Kein Vorsteuerabzug bei Schwarzeinkäufen
Schwarz Hören oder Sehen kommt teuer zu stehen. Der einstige Werbeslogan für Rundfunkgebühren feiert übertragenen Sinnes im Handel immer wieder Urstände. Schwarz einkaufen und verkaufen ist schon strafrechtlich relevant, aber steuerrechtlich nicht minder.
Zuletzt aktualisiert am: 11. Februar 2025

Was bedeutet „schwarz“ im rundfunkrechtlichen Sinne?
„Schwarz Hören und Sehen, kommt teuer zu stehen“ drohten ARD und ZDF früher ihren Kunden. Wer bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der ersten Reihe sitzen will, wird immer noch zur Kasse gebeten. Die Methoden zum Aufspüren von schwarzen Schafen haben sich aber geändert. Um „Schwarzgucker“ herauszufinden, fährt der „Beauftragtendienst“ der Rundfunk- und Fernsehanstalten längst nicht mehr mit „Peilwagen“ durch die Gegend. Später dann versuchte die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) periodisch mit „Direct-Mail“-Aktionen, die schwarzen Schafe der Fernsehgemeinde aufzuspüren. Inhalt: Ein bisschen Werbung für die Angebote der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, und die Bitte zu überprüfen, „ob Sie alle Geräte angemeldet haben, die anzumelden sind“. Auch das ist mittlerweile Vergangenheit. Heute
- zahlt jeder Haushalt in Deutschland für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen Rundfunkbeitrag in Höhe von 18,36 Euro im Monat. Ab 2025 sind 18,94 Euro in der Diskussion; die darüber befindenden Länder haben noch keine Entscheidung gefällt.
- Der Beitrag fällt pro Haushalt an, egal wie viele Menschen in der Wohnung leben und ob sie tatsächlich Programme von öffentlich-rechtlichen Sendern sehen und hören oder nicht. Es ist kein Abo wie bei den Streaming-Diensten, das man kündigen kann.
- Aus sozialen oder gesundheitlichen Gründen kann man sich von der Gebühr befreien lassen oder eine Ermäßigung beantragen. Für eine Zweitwohnung zahlt man nicht doppelt.
Schwarz Hören oder Sehen ist somit nicht mehr möglich.
Was bedeutet „schwarz“ im steuerrechtlichen Sinne?
Da ist „schwarz“ nach wie vor relevant, heißt nur anders, nämlich Steuerhinterziehen.
Ist Steuerhinterziehen, also schwarz Einkaufen strafrechtlich relevant?
Ja, § 370 Abgabenordnung (AO) bedroht mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf, in besonders schweren Fällen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, wer
- den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
- die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
- pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.
Der Versuch ist strafbar.
Schwarzeinkauf verkauft und aufgeflogen: dürfen Sie Vorsteuer abziehen?
Nein, meint das Finanzgericht Münster ein einem Urteil vom 23.03.2022 (5 K 2093/20 U).
Worum ging es in dem Fall?
Um eine Betreiberin eines Kiosks in den Streitjahren seit dem 01.09.2014. Sie führte damit das zuvor von ihrem Ehemann, Herrn BC, ausgeübte und zum 31.08.2014 abgemeldete Unternehmen bis zum 03.02.2016 fort. Die Umsatzsteuern für die beiden Streitjahre wurden gegen sie zunächst erklärungsgemäß festgesetzt (2014: 1.291,35 Euro; 2015: 8.709,35 Euro).
Das zuständige Finanzamt führte bei der Kioskbetreiberin beginnend am 15.06.2016 für die Streitjahre eine Betriebsprüfung durch. Anlass waren strafrechtliche Ermittlungen des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (StrafaFA) J gegen die Verantwortlichen der G GmbH. Diese hatte gewerblichen Kunden die Möglichkeit eingeräumt, Waren gegen Barzahlung und ohne ordnungsgemäße Rechnung zu beziehen.
Die entsprechenden Umsätze habe die G GmbH nicht erklärt. Die Prüferin des Finanzamtes kam auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse des StrafaFA J zu der Feststellung, dass die G GmbH 2014 Eingangsumsätze von 49.085,42 Euro und 2105 von 102.218,24 Euro aus Lieferungen der G GmbH sowie die entsprechenden Ausgangsumsätze nicht in ihrer Buchführung erfasst habe. Somit lagen Schwarzeinkäufe und Schwarzverkäufe vor. Die Kioskbetreiberin habe die Waren der G GmbH bar bezahlt und auf die Ausstellung ordnungsgemäßer Rechnungen verzichtet.
Zwar hätte die Kioskbetreiberin die Vorwürfe bestritten, dem sei wegen der entgegenstehenden Zeugenaussagen von Mitarbeitern der G GmbH jedoch nicht zu folgen. Die mit diesen Eingangsumsätzen im Zusammenhang stehenden, bisher nicht erklärten Ausgangsumsätze seien unter Anwendung eines einheitlichen Aufschlagsatzes von 22 Prozent zu ermitteln. Die so ermittelten Ausgangsumsätze unterlägen der Umsatzsteuer, und zwar anteilig nach dem Verhältnis der erklärten Umsätze
- teilweise zum Regelsteuersatz 19 Prozent
- teilweise zum ermäßigten Steuersatz sieben Prozent
Die festgestellten Schwarzeinkäufe seien als Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Ein Vorsteuerabzug sei für die Schwarzeinkäufe nicht zu gewähren. Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Prüferin und setzte die Umsatzsteuern mit geänderten Bescheiden vom 01.12.2016 für das Jahr 2014 auf 10.513,98 Euro, für 2015 auf 8.709,35 Euro fest. Gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide legte die Kioskbesitzerin Einspruch ein und begründete diesen dahingehend, dass die Hinzuschätzungen zu hoch ausgefallen seien.
