05.05.2020

PSA und Technik-Dokumentation

Das Erstellen und Pflegen der Risikobeurteilung ist Aufgabe der Konstrukteure. Aus dem Ergebnis der Risikobeurteilung leitet der Technik-Redakteur ab, welche Informationen in die Betriebsanleitung oder andere Benutzerinformationen einfließen. Neben vielen anderen Informationen zur bestimmungsgemäßen Verwendung einer Maschine, ihren Einsatzgrenzen, der Bedienung, Wartung usw. gehören dazu auch alle Angaben zum Tragen oder zum Verwenden von persönlicher Schutzausrüstung.

Persönliche Schutzausrüstungen

Schutzausrüstung in der Risikobeurteilung von Maschinen

Die Risikobeurteilung einer Maschine ist ein zentraler Schritt auf dem Weg von der ersten Idee bis zum Inverkehrbringen einer Maschine auf dem europäischen Markt. Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG verpflichtet den Hersteller, ausschließlich sichere Maschinen zu konstruieren. Er darf eine Maschine nur in Verkehr bringen, wenn er alle beim Betrieb der Maschine auftretenden Gefährdungen und Gesundheitsfolgen vorausgesehen und weitestmöglich minimiert hat.

Dieses Identifizieren, Analysieren und Bewerten von Risiken ist ein mehrstufiger Prozess, für den sich der Begriff Risikobeurteilung, bestehend aus Risikoanalyse und Risikobewertung, durchgesetzt hat. Vorgaben für die Durchführung einer Risikobeurteilung liefert u.a. die DIN EN ISO 12100 „Sicherheit von Maschinen – Allgemeine Gestaltungsleitsätze – Risikobeurteilung und Risikominderung”. Diese Risikobeurteilung ist die Basis jeder Anleitung für den späteren Benutzer oder Bediener der Maschine.

Maschinenrichtlinie fordert Unterrichtung des Benutzers zu PSA

Der Begriff „persönliche Schutzausrüstung” kommt in der Maschinenrichtlinie nur an wenigen Stellen vor. Diese Erwähnungen sind jedoch von zentraler Bedeutung. Zum ersten Mal wird PSA in Anhang I Abschnitt 1.1.2b „Grundsätze für die Integration der Sicherheit” genannt:

„Bei der Wahl der angemessensten Lösungen muss der Hersteller oder sein Bevollmächtigter folgende Grundsätze anwenden, und zwar in der angegebenen Reihenfolge:

  • Beseitigung oder Minimierung der Risiken so weit wie möglich (Integration der Sicherheit in Konstruktion und Bau der Maschine);
  • Ergreifen der notwendigen Schutzmaßnahmen gegen Risiken, die sich nicht beseitigen lassen;
  • Unterrichtung der Benutzer über die Restrisiken aufgrund der nicht vollständigen Wirksamkeit der getroffenen Schutzmaßnahmen; Hinweis auf eine eventuell erforderliche spezielle Ausbildung oder Einarbeitung und persönliche Schutzausrüstung.”

Persönliche Schutzausrüstung bei Restrisiken

Bei jedem mit dem Betreiben oder Bedienen einer Maschine verbundenen PSA-Tragegebot muss der Hersteller sich fragen, inwiefern das die Tragepflicht verursachende Risiko auf konstruktive Art und Weise vermindert werden kann. Das Verwenden von Schutzausrüstung vorzugeben ist keine Option, wenn sich die zugrunde liegende Gefährdung mit zumutbarem Aufwand durch die technische Konstruktion der Maschine beseitigen lässt. Vor dem Verweisen auf Schutzausrüstungspflichten für den Maschinenbediener und unabhängig von etwaigen PSA-Tragegeboten sind zunächst alle anderen Optionen auszuloten und umzusetzen wie z.B.:

  • eine inhärent sichere Konstruktion
  • trennende und nicht trennende Schutzeinrichtungen
  • optische und akustische Warneinrichtungen
  • Not-Aus-Schalter und Not-Halt-Systeme wie Reißleinen usw.

