05.05.2017

Pareto-Analyse: Qualitätsprobleme richtig priorisieren

Als Qualitätsverantwortlicher stehen Sie nicht selten vor einer Vielzahl von Qualitätsproblemen, die Sie lösen müssen. Doch wo sollen Sie anfangen? Welche Probleme haben die größte Bedeutung? Denken Sie daran – Sie haben meist nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung und auch Ihr Zeitbudget hat Grenzen. Umso wichtiger ist es, die richtigen Prioritäten zu setzen. Die Pareto-Analyse unterstützt Sie bei der Entscheidungsfindung!

Pareto-Analyse nach dem 80/20-Prinzip

Nach dem ökonomischen Prinzip vorgehen

Auch im Qualitätsmanagement sollte sich das Handeln am ökonomischen Prinzip orientieren. Danach erreichen Sie mit minimalem Aufwand ein bestimmtes Ziel oder aber mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen ein optimales Ergebnis. Daher sollten Sie die Pareto-Analyse zur Steuerung Ihrer Qualitätssicherungsmaßnahmen einsetzen. Die Methode ermöglicht es Ihnen, innerhalb kürzester Zeit Problem- und Fehlerschwerpunkte zu erkennen und die Problemlösung und Fehlerbekämpfung zu optimieren.

Das Pareto-Prinzip

Die Pareto-Methode basiert auf dem Pareto-Prinzip, welches nach dem italienischen Ingenieur und Nationalökonomen Vilfredo Pareto benannt wurde. Es besagt, dass etwa 80 % der Auswirkungen durch etwa 20 % der möglichen Ursachen bzw. Einflussgrößen bedingt sind. Daher wird das Pareto-Prinzip auch als 80/20-Regel bezeichnet. Es signalisiert mithin, dass nur ein relativ geringer Teil der Ursachen zu einem relativ großen Anteil der Auswirkungen führt. Bezogen auf das Qualitätsmanagement bedeutet dies, dass in der Regel 20 % der auftretenden Fehler 80 % der Fehlerkosten verursachen.

Was ist die Pareto-Analyse?

Die Pareto-Analyse unterstützt Sie dabei, Ursachen eines Problems und deren Auswirkungen im Hinblick auf ihre Bedeutung für das Gesamtproblem zu bewerten. Die Ursachen werden, geordnet nach der Reihenfolge ihrer Bedeutung, als Säulen in ein zweidimensionales Koordinatensystem (Pareto- Diagramm) eingetragen. Die Pareto- Analyse ist eine Entscheidungshilfe, die es Ihnen ermöglicht, wichtige von unwichtigen Problemursachen zu unterscheiden. So sind Sie z.B. durch die Auswertung von Fehlerstatistiken in der Lage, jene Fehler zu identifizieren, die die höchsten Kosten in den Fertigungsprozessen verursachen. Auf dieser Grundlage können Sie dann entscheiden, in welcher Reihenfolge Sie die Problemursachen angehen.

So gehen Sie vor!

Bei der Durchführung der Pareto-Analyse sollten Sie in folgenden Schritten vorgehen, die anhand eines Beispiels aus der Fertigung eines Mobiltelefonherstellers erklärt werden:

  • Problem definieren
  • Daten sammeln
  • Auswirkungen ermitteln
  • Pareto-Diagramm erstellen

 

Problem definieren

In einem ersten Schritt beschreiben Sie das Problem, welches Sie mithilfe der Pareto-Analyse lösen möchten. Die Methode eignet sich nicht nur zur Analyse von Fehlern, Beschwerden und Reklamationen. Sie kann auch zur Steuerung der Produktionskosten und zur Lagerbestands- und Bestellmengenoptimierung sowie zur Klassifizierung von Materialien in der Lagerhaltung eingesetzt werden. Darüber hinaus bestimmen Sie eine Messgröße, z.B. die Häufigkeit des Auftretens von Fehlern in bestimmten Fehlerkategorien und deren Kostenverursachung oder aber die Bedeutung aus Kundensicht, die Sie z.B. auf einer Skala von 1 bis 5 messen können.

Beispiel

Ein Hersteller von Mobiltelefonen beschließt, die Reklamationsstatistik des letzten Quartals mithilfe der Pareto-Analyse auszuwerten, um Fehlerschwerpunkte in der Fertigung zu identifizieren. Als Messgröße soll die Häufigkeit von Reklamationen dienen.

 

Daten sammeln

In einem nächsten Schritt geht es darum, die für die Analyse erforderlichen Daten zu sammeln und zu dokumentieren, z.B. mithilfe einer Fehlersammelliste oder durch die Auswertung von einschlägigen Unterlagen. Wichtig ist, dass die Daten aktuell und repräsentativ sind. Erfolgen Fehlermessungen in der Fertigung über einen längeren Zeitraum, so sollten diese Messungen immer unter den gleichen Rahmenbedingungen stattfinden, z.B. nur jeweils in einer Schicht bei gleicher Lufttemperatur und -feuchtigkeit.

