03.08.2018

Kennzeichnung von Kabeln und Leitern nach neuer DIN EN 60445 (VDE 0197)

Als Hersteller von elektrischen Betriebsmitteln wissen Sie um die besondere Bedeutung der Identifikation und Kennzeichnung von Anschlüssen elektrischer Betriebsmittel. Kabel- und Leiterbeschriftungen kommen in fast allen Branchen in den unterschiedlichsten Anwendungen zum Einsatz. Die Bandbreite reicht dabei von der individuellen Kennzeichnung im privaten Bereich, in Kleinbetrieben bis hin zu komplexen Beschriftungssystemen im Bereich der industriellen Anlagen-Kennzeichnung.

Netzteile

In der Industrie, im Handel und in den Gewerbebetrieben existieren zahlreiche Bereiche, in denen die Identifikation und Kennzeichnung von Anschlüssen elektrischer Betriebsmittel zwingend erforderlich sind, damit Leitungen in Abhängigkeit des Verwendungszwecks richtig installiert, eingesetzt und später wieder zugeordnet werden können. Auch um Stromleitungen an Steckdosen und in elektrischen Betriebsmitteln phasenrichtig anschließen oder zuordnen zu können, ist es von unverzichtbarer praktischer Relevanz, zu wissen, wie diese gekennzeichnet sind.

Anwendungsbereich ist weit gefasst

Die typischen Anwendungsgebiete der Leiter- und Kabelkennzeichnung sind weiter gefasst, als es der Name vermuten lässt. Denn die Kennzeichnung dient eben nicht nur der Markierung von Kabeln und Leitern, sondern auch von Schaltanlagen, Schaltschränken, Verteilerschränken, Schläuchen, Rohren, Bauteilen, Adern und Drähten. Mit anderen Worten: Die Kennzeichnung von Anschlüssen elektrischer Betriebsmittel, angeschlossenen Leiterenden und Leitern spielt überall dort eine wichtige Rolle, wo Leitungen verlegt werden, bspw. in elektrischen Maschinen und Anlagen, in der Gebäudeelektrik, in der Datentechnik, Netzwerktechnik, Nachrichtentechnik oder in Kfz. Je komplexer die Kabel- und Leitungsnetzstruktur, desto diffiziler und zugleich wichtiger ist es, dass Sie als Hersteller von elektrischen Betriebsmitteln den Überblick bewahren.

Kurzübersicht: Das sind die wesentlichen Änderungen

Diesem Zweck dient u.a. die Norm DIN EN 60445 (VDE 0197):2018-02 mit dem sperrigen amtlichen Titel „Grund- und Sicherheitsregeln für die Mensch-Maschine-Schnittstelle – Kennzeichnung von Anschlüssen elektrischer Betriebsmittel, angeschlossenen Leiterenden und Leitern”. Sie enthält allgemeine Regelungen für die Anwendung bestimmter Farben und alphanumerischer Benennungen für die Kennzeichnung von Leitern im Hinblick auf Eindeutigkeit und sichere Betriebsweise.

Von ihrer Vorgängernorm DIN EN 60445 (VDE 0197):2011-10 unterscheidet sich die neue Norm vor allem durch die vorgenommenen redaktionellen Änderungen sowie neu eingeführte Farbmarkierungen zur Identifikation der Außenleiter in Gleichstromsystemen (bevorzugte Farben sind Rot für den positiven Außenleiter und Weiß für den negativen Außenleiter) und des Funktionserdungsleiters (Rosa), für den es laut der Norm genügt, die Farbmarkierung an den Leiterenden und Anschlussstellen anzubringen.

Was die alphanumerische Benennung betrifft, gibt die Norm vor, dass der Funktionserdungsleiter mit den Buchstaben FE zu kennzeichnen ist. Wer für Gleichstromelemente Buchstaben für die Kennzeichnung verwendet, dem empfiehlt die Norm explizit, Buchstaben aus der ersten Hälfte des Alphabets zu wählen, während für Wechselstromelemente solche aus der zweiten Hälfte ausgesucht werden sollten. Damit es nicht zu Verwechslungen mit den Ziffern 1 und 0 kommt, dürfen die Buchstaben l und O nicht zur Kennzeichnung verwendet werden. Die Symbole + und – sind hingegen zulässig. Die einzeln stehenden Ziffern 6 und 9 müssen laut der Norm unterstrichen dargestellt werden, um Verwechslungen zu verhindern. Darüber hinaus müssen sämtliche alphanumerischen Benennungen einen starken Kontrast zur Farbe der Isolierung aufweisen. Die Kennzeichnung durch alphanumerische Benennung muss eindeutig unterscheidbar und dauerhaft ausgeführt werden.

