzt im Leistungsbild Technische Ausrüstung an

Vielhauer zur HOAI 2021Dipl.-Ing. Dipl. -Wirt. Ing. Martin Vielhauer, Geschäftsführer TEG – SV GmbH, Honorarsachverständiger TGA, Autor bei HOAI und Vertragsrecht

 

 

Worauf muss gerade im Bereich Technische Ausrüstung mit der HOAI 2021 verstärkt geachtet werden?

Eine detaillierte Definition des Leistungsbilds Technische Ausrüstung wird mit der HOAI 2021 deutlich wichtiger. Um als Auftraggeber vergleichbare Angebote zu erhalten, muss die Leistung klar beschrieben sein.

Hier hatte die HOAI den Vorteil, dass ein mehrheitlich gleiches Verständnis zur ungefähren Qualität der Grundleistung am Markt vorhanden war.

Der Nachteil bei der Technischen Ausrüstung war jedoch auch, dass der unterschiedliche Aufwand zwischen den Gewerken und HOAI Leistungsphasen nicht verursachungsgemäß zugeordnet war. Vor allem bei der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) mit unterschiedlichen Ansätzen in den Gewerken führte dies auch zur Fehlallokation von Honoraren. Auch war die Interpretation der geschuldeten Darstellungs- und Berechnungstiefen in den Leistungsphasen zwischen den Marktteilnehmern zum Teil sehr unterschiedlich.

Eine neue, freiere Bewertung der bekannten Themen lässt ggf. auch Möglichkeiten zur Verbesserung entstehen.

Man sollte vor der gesamten, teilweise emotionalen Honorardiskussion nicht vergessen, dass eine Vielzahl von Bauherren nicht streiten, sondern bauen will und dafür eine qualitativ hochwertige Planungsleistung benötigen.

Was muss mit der HOAI 2021 bei der Aufwandskalkulation beachtet werden?

Die HOAI hatte die Angebotskalkulation deutlich vereinfacht. Die Berechnungsmethode aus Baukosten, Objekt, Tafelwert und Honorarzone wurde schon fast automatisiert angewandt. Oft hatte die Vergütung irgendwie ausgereicht – nachkalkuliert wurde selten. Bei groben Kalkulationsfehlern konnte immer noch versucht werden, diese über eine Aufstockungsklage zu heilen. Dies ist jetzt vorbei.

In Zukunft werden die Planer den Aufwand für das hoffentlich detaillierte Leistungsbild genau kalkulieren müssen. Der Planungsprozess sollte daher kleinteilig zerlegt und die Planungsschritte über Aufwandsbetrachtung bewertet werden. Hierzu gehört auch die genaue Betrachtung der Nebenkosten. Dafür ist Erfahrung nötig.

Wo werden sich bei der Technischen Gebäudeausrüstung durch die HOAI 2021 neue Honorargestaltungen ergeben?

Im Zuge der Einführung von Building Information Modeling (BIM) entstehen gerade bei der Gebäudetechnik Chancen in der Honorargestaltung. Der Honorierungsvorschlag der AHO (Heft Nr. 11) hat sich stark an die HOAI angelehnt, was jedoch nicht bedeutet, dass nicht individuell und projektspezifisch aus geänderten oder verschobenen Leistungen Effizienzvorteile und Honorarmöglichkeiten entstehen können.

Was ist Ihr persönlicher Tipp?

Aufgrund der relativ geringen Anzahl an leistungsfähigen TGA-Planungsbüros, dem Fachkräftemangel in der Gebäudetechnik, der steigenden Technisierung der Bauwerke und der derzeit (!) noch guten Marktlage ist kurzfristig im Bereich der TGA wohl noch kein Preiskampf zu erwarten. Es ist jedoch anzuraten, diese Phase des vorsichtigen Optimismus zu nutzen, um sich auf die neu entstehenden Herausforderungen vorzubereiten.

Lesen Sie jetzt in HOAI und Vertragsrecht die ausführlichen Kommentare der HOAI-Experten und holen Sie sich weitere Tipps und Tricks ein. So sichern Sie das Honorar, das Ihnen zusteht!
Autor*in: WEKA Redaktion