27.02.2020

Technik-Dokumentation für Medizinprodukte

Medizinprodukte leisten einen wesentlichen Beitrag zur medizinischen Versorgung der Menschen und sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Dabei sind die Medizinprodukte eine sehr heterogene Produktgruppe, die alle möglichen Arten von kleinen Produkten, Instrumenten und Apparaten, Implantaten, Reagenzien und auch Software umfasst.

Medizinprodukt Injektionsspritze

Dazu gehören unterschiedliche Artikel wie Einwegspritzen, Beatmungsgeräte und laut der BMBF-Studie Innovationshürden 2008, S. 11, sind 400.000 Artikel in 8.000 Produktgruppen in Deutschland auf dem Markt. Neben den großen Herstellern bringen viele kleine und mittlere Unternehmen innovative Produkte auf den Markt.

Aufgrund der höchstsensiblen Aufgaben von Medizinprodukten ist der Medizinproduktebereich ein stark reguliertes Produktfeld – nicht nur in Deutschland und Europa, sondern weltweit. Vielfältige Vorgaben werden an den Hersteller und Benutzer und auch Verkäufer gestellt, um die Sicherheit der Patienten zu gewährleisten. Entwickler und Konstrukteure sind von Beginn einer Produktidee an gefordert, sich diesen Anforderungen zu stellen.

Alle Schritte der Entwicklung, von der Idee über die klinischen Studien bis zur Serienreife und natürlich auch die Marktbeobachtung müssen dokumentiert werden. Die Gebrauchsanweisung ist in diesem Zusammenhang nicht nur für den Benutzer gedacht, sondern auch ein notwendiges Dokument für die Zulassung eines Medizinprodukts: ein weites Feld für den Technik-Redakteur.

In diesem Beitrag wird zuerst eine Übersicht über nationale und europäische Regularien erstellt und dann ein kurzer Überblick über weltweite Anforderungen gegeben, immer mit dem Fokus auf der Technik-Dokumentation.

Wichtige Begriffe

Medizinprodukt

Die Definition von Medizinprodukten findet man u.a. im Medizinproduktegesetz (MPG), das für uns in Deutschland zurzeit maßgeblich ist:

„Medizinprodukte sind alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke

  1. der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,
  2. der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,
  3. der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder
  4. der Empfängnisregelung

zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann.”

Zu diesen Medizinprodukten zählt man auch aktive medizinische Geräte und In-vitro-Diagnostika, die jeweils in einer eigenen EU-Richtlinie behandelt werden. Zum Beispiel: Implantate, Injektionsspritzen, Infusion, Transfusion und Dialyse, humanmedizinische Instrumente, medizinische Software, Zahnfüllungen, Katheter, Herzschrittmacher, implantierbare Defibrillatoren, Pflaster und Mullbinden, Sehhilfen, Röntgengeräte, MRT, Kondome, ärztliche und zahnärztliche Instrumente sowie Labordiagnostika.

Aktives medizinisches Gerät

Die EU-Richtlinie 90/385/EWG, die die aktiven medizinischen Geräte zum Thema hat, unterscheidet aktive medizinische und aktiv implantierbare medizinische Geräte. Ein aktives medizinisches Gerät ist ein Medizinprodukt, „[…] dessen Betrieb auf eine elektrische Energiequelle oder eine andere Energiequelle als die unmittelbar durch den menschlichen Körper oder die Schwerkraft erzeugte Energie angewiesen ist“.

Dazu zählen z.B. Beatmungsgeräte oder bildgebende Verfahren wie MRT oder Kernspintomografie.

Aktives implantierbares medizinisches Gerät

Ein aktives implantierbares medizinisches Gerät ist ein Medizinprodukt, „[…] das dafür ausgelegt ist, ganz oder teilweise durch einen chirurgischen oder medizinischen Eingriff in den menschlichen Körper oder durch einen medizinischen Eingriff in eine natürliche Körperöffnung eingeführt zu werden, und dazu bestimmt ist, nach dem Eingriff dort zu verbleiben”.

Dazu zählen z.B. Infusionspumpen, Herzschrittmacher oder Defibrillatoren.

In-vitro-Diagnostikum

In-vitro-Diagnostika sind z.B. Laborgeräte, die Proben, die von oder aus dem Körper stammen, zur Diagnose (z.B. von Krankheiten) verwenden und analysieren. Je nach Definition kann sogar Software ein In-vitro-Diagnostikum sein.

Im Artikel 1.2.b der EU-Richtlinie 98/79/EG (IVD) findet man die ausführliche Definition von In-vitro-Diagnostika. Demnach „[…] ist jedes Medizinprodukt, das als Reagenz, Reagenzprodukt, Kalibriermaterial, Kontrollmaterial, Kit, Instrument, Apparat, Gerät oder System – einzeln oder in Verbindung miteinander – nach der vom Hersteller festgelegten Zweckbestimmung zur In-vitro-Untersuchung von aus dem menschlichen Körper stammenden Proben, einschließlich Blut- und Gewebespenden, verwendet wird und ausschließlich oder hauptsächlich dazu dient, Informationen zu liefern:

  • über physiologische oder pathologische Zustände oder
  • über angeborene Anomalien oder
  • zur Prüfung auf Unbedenklichkeit und Verträglichkeit bei den potentiellen Empfängern oder
  • zur Überwachung therapeutischer Maßnahmen”.

Arzneimittel gehören eindeutig nicht zu Medizinprodukten, da ihre (der Arzneimittel) bestimmungsgemäße Wirkung nicht in einer physikalischen Wirkungsweise liegt.

Technik-Dokumentation für Medizinprodukte

„Die Technische Dokumentation […] beinhaltet alle Unterlagen, die ein Medizinproduktehersteller vorlegen muss, wenn er sein Produkt zertifizieren möchte.”

Gebrauchsanweisung

Mit Gebrauchsanweisung sind die vom Hersteller zur Verfügung gestellten Informationen gemeint, die den Anwender über die Zweckbestimmung und die korrekte Verwendung während des gesamten Lebenszyklus eines Medizinprodukts informieren und ggf. Sicherheitsmaßnahmen nennen. Die Gebrauchsanweisung hat zum Ziel, einen sicheren Gebrauch eines Produkts für Anwender und Patient zu gewährleisten.

Zweckbestimmung (engl. Intended Use)

Die IEC 60601-1, eine der wichtigsten horizontalen Normen im Bereich der Medizinprodukte, definiert den Begriff „als die Verwendung, für die ein Produkt, ein Prozess oder eine Dienstleistung nach den vom Hersteller gelieferten Spezifikationen, Anweisungen und Informationen vorgesehen ist”. Im Deutschen wird dieser Begriff oft mit Zweckbestimmung übersetzt, der englische ist gebräuchlicher.

Bestimmungsgemäßer Gebrauch

Der bestimmungsgemäße Gebrauch umfasst neben der Zweckbestimmung auch die vorgesehenen Tätigkeiten der Anwender wie Lagern, Transportieren, Instandhalten oder Reinigen, Desinfizieren und ggf. Sterilisieren. Es geht also darum, wie man etwas mit dem Produkt erreichen soll.

Die weiteren spannenden Informationen zur Technik-Dokumentation für Medizinprodukte in der EU sowie in Deutschland finden Sie in unserem Produkt Technische Dokumentation.

Autor*in: Elke Halstenberg (Technische Redakteurin)