19.10.2022

Rechtsprechung in Kürze: wichtige Entscheidungen (Oktober 2022)

Themen dieser Übersicht: Widerspruch, Sozialbestattung, Spielhallen und Rauchverbot, Werbeanlage an Spielhalle, Befristung einer Spielhalle, Straßentheater „Habecks Prozess“, Verstöße gegen Infektionsschutz im Friseursalon, Kostenerhebung für Feuerwehreinsatz, Handy am Steuer.

Rechtsprechung Widerspruch Sozialbestattung Spielhallen

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Gericht Datum Aktenzeichen
OVG Magdeburg 08.09.2022 3 M 84/22

Widerspruch

  1. Ein Widerspruch i.S.v. § 69 VwGO muss nicht als solcher bezeichnet werden. Es genügt, wenn der Betroffene deutlich macht, dass er sich von der angegriffenen Maßnahme beschwert fühlt, sich deshalb dagegen wehrt und die Überprüfung sowie Aufhebung der Maßnahme begehrt.
  2. Ein lediglich mündlicher Widerspruch im Rahmen einer Vorsprache bei der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, genügt nicht dem Formerfordernis von § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
  3. Auch von einem juristischen Laien, der in der Rechtsbehelfsbelehrung des von ihm beanstandeten Bescheids (zutreffend) über die einzuhaltende Form des Widerspruchs hingewiesen worden ist, darf die Erkenntnis erwartet werden, dass ein bei der Behörde lediglich mündlich vorgetragener Widerspruch nicht (form)wirksam und dementsprechend auch nicht geeignet ist, die Widerspruchsfrist zu wahren. Ihm obliegt es regelmäßig, