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Neue DGUV Regel 110-011 für die sichere Arbeit in der Fleischwirtschaft

Die Fleischwirtschaft gehört zweifellos mit zu den gefährlichsten Branchen. Denn hier wird immer noch viel „von Hand“ gearbeitet – und zwar mit teils hochgefährlichen Geräten und Maschinen. Dazu kommt die Gefährdung durch das Schlachtvieh selbst. Die neue DGUV Regel 110-011 „Branche Fleischwirtschaft – Handwerk“ fasst jetzt die Anforderungen an sicheres und gesundes Arbeiten zusammen.

Fleischwirtschaft

Gefahren gibt es schon bei der Anlieferung der Tiere

Sicherheitsrelevant im Sinne des Arbeitsschutzes ist schon das Zufahren an die Entladestelle. Dies betrifft insbesondere denkbare Verletzungen beim Rückwärtsfahren oder beim ggf. erforderlichen Wegfahren der Fahrzeuge, bevor die Entladevorgänge beendet sind.

Weitere Gefährdungen bestehen durch Absturzrisiken an der Rampe sowie durch Stürze, Rutschen oder Stolpern etwa wegen tierischer Exkremente. Hinzu kommen noch Verletzungsgefahren durch die Tiere selbst (Austreten, Beißen, Stoßen bzw. Handverletzungen beim Führen von großen Tieren).

  • Wichtig ist die sorgfältige Auswahl der Personen, die Tiere entladen und zur Schlachtung treiben. Nur unterwiesene Personen mit entsprechenden Fachkenntnissen (insbesondere über das Verhalten von Tieren bzw. das beruhigende Einwirken auf sie) dürfen diese Tätigkeiten übernehmen.
  • Den Beschäftigten sind sicheres Schuhwerk und sichere Arbeitskleidung (z.B. Schuhe mit Zehenkappen) zur Verfügung zu stellen.

Da Tiere sich unkontrolliert bewegen können, sollte Dritten untersagt werden, Warte- und Beruhigungsbuchten zu betreten oder sich in diese hineinzulehnen bzw. dort hineinzugreifen.

Das Gefährdungspotenzial beim Betäuben, Töten und Entbluten

Die Tiere werden mit Elektrobetäubungsgeräten betäubt, dann mit Viehschussgeräten getötet und anschließend mit speziellen Messern entblutet. Größere Tiere werden vor oder nach dem Entbluten aufgehängt und über Rohrbahnen dem weiteren Arbeitsprozess zugeführt.

Schwerwiegende Verletzungen können bei der unsachgemäßen Handhabung der Viehschussgeräte oder durch elektrischen Strom bei der Nutzung der elektrischen Betäubungsgeräte, der Winden und der Lastaufnahme- und Anschlagmittel auftreten. In Ihre Gefährdungsbeurteilung gehören auch Reflexbewegungen der Tiergliedmaßen nach der Betäubung sowie Stich- und Schnittverletzungen.

Bei Viehschussgeräten sollte stets ein Ersatzgerät zur Verfügung stehen, damit nicht womöglich mit mängelbehafteten Geräten weitergearbeitet wird. Die Geräte sind, außer kurz vor ihrem Gebrauch, in entladenem Zustand zu halten (insbesondere in Arbeitspausen). Sie müssen sicher aufbewahrt und vor unbefugter Nutzung geschützt werden.

Diese Geräte dürfen nur von unterwiesenen Beschäftigten über 18 Jahren, die mit dem Gebrauch vertraut sind, genutzt werden.

Auch Elektrobetäubungssysteme können Beschäftigte gefährden. Vor dem Einsatz sind das Gerät selbst sowie die Zange und die Zuleitung auf Schwergängigkeit und Isolierungsmängel zu prüfen. Außerhalb des Betäubungsvorgangs muss das Gerät ausgeschaltet sein. Um Schnittverletzungen an den scharfkantigen Elektroden zu vermeiden, können je nach Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung schnitthemmende Handschuhe erforderlich sein.

Mögliche Sicherheitsprobleme beim Brühen, Enthaaren und Enthäuten

Im weiteren Arbeitsprozess kommen Maschinen für das Brühen, Enthaaren und Enthäuten zum Einsatz. Insbesondere durch Kontakt mit heißem Brühwasser bzw. heißen Maschinenteilen kann es zu schwerwiegenden Verletzungen kommen.

Wasserundurchlässige Schürzen, Stiefel mit hohen Schäften und andere PSA schützen die Beschäftigten vor Verbrühungen durch Spritzwasser.

Deckel sollten keine Öffnungen aufweisen, um Verletzungen durch rotierende Schläger zu vermeiden. Beim Öffnen des Deckels sollten die Schläger automatisch stoppen. Führungskräfte sollten regelmäßig prüfen und ggf. verhindern, dass diese und andere Schutzmaßnahmen manipuliert sind.

Kann das Brühwasser nicht direkt in die Abflussleitung abgeführt werden, ist der Abfluss so vorzunehmen, dass Ablaufrinnen und -öffnungen es problemlos aufnehmen können.

Vorsichtsmaßnahmen beim Abflammen

Häufig werden zum Abflammen der Tierkörper handgeführte gasbetriebene Abflammgeräte genutzt. Nur unterwiesene Personen dürfen diese Geräte handhaben. Während der Arbeiten dürfen sie nicht unbeaufsichtigt gelassen werden, damit bei Zwischenfällen jederzeit eingegriffen werden kann.

Zum Ablegen der Geräte während der Tätigkeiten sollen Beschäftigte Aufhängvorrichtungen nutzen. In der Nähe der Arbeiten mit Abflammgeräten dürfen sich keine brennbaren Materialien befinden.

Die Gefährdungsbeurteilung bei der Fleischbearbeitung

Das Fleisch wird zunächst grob zerlegt, bevor die Stücke in der Feinverarbeitung weiterbearbeitet werden. Dabei können Werkzeuge wie Handmesser oder handgeführte Knochensägen sowie handgeführte Maschinen zum Einsatz kommen.

Neben Stich- und Schnittverletzungen sind hier insbesondere Kopfverletzungen durch Anstoßen oder herabfallende Teile sowie Gefährdungen durch Arbeiten in ungünstigen Zwangshaltungen zu beachten.

Veredelung der Fleischteile

Mit Entschwartungs-, Enthäutungs- und Entvliesmaschinen werden die Fleischteile veredelt.

Die Geräte verfügen über eine manuelle oder automatische Zuführung, weshalb sie von Personen unter 18 Jahren nicht oder zu Ausbildungszwecken nur unter Aufsicht genutzt werden dürfen.

Die Maschinen dürfen nicht in die Verkehrswege ragen und müssen so aufgestellt sein, dass Vorbeigehende das Bedienpersonal nicht unabsichtlich anstoßen.

Sofern Kurzschlusssysteme oder andere Sicherheitseinrichtungen vorhanden sind, mit denen der Zugriff auf bewegte Teile (z.B. Zuführwalze) verhindert werden kann, sollten Manipulationen bei Unterweisungen untersagt und mit Kontrollen durch die Führungskräfte unterbunden werden.

Die neue DGUV Regel 110-011 können Sie bei der DGUV herunterladen.

Autor*in: Markus Horn

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