Was sagte das Finanzamt dazu?
Es änderte im Laufe des Einspruchsverfahrens den Umsatzsteueränderungsbescheid für 2015 wegen eines Erfassungsfehlers nach § 129 Abgabenordnung (AO) mit Bescheid vom 28.07.2017 auf 24.355,59 Euro Umsatzsteuer. Später setzte es die Umsatzsteuern mit weiteren Änderungsbescheiden vom 16.11.2017 für 2014 auf 10.445,54 Euro und für 2015 auf 24.344,88 Euro fest. Im Rahmen seiner Einspruchsentscheidung vom 22.06.2020 half es dem Einspruch darüber hinaus dahingehend insoweit ab, dass ein einheitlicher Aufschlagsatz von 14 Prozent auf die festgestellten Schwarzeinkäufe angewendet wurde. Die Umsatzsteuern setzte es danach mit der Einspruchsentscheidung auf 9.840,69 Euro (2014) und auf 23.082,22 Euro (2015) fest. Im Übrigen wies es den Einspruch der Kioskbesitzerin als unbegründet zurück. Daraufhin hat die Kioskbetreiberin Klage erhoben.
Was trägt die Klägerin vor?
Zunächst, dass ihr der Vorsteuerabzug für die laut Prüfungsbericht erfolgten Schwarzeinkäufe zustehe. Aus einem Vermerk des beteiligten Fahndungsprüfers L gehe hervor, dass über die nicht erklärten Eingangsumsätze, also Schwarzeinkäufe dem Finanzamt Rechnungen vorgelegen hätten. In dem Vermerk werde ausgeführt, dass dem Fahndungsprüfer bei Durchsicht der Prüfungsberichte für die Klägerin sowie für ihren Ehemann, Herrn BC, aufgefallen sei, dass die Rechnungen für 2015 im Fall der Klägerin falsch aufaddiert worden seien.
Zu dem Vorhalt, dem Fahndungsprüfer hätten keine Rechnungen über die Schwarzeinkäufe vorgelegen, trägt die Klägerin ergänzend vor, dass sie zwar nicht selbst im Besitz von Rechnungen gewesen sei, allerdings sei ihr ausnahmsweise gleichwohl der Vorsteuerabzug zu gewähren.
So vertrete selbst die Finanzverwaltung in einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 18.09.2020 (III C 2) die Auffassung, dass der Vorsteuerabzug unter Anwendung eines strengen Maßstabes auch zu gewähren sei, wenn die Finanzverwaltung über sämtliche Angaben verfüge, um die materiellen Voraussetzungen zu überprüfen. Im Fall der Klägerin gehe aus den Verwaltungsakten des beklagten sowie des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (StrafaFA) J hervor, dass die Schwarzeinkäufe durch Wiederherstellung des Debitorenkontos der Klägerin bei der G GmbH ermittelt worden seien.
In diesem seien auch die von der G GmbH auf die einzelnen Umsätze anzuwendenden Steuersätze aufgeführt. Danach verfüge der Beklagte über sämtliche Angaben, die ihm eine abschließende Prüfung der materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug ohne Vorlage der jeweiligen Rechnung ermögliche. Das beklagte Finanzamt selbst gehe davon aus, dass die Leistungen der G GmbH an die Klägerin für ihr Unternehmen bezogen worden seien. Der Kontrollfunktion der Rechnung komme hier keine weitere Bedeutung zu, da die Finanzbehörden im Fall der Klägerin bezüglich der von ihr von der G GmbH erhaltenen Leistungen über alle erforderlichen Informationen verfügten.
Dürfen Sie zumindest die Vorsteuer aus dem Schwarzeinkauf gegenrechnen?
Im Verfahren war die Klägerin nach der Hinzuschätzung von Umsätzen durch die Betriebsprüfung der Meinung, dass ihr ein Vorsteuerabzug aus dem nachgewiesenen schwarzen Wareneinkauf zustehen würde. „Schwarz“ bedeutet also, dass die Waren eingekauft wurden, der Einkauf aber nicht durch die Bücher lief und auch der Verkauf ohne Aufzeichnung der Umsätze stattfand.
Das Finanzamt verneinte den Anspruch, weil keine ordnungsgemäßen Rechnungen vorlagen. Das Finanzgericht verneinte den Vorsteuerabzugsanspruch ebenfalls. Für den Vorsteuerabzug müsse sich eine gültige, zumindest berichtigungsfähige Rechnung im Besitz des Vorsteuerabzugsberechtigten befinden. Kontrollmaterial des Fahndungsprüfers kann diesen Besitz nicht ersetzen und rechtfertigt auch keine Schätzung der Vorsteuer.
Hilfsweise – so machten die Richter deutlich – wäre der Vorsteuerabzug wohl auch entfallen, weil die Klägerin sich an einer in der Lieferkette begangenen Umsatzsteuerhinterziehung beteiligt hatte. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Diese Vorschrift beruht auf Art. 167, 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL), wonach der Steuerpflichtige, der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. Das Recht auf Vorsteuerabzug entsteht danach, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStG weiter voraus, dass der Unternehmer eine nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellte Rechnung besitzt. Diese Vorschrift beruht auf Art. 178 Buchst. a MwStSystRL. Danach kann das Recht zum Vorsteuerabzug nur ausgeübt werden, wenn der Steuerpflichtige eine im Einklang mit den Art. 220 bis 236 und 238 bis 240 MwStSystRL ausgestellte Rechnung besitzt.

Download: Umgang mit den Freigrenzen für die Bauabzugssteuer
Wird keine Freistellungsbescheinigung vorgelegt, kann vom Steuerabzug auch dann abgesehen werden, wenn die ...
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