 

Beispiel

Die Auswertung der Reklamationen ergab, dass Fehler und Mängel vor allem in 9 Kategorien auftraten. In einer 10. Kategorie „Sonstiges“ wurden alle sonst noch auftretenden Fehlerkategorien zusammengefasst (siehe Tabelle 1).

 

Tabelle 1: Daten sammeln

Fehlerkategorie Anzahl der Reklamationen
A Frontkamera defekt 441
B Kratzer aus Display 329
C Riss in Gehäuse 188
D Freisprecheinrichtung defekt 2.717
E Fehlerhaft arbeitendes Betriebssystem 448
F Home-Button locker 185
G Datenkabel fehlt 1.081
H falsche Bedienungsanleitung 285
I Rauschen beim Telefonieren 3.089
J Sonstiges 244

Auswirkungen ermitteln

Die bloße Häufigkeit von Fehlern gibt noch keinen Aufschluss über die Bedeutung der Fehler. Diesbezüglich sollten Sie auch die Kosten beachten, die durch die Fehler verursacht werden. Soweit Sie diese nicht aus der Kostenrechnung entnehmen können, sollten sie geschätzt werden. Im Anschluss daran berechnen Sie die Gesamtkosten für jede Fehlerkategorie, so dass es jetzt möglich ist, die Anteile der Kosten für die Fehlerkategorien zu ermitteln. Die Anteile bringen Sie schließlich in eine absteigende Rangfolge. Analog gehen Sie bei ähnlichen Problemstellungen vor.

Beispiel

Der Hersteller von Mobiltelefonen errechnet mithilfe der aus Tabelle 2 ersichtlichen Kostensätze zunächst die Gesamtkosten. Danach ermittelt er die prozentualen Kosten -anteile und bringt diese in eine entsprechende Rangfolge.

 

 Tabelle 2: Auswirkungen ermitteln

Fehlerkategorie Anzahl der Reklamationen Kosten je Fehler (€) Kosten gesamt (€) Anteil (%) Rang
A Frontkamera defekt 441 6,8 3.000 3 5
B Kratzer aus Display 329 7,6 2.500 2,5 6
C Riss in Gehäuse 188 5,32 1.000 1 9
D Freisprecheinrichtung defekt 2.717 9,2 25.000 25 2
E Fehlerhaft arbeitendes Betriebssystem 448 11,16 5.000 5 3
F Home-Button locker 185 8,11 1.500 1,5 8
G Datenkabel fehlt 1.081 3,7 4.000 4 4
H falsche Bedienungsanleitung 285 3,51 1.000 1 10
I Rauschen beim Telefonieren 3.089 17,81 55.000 55 1
J Sonstiges 244 8,2 2.000 2 7

Pareto-Diagramm erstellen

Im nächsten Schritt erstellen Sie ein Pareto-Diagramm, in dem auf der Abszisse die relevanten Fehlerkategorien, auf der Ordinate die Anteile der Messwerte dargestellt werden. In dieses Diagramm tragen Sie die Prozentwerte der einzelnen Fehlerkategorien in absteigender Reihenfolge ein und kumulieren diese Werte, so dass jetzt ein Säulendiagramm entsteht.

Beispiel

Der Hersteller von Mobiltelefonen erstellt aus den berechneten prozentualen Anteilen der Fehlerkategorien ein Pareto-Diagramm, aus dem deutlich wird, wie sich die Fehlerkosten verteilen (siehe Tabelle 3).

 

Tabelle 3: Pareto-Diagramm erstellen

Paretor-Diagramm erstellen

 

Vorzüge der Pareto-Analyse

Die Pareto-Analyse ist eine einfache und übersichtliche Methode, die es ermöglicht, kostengünstig und innerhalb kürzester Zeit einen Überblick über die wesentlichen Auswirkungen und Ursachen eines Problems zu erhalten, sofern die relevanten Daten vorliegen. Die Methode ist leicht zu erlernen und ohne große Vorkenntnisse anwendbar. Sofern es sich um offensichtliche Problemursachen handelt, kann in der Regel bereits während der Durchführung der Methode mit der Erarbeitung von Vorschlägen für Verbesserungsmaßnahmen begonnen werden.

Schwierigkeiten bei der Anwendung

Es ist allerdings möglich, dass viele gleichhäufige Fehlerarten auftreten. Dabei handelt es sich dann in der Regel um zusammengefasste Fehlerarten, die anders aufgeteilt werden sollten. Dazu kommt, dass die Methode nur zur Darstellung von relativ wenigen Fehlerarten geeignet ist. Soll eine Vielzahl von Fehlerarten untersucht werden, so empfiehlt es sich, Fehlerarten zu Fehlerkategorien zusammenfassen, worunter allerdings die Aussagekraft der Pareto-Analyse leiden kann.

Autor*in: Jens Harmeier