11.01.2022

Der Leistungsempfänger als Steuerschuldner (13b-Umsätze)

Erinnern Sie sich noch? Früher gab es beim Telefonieren das R-Gespräch. Sie beantragten es beim Fräulein vom Amt. Das fragte den Angerufenen. Wenn er annahm, zahlte er für das Gespräch. So ähnlich funktioniert das Reverse-Charge-Verfahren bei der Umsatzsteuer.

§13b-Umsätze

Normalerweise gilt: wer bestellt, zahlt. Wer bezahlt beim Reverse-Charge-Verfahren?

Der andere. Reverse-Charge-Verfahren kehrt die Steuerschuldnerschaft um. Nach dieser speziellen Regelung des Umsatzsteuerrechts entrichtet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer und nicht wie üblich der leistende Unternehmer.

Können Sie als leistender Unternehmer, wie der Angerufene beim R-Gespräch ablehnen?

Nein. Hierbei besteht kein Wahlrecht – die Umsatzsteuerschuld geht zwingend auf den Leistungsempfänger über.

Worin ist das gesetzlich geregelt?

In § 13b Umsatzsteuergesetz (UstG). Grundsätzlich schulden Sie als Unternehmer, der die Lieferung oder sonstige Leistung erbringt, demnach die gesetzliche Umsatzsteuer. Bei bestimmten Konstellationen hat es der Gesetzgeber aber für erforderlich gehalten, die Steuerpflicht auf den Leistungsempfänger zu übertragen. In den Fällen des § 13b UStG schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer.

Warum hat man die Regelungen in § 13b UStG eingeführt?

Aus folgenden Gründen:

  • Sicherungsmaßnahme gegen Umsatzsteuerhinterziehung: Oft haben in der Vergangenheit ausländischen Subunternehmern Vorsteuer aus Rechnungen gezogen, die Umsatzsteuer jedoch nie abgeführt.
  • Erleichterung der umsatzsteuerlichen Abwicklung bei Leistungen im Ausland durch die Übertragung der Steuerschuldnerschaft. Ohne § 13b UStG müssten Sie als Unternehmer jedes Mal, wenn Sie für einen ausländischen Unternehmer tätig werden, im Ausland eine Umsatzsteuererklärung abgeben.

Gilt die Steuerschuldnerschaft für alle Umsätze?

Für jene für den unternehmerischen und solche für den nicht unternehmerischen Bereich des Leistungsempfängers. Was Sie nicht können, ist, die Steuerschuldnerschaft auf Privatpersonen übertragen – das geht nicht.

Gemäß § 13b Abs. 1 und 2 UStG setzt der Übergang der Steuerschuldnerschaft voraus, dass

  • ein leistender Unternehmer,
  • der im übrigen Gemeinschaftsgebiet oder im Ausland ansässig ist,
  • im Inland,
  • steuerbare und steuerpflichtige Umsätze erbringt.

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Gibt es noch andere Anwendungsfälle des § 13b UstG?

Ja, und zwar die durch inländische Unternehmen ausgeführten Bauleistungen und Umsätze, die unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen. Hier geht die Steuerschuldnerschaft auch über, wenn beide Vertragspartner ihren Sitz in Deutschland haben. Gleiches gilt für:

  • durch inländische Unternehmen ausgeführte Lieferungen von Wärme oder Kälte,
  • Lieferungen von Industrieschrott und Altmetallen,
  • für bestimmte Lieferungen von Gold und
  • für inländische Gebäudereinigungsleistungen.

Was ergibt sich aus der Umkehr der Steuerschuldnerschaft?

Dass der Leistungsempfänger die Steuerschuld anmeldet und an das Finanzamt abführt. Darüber hinaus kann er, wenn er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, die von ihm ermittelte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen (§ 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG). Dies ist auch unabhängig von einer Rechnung möglich.

Der Leistungsempfänger schuldet die Steuer auch bei tauschähnlichen Umsätzen.

Sie als leistender Unternehmer erteilen eine ordnungsgemäße Rechnung. Hier dürfen Sie keine Steuer ausweisen – tun Sie es unberechtigterweise doch, schulden Sie diese Steuer gemäß § 14c Abs. 1 UStG, solange Sie die Rechnung nicht berichtigen. In Ihrer Rechnung weisen Sie auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft hin. Fehlt diese Angabe in Ihrer Rechnung, entbindet das den Leistungsempfänger allerdings nicht von seiner Steuerschuldnerschaft.

Weisen Sie als leistender Unternehmer Umsatzsteuer aus?

Nein, auf keinen Fall. Tun Sie dies doch, handelt es sich hierbei um einen unberechtigten Ausweis der Umsatzsteuer, die Sie schleunigst berichtigen, sonst müssen Sie die unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer zusätzlich zahlen. Und das wollen Sie doch nicht. Ein in diesem Zusammenhang interessantes Urteil hat der EuGH gefällt.

Autor*in: Franz Höllriegel