07.07.2020

Teichunfall in Seigertshausen: Unterdrückung von Beweisen?

Eine unerwartete Wendung gab es in den letzten Wochen rund um das Urteil des AG Schwalmstadt, das den Bürgermeister der Gemeinde wegen fahrlässiger Tötung verurteilt hatte, weil drei Kinder im Dorfteich ertrunken waren.

Teichunfall Unterdrückung von Beweisen

Hausdurchsuchungen bei Zeugen

Nach der Urteilsverkündung ist ein Schreiben einer Versicherung an die Gemeinde aufgetaucht, in dem die Versicherung die Gemeinde darauf hinweist, dass der Teich nach baulichen Veränderungen am Ufer als verkehrsgefährlich einzustufen ist. Dieses Schreiben lag der Gemeinde vor. Während des Gerichtsverfahrens hatten mehrere bei der Gemeinde beschäftigte Zeugen auf die Frage, ob ihnen die Gefährlichkeit des Teichs bekannt sei, mit „Nein“ geantwortet.

Hausdurchsuchungen

Weil der Verdacht besteht, dass die Zeugen mit ihrer Falschaussage eine Verurteilung des Bürgermeisters verhindern wollten, ordnete die Staatsanwaltschaft acht Hausdurchsuchungen an, in deren Verlauf Laptops, Handys, USB-Sticks, Dokumente und vieles mehr beschlagnahmt wurden.

Falschaussage als strafbare Handlung

„Wer vor Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung von Zeugen oder Sachverständigen zuständigen Stelle als Zeuge oder Sachverständiger uneidlich falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft“, bestimmt § 153 StGB. Für öffentliche Bedienstete ist die Falschaussage damit sehr riskant, denn es droht ein Disziplinarverfahren oder sogar die Entfernung aus dem Dienst.

Auswertung der Beweisstücke

Aktuell werden die beschlagnahmten Beweisstücke ausgewertet. Erst danach kann die Frage beantwortet werden, ob der Bürgermeister das Schreiben der Versicherung aus dem Jahr 2014 im Gerichtsverfahren unterdrückt hat. Dies wäre eine Straftat nach § 295 StBG, die aber nur geahndet wird, wenn die Fahrlässigkeit der Körperverletzung selbst nicht bestraft wird.

Wiederaufnahme des Verfahrens?

Sollte sich der Verdacht der Falschaussage bzw. die Unterdrückung von Beweismitteln bestätigen, droht eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 362 StPO).

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)