10.11.2022

Pflichtenübertragung: So übertragen Sie Unternehmerpflichten richtig

Je größer ein Betrieb ist, desto schwieriger wird es für Unternehmer, ihren Pflichten nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) nachzukommen. Deshalb bestimmt § 13 ArbSchG, dass der Unternehmer „zuverlässige und fachkundige Personen“ beauftragen kann, seine Arbeitsschutzaufgaben in eigener Verantwortung zu übernehmen. Doch wie funktioniert eine Übertragung von Unternehmerpflichten konkret? Lesen Sie hier, was Unternehmer und Verantwortliche bei der Pflichtenübertragung beachten müssen.

Du bist ausgewählt! Mann zeigt mit dem Finger in die Kamera. Symbolbild für Pflichtenübertragung.

Der Arbeitgeber bzw. die Unternehmensleitung ist für die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit verantwortlich. Bestimme Aufgaben hierfür kann er an fachkundige Personen übertragen. Die Gesamtverantwortung bleibt aber beim Arbeitgeber. Führungskräfte haben ebenfalls die Pflicht, für Sicherheit und Gesundheitsschutz im Betrieb zu sorgen. Das gilt speziell für die Führungskräfte, die per Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz ausdrücklich beauftragt sind, die Pflichten des Unternehmers zu erfüllen, z.B. zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren.

Übertragung von Unternehmerpflichten immer schriftlich

Einen ersten Hinweis darauf, wie eine Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz konkret ausgestaltet sein muss, gibt § 13 Abs. 2 ArbSchG. Dort ist festgelegt, dass die Übertragung von Unternehmerpflichten schriftlich zu geschehen hat, um rechtswirksam zu sein, z.B.:

  • im Einstellungsvertrag
  • in der Stellenbeschreibung
  • in einem Delegationsdokument

Verantwortungsbereiche bei der Pflichtenübertragung klar definieren

Eine weitere Konkretisierung für die Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz nimmt die DGUV Vorschrift 1 in § 13 vor: Unternehmer dürfen ihre Pflichten nicht allgemein und global übertragen; vielmehr müssen sie bei der Beauftragung den Verantwortungsbereich und die Befugnisse so festlegen, dass die beauftragte Person die Grenzen ihrer Verantwortung daraus klar entnehmen kann. Die beauftragte Person muss das Dokument unterzeichnen und eine Ausfertigung davon erhalten.

Musterformulierung für eine Pflichtenübertragung

„Herrn/Frau ______ werden für den Betrieb/die Abteilung _____ die dem Unternehmer hinsichtlich der Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren obliegenden Pflichten übertragen,

  • in eigener Verantwortung Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten,
  • Anweisungen zu geben und sonstige Maßnahmen zu treffen,
  • eine wirksame Erste Hilfe sicherzustellen,
  • arbeitsmedizinische Untersuchungen oder sonstige arbeitsmedizinische Maßnahmen zu veranlassen,

soweit ein Betrag von ­­______ Euro nicht überschritten wird.“

An wen dürfen Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz übertragen werden?

13 Abs. 1 ArbSchG schreibt vor, dass der Unternehmer seine Pflichten nur an „zuverlässige und fachkundige“ Personen delegieren darf.

Pflichtenübertragung an zuverlässige Personen

Zuverlässigkeit kann angenommen werden, wenn nichts gegen die Erwartung spricht, dass die Person ihre Arbeitsschutzaufgaben sorgfältig durchführt.

Fachkundige Personen bei der Übertragung von Unternehmerpflichten: Was bedeutet das konkret?

Die Fachkunde nach § 13 Abs. 2 Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ergibt sich durch einschlägiges Fachwissen sowie die praktische Erfahrung, die erforderlich ist, um die übertragenen Aufgaben sachgerecht durchzuführen. In speziellen Zusammenhängen wie z.B. dem Umgang mit Sprengstoffen ist auch ein Fachkundeausweis erforderlich. Die Gefahrstoffverordnung nennt auch die Fachkraft für Arbeitssicherheit „fachkundig“ und verlangt, dass diese den Arbeitgeber bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung unterstützen (§ 6 Abs.11 GefStoffV) muss, z.B. durch die Erstellung der Gefährdungsbeurteilungen. Dennoch findet auf Grund der Sonderstellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit keine Pflichtenübertragung nach § 13 Abs. 2 ArbSchG. statt. Mehr zu den Anforderungen an Fachkräfte für Arbeitssicherheit ist in § 7 Arbeitssicherheitsgesetz (AsiG) sowie DGUV Vorschrift 2 nachzulesen.

Hinweis: Fachkräfte für Arbeitssicherheit

Fachkräfte für Arbeitssicherheit beraten den Unternehmer bzw. die Führungskräfte in Sachen Sicherheit und Gesundheitsschutz. Sie wirken auch darauf hin, dass die Beschäftigten sich sicherheitsgerecht verhalten und die Arbeitsschutzvorschriften beachten. Sie haben jedoch den Führungskräften und Mitarbeitern gegenüber keine unmittelbare Weisungsbefugnis – mit Ausnahme der Arbeitsunterbrechung beim Erkennen unmittelbar gefährlicher Zustände oder Verhaltensweisen.

In der Praxis sind die Sicherheitsfachkräfte häufig mit dem Veranlassen und Dokumentieren von Prüfungen, dem Erstellen von Betriebsanweisungen, der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen und Unterweisungen sowie mit der Kontrolle und Instandhaltung von Schutzausrüstungen beschäftigt. Darüber hinaus organisieren sie die Erste Hilfe und veranlassen ärztliche Vorsorge- oder andere arbeitsmedizinische Maßnahmen.

Auswahl- und Überwachungspflicht bleibt trotz Übertragung von Unternehmerpflichten

Unternehmer können nicht alle Pflichten delegieren. Sie haben z.B. die Pflicht, zu gewährleisten, dass die beauftragten Personen für ihre übertragenen Tätigkeiten geeignet sind und entsprechend unterwiesen werden. Auch haben sie nach der Übertragung der Verantwortung weiterhin die Pflicht, zu überwachen, ob die übertragenen Pflichten und Aufgaben auch wahrgenommen und durchgeführt werden.

Trotz Pflichtenübertragung bleibt der Arbeitgeber verantwortlich

Die strafrechtliche Verantwortung verbleibt bei dem Arbeitgeber, der durch fehlerhafte Personalauswahl Arbeitsschutzpflichten auf ungeeignete Mitarbeiter überträgt.

Fazit Übertragung von Unternehmerpflichten im Arbeitsschutz

Auch wenn die Übertragung auf eine geeignete Person erfolgte, verbleiben noch wesentliche Pflichten beim Vorgesetzten bzw. Unternehmer. Arbeitgeber haben sich regelmäßig mittels Kontrollen zu vergewissern, dass die von ihnen delegierten Pflichten gewissenhaft wahrgenommen werden.

Trotzdem ist es in jedem Fall sinnvoll, zu prüfen, wie die Arbeitsschutzorganisation durch geeignete Bestellungen, Beauftragungen und Pflichtenübertragungen durchgeführt werden kann.

Als Arbeitgeber bekommen Sie Rückmeldungen über die Erfüllung der übertragenen Aufgaben, sofern Sie das Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz regelmäßig in Dienstbesprechungen bzw. ASA-Sitzungen behandeln und sich über den Stand der Aufgabenrealisierung und der Umsetzung von Maßnahmen berichten lassen.

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Autor*innen: Kurt Kropp (Dr. rer. nat. Kurt Kropp ist Chemiker und war bis Ende 2017 Aufsichtsperson bei der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik (BGHW).), Martin Buttenmüller