17.07.2018

Rechtsschutz gegen Immissionen einer Feuerwehrsirene

Kann sich ein Anwohner erfolgreich gegen das Anbringen einer Feuerwehrsirene auf dem Nachbarhaus wehren? Der VGH München (Beschl. vom 24.01.2018, Az. 22 CE 17.2457) entschied wie Radio Eriwan: im Prinzip ja, aber …

Feuerwehrsirene

Eine Gemeinde installierte als Ersatz für eine alte Feuerwehrsirene eine neue Feuerwehrsirene auf dem Dach eines Hauses. Ein Nachbar, der mit Zweitwohnsitz in der Gemeinde gemeldet ist, wollte dies nicht hinnehmen.

Er argumentierte, die Signalhörner der neuen Sirene seien unmittelbar auf sein Anwesen ausgerichtet und nur etwa 20 m von seinem Schlafzimmer entfernt. Der von der Gemeinde gewählte Standort für die neue Sirene führe für ihn zur größtmöglichen Beeinträchtigung. Bei der ersten Sirenenbeschallung habe er sich in einer Entfernung von etwa 15 m auf dem Dach seines Anwesens befunden und einen Tinnitus sowie extreme Ohrenschmerzen erlitten. Sein Anwesen sei ein Vierseithof, die Sirenenbeschallung erfolge über das östliche Satteldach hinweg direkt in den geschlossenen Innenhof und fange sich dort wie in einem Trichter. Ihm drohten durch eine kurzfristige weitere Nutzung der neuen Sirene erhebliche Gesundheitsschäden.

Er klagte vor dem Verwaltungsgericht.

Entscheidungsgründe:

  • Ein Betroffener kann einen Anspruch auf Unterlassung der Erzeugung von unzumutbaren Immissionen vor seinem Schlafzimmerfenster (oder anderer Wohnräume) aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch haben.
  • Ein Anspruch besteht, wenn der mit der Sirene verbundene Lärm die Grenze der Zumutbarkeit i.S.d. §§ 22, 3 Abs. 1 BImSchG überschreitet. Hierfür sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich.
  • Hierzu hat das BVerwG mit Urteil vom 29.04.1988, Az. 7 C 33/87, entschieden: Es nicht ausgeschlossen, dass ein Wert von 95 dB (A) als Außenwert in einer Größenordnung liegt, bei der die Zumutbarkeitsschwelle für den Lärm der – selten betätigten – Feueralarmsirene anzusetzen ist.
  • Den bei den Akten befindlichen E-Mails der Herstellerfirma ist zu entnehmen, dass die Schalldruckpegel der neuen Feuerwehrsirene erhebliche Werte erreichen, die derzeit aufgrund der geringen Entfernung von der Schallquelle den vorgenannten Wert deutlich übersteigen und die Unzumutbarkeit für Anwohner nahelegen.
  • Vorkehrungen gegen unzumutbaren Lärm, insbesondere Ausbreitungsberechnungen oder Messungen, hat die Gemeinde vor Inbetriebnahme der Sirene nicht angestellt. Das wäre aber ihre Pflicht als Betreiberin der neuen Anlage gewesen.
  • Die Gemeinde ist auch nicht befugt, ihre Sirenen unabhängig von den Anforderungen des Immissionsschutzes an jedem beliebigen Standort im Gemeindegebiet aufzustellen. Auch die bloße Erwägung, dass die alte (möglicherweise schon länger nicht mehr funktionierende) Sirene früher in unmittelbarer Nähe zum jetzigen Standort aufgestellt gewesen sei, rechtfertigt die Standortwahl nicht.

Ergebnis

Die Gemeinde hat dem Anwohner im Verfahren angeboten, kurzfristig mit der fachkundigen Herstellerfirma eine Messung der tatsächlichen Belastung, eine Abhilfe durch Drehung der Sirenenhörner und schließlich auch eine Drosselung der Leistungswerte der Sirene bis zu Messwerten vorzunehmen, die zumutbar sind. Deshalb wurde der Antrag wegen Fehlens eines Rechtsschutzbedürfnisses abgelehnt.

Der Beschluss ist abrufbar unter http://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2018-N-002230?hl=true

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)