Persönliche Schutzausrüstungen an Maschinen beziehen sich daher in der Regel auf den Umgang mit den sogenannten Restrisiken, die trotz aller Schutzmaßnahmen und Schutzeinrichtungen beim späteren Betrieb der Maschine bestehen. PSA dient in diesen Fällen dazu, Arbeitsunfällen, Verletzungen und Gesundheitsschäden beim Bedienen der Maschine vorzubeugen. Darüber muss der Hersteller den Maschinenbetreiber bzw. -benutzer informieren.

PSA-Gebote und PSA-Verbote

Gemäß Maschinenrichtlinie (siehe obiges Zitat) ist das Unterrichten der Benutzer zwingend vorgeschrieben und stellt nicht etwa eine optionale Leistung des Maschinenherstellers dar. Bisweilen werden „Argumente” vorgebracht wie, dass die Betriebsanleitung ohnehin niemand lese oder dass eine Gefährdung wie etwa eine heiße Oberfläche augenfällig sei und daher keiner Erläuterung bedürfe. Doch diese Sichtweisen entsprechen nicht der juristischen Sachlage und entbinden den Hersteller nicht von seiner Pflicht, den Maschinenbediener zu allen Risiken und Schutzmaßnahmen inklusive ggf. notwendiger Schutzausrüstung zu informieren.

Das Produktsicherheitsgesetz greift diesen Punkt wie folgt auf:

„Sind bei der Verwendung, Ergänzung oder Instandhaltung eines Produkts bestimmte Regeln zu beachten, um den Schutz von Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten, ist bei der Bereitstellung auf dem Markt hierfür eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache mitzuliefern, sofern in den Rechtsverordnungen nach § 8 keine anderen Regelungen vorgesehen sind.” (§ 3 Abs. 4 ProdSG)

Unter die hier genannten „bestimmte Regeln” können auch Hinweise zur Schutzausrüstung fallen, wenn diese für ein sicheres Verwenden des Produkts notwendig sind. Fehlen die Hinweise auf eine zum Bedienen einer Maschine erforderliche PSA-Komponente (siehe unten), dann gilt die Betriebsanleitung als unvollständig mit allen haftungsrechtlichen Folgen für den Maschinenhersteller.

Belastungen durch notwendige PSA voraussehen

Die zweite Erwähnung von Schutzausrüstung in der Maschinenrichtlinie macht einen weiteren Punkt deutlich:

Bei der Konstruktion und beim Bau der Maschine muss den Belastungen Rechnung getragen werden, denen das Bedienungspersonal durch die notwendige oder voraussichtliche Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen ausgesetzt ist. (MRL 1.1.2d „Grundsätze für die Integration der Sicherheit”)

Das heißt, der Maschinenhersteller kann nicht nach Belieben auf das Tragen von PSA verweisen. Er muss auch diejenigen Belastungen – im Sinne von Erschwernissen, Stress, Anstrengung usw. – berücksichtigen, die nicht durch die Maschine selbst, sondern durch das zum Bedienen der Maschine erforderliche Tragen einer Schutzausrüstung entstehen.

PSA-bezogene Pflichten für Maschinenhersteller wie Betreiber

War es von vorneherein bekannt oder hat es sich im Rahmen der Risikobeurteilung ergeben, dass beim Betreiben der Maschine das Tragen oder Verwenden bestimmter PSA-Komponenten unumgänglich ist, dann muss dies

  1. in der Bedienungs- oder Betriebsanleitung eindeutig genannt werden,
  2. an der Maschine selbst durch eine geeignete Kennzeichnung erkennbar sein,
  3. aus der Betriebsanweisung zur Maschine hervorgehen,
  4. in die Einweisungen und Sicherheitsunterweisungen der Maschinenbediener einfließen.

Während die Punkte 1 und 2 sich an den Maschinenhersteller richten, gelten die Punkte 3 und 4 dem Maschinenbetreiber (siehe unten) bzw. den von diesem beauftragten betrieblichen Arbeitsschützern. Entscheidend ist, dass die Informationen dieser 4 Punkte miteinander konsistent sind und keine Widersprüche aufweisen. Es darf nicht sein, dass etwa eine Erläuterung zu einer PSA-Komponente in der Betriebsanleitung zu anderen Schlüssen kommt als die Kurzform in der Betriebsanweisung oder die Einweisung eines neuen Maschinenbedieners.

Ausführliche Erläuterungen zu diesem Thema finden Sie in unserem Produkt Technische Dokumentation.

Autor*in: Dr. Friedhelm Kring