05.06.2020

Bußgeldandrohung bei Verstoß gegen Abstandsregeln zu unbestimmt

Bußgelder sind ein wichtiger Bestandteil der verhaltensbedingten Einschränkungen während der Corona-Pandemie. Dennoch müssen die Bußgeldtatbestände bestimmt genug formuliert werden. Die vom Senat des Stadtstaates erlassenen Bußgeldvorschriften wurden vom Verfassungsgerichtshof (VerfGH Berlin, Beschl. vom 20.05.2020, Az. VerfGH 81 A/20) als ungültig erklärt.

Verstoß gegen Abstandsregeln

Verstoß gegen das Abstandsgebot bußgeldbewehrt …

Die Corona-Eindämmungsverordnung des Landes belegt mehrere Verstöße gegen diese mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro. Wer das Mindestabstandsgebot von 1,5 m zu haushaltsfremden Personen im öffentlichen Raum nicht beachtet, muss mit einer Geldbuße von 500 Euro rechnen.

Der Bußgeldkatalog wurde mit den substantiellen Veränderungen ab der Sechsten Verordnung zur Änderung der SARS-CoV-2- Eindämmungsmaßnahmenverordnung vom 7. Mai 2020 nicht mehr angepasst. Als Konsequenz entsprechen von den insgesamt 59 im Bußgeldkatalog aufgeführten Tatbeständen auch bei großzügiger Auslegung nur noch 9 Tatbestände den Regelungen der aktuellen Verordnung über erforderliche Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 in Berlin.

… aber zu unbestimmt

Die Richter des VerfGH Berlin entschieden, dass die Betroffenen nicht klar erkennen könnten, welche Handlung oder Unterlassung bußgeldbewehrt sei. Dies könne, so das Gericht, rechtstreue Bürger dazu veranlassen, sich in ihren Grundrechten noch weiter zu beschränken, als es erforderlich wäre, um keine Ordnungswidrigkeit zu begehen.

Abstandsgebote gelten weiter

Das Gericht erkannte aber auch, dass die Grundrechtseinschränkungen wie das Mindestabstandsgebot weiter anzuwenden sind, um die Corona-Pandemie weiter einzudämmen. Die Folge der Gerichtsentscheidung: Die Abstandsregeln gelten weiter, die zuständigen Ordnungsämter der Bezirke dürfen bei Verstößen gegen die Verordnung bis zur Anpassung des Bußgeldkatalogs zunächst aber keine Bußgelder erheben.

Flut von Bußgeldern

Die zuständigen Ordnungsämter der Bezirke haben innerhalb eines Monats rund 3.000 Verstöße gegen die Abstandsregeln registriert, aber sich mit Bußgeldbescheiden zurückgehalten. Welche Arbeit auf die Verwaltungen zukommt, kann man sich ungefähr ausmalen, wenn man sich vor Augen führt, dass allein in Bayern rund 60.000 Verstöße dokumentiert wurden.

Der Beschluss ist abrufbar unter http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal/t/279b/bs/10/page/sammlung.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KVRE001632015&doc.part=L&doc.price=0.0#focuspoint

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)