Übergangsfrist läuft bis September 2020

Zuständig für die DIN EN 60445 (VDE 0197):2018-02 ist das nationale Arbeitsgremium K 113 „Informationsstrukturen und Informationselemente, Grundsätze der Identifikation und Kennzeichnung, Dokumentation und graphische Symbole” der DKE – Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik – in DIN und VDE.

Hinweis: Der Anwendungsbeginn für die DIN EN 60445 (VDE 0197):2018-02 datiert auf den 01.02.2018. Zwar gilt für die Vorgängernorm eine Übergangsfrist bis zum 08.09.2020, dennoch sollten Sie als Hersteller von elektrischen Betriebsmitteln die Norm bereits jetzt schon anwenden – denn nur so stellen Sie sicher, dass der Termin auf keinen Fall in „Vergessenheit” gerät und Sie sich an die geänderten Anforderungen gewöhnen.

Änderungen

Gegenüber der Vorgängernorm wurden in der aktuellen Fassung insbesondere die nachstehend aufgeführten Änderungen vorgenommen:

  • Verschiebung des Textes der Einleitung in den Anwendungsbereich (in Übereinstimmung mit IEC-Leitfaden 104)
  • Einführung einer Farbmarkierung zur Identifikation der Außenleiter von Gleichstromsystemen
  • Einführung einer Farbmarkierung zur Identifikation des Funktionserdungsleiters
  • Ergänzung der Farbmarkierung für Gleichstromleiter und Funktionserdungsleiter
  • Umwandlung von Anmerkungen mit nicht verbindlichen Voraussetzungen in normativen Text
  • Angleichung der Terminologie an IEC 60050-195

Allgemeines und Anwendungsbereich

Die Norm DIN EN 60445 (VDE 0197):2018-02 gilt für die Identifikation und Kennzeichnung der Anschlüsse von elektrischen Betriebsmitteln, bspw. Widerständen, Relais, Sicherungen, Transformatoren, Schützen und umlaufenden elektrischen Maschinen. Sofern anwendbar, gilt die Norm auch für eine Kombination solcher Betriebsmittel (z.B. Baugruppen) sowie für die Identifikation bestimmter, bezeichneter Leiterenden.

Hinweis: Um Doppeldeutigkeit zu verhindern und eine sichere Betriebsweise zu gewährleisten, legt die Norm allgemeine Regeln für die Anwendung von bestimmten Farben oder alphanumerischen Benennungen für die Kennzeichnung von Leitern fest. Diese Farben oder alphanumerischen Benennungen für Leiter sind für die Anwendung in Kabeln und Leitungen oder Adern, Sammelschienen, Geräten und Installationen vorgesehen.

Kennzeichnungsverfahren

In Abschnitt 4 der Norm ist das sogenannte Kennzeichnungsverfahren geregelt. Wird die Kennzeichnung der Anschlüsse von Betriebsmitteln und der Enden bestimmter, bezeichneter Leiter als notwendig erachtet, muss danach mindestens eines der nachstehend aufgeführten Verfahren angewendet werden:

  • Betriebsmittelanschlüsse oder die Enden bestimmter, bezeichneter Leiter räumlich oder relativ anordnen
  • Betriebsmittelanschlüsse und die Enden bestimmter, bezeichneter Leiter gemäß Abschnitt 6 der Norm farblich kennzeichnen (siehe Abschnitte 7 ff. dieser Kommentierung)
  • Betriebsmittelanschlüsse und die Enden bestimmter, bezeichneter Leiter gemäß Abschnitt 7 der Norm alphanumerisch benennen (siehe Abschnitt 10 dieser Kommentierung)
  • grafische Symbole nach IEC 60417 verwenden (falls zusätzliche grafische Symbole benötigt werden, müssen diese mit IEC 60617 übereinstimmen)

Praxistipp: Um die Durchgängigkeit von Dokumentation und Kennzeichnung der Betriebsmittelanschlüsse sicherzustellen, ist eine alphanumerische Benennung zu empfehlen.

Hinweis: In Ihrer Funktion als Hersteller von elektrischen Betriebsmitteln sollten Sie unbedingt darauf achten, dass die farbliche Kennzeichnung von Leitern mit den im Abschnitt 6 der Norm (hier: Abschnitte 7 ff.) festgelegten Anforderungen übereinstimmt. Ähnliches gilt für die Kennzeichnung von Leitern durch alphanumerische Benennung. Diese muss zwingend mit den im Abschnitt 7 der Norm (hier: Abschnitt 10) festgelegten Anforderungen übereinstimmen.

Die Norm weist an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass bei komplexen Systemen und Installationen zusätzliche Markierungen oder Kennzeichnungen aus anderen als Sicherheitsgründen benutzt werden, bspw. nach IEC 62491.

 

Weitere Informationen zu den Kennzeichnungsverfahren sowie den Anwendungsbereichen erhalten Sie in unserem Produkt „Niederspannungsrichtlinie“.

Autor*in: Ernst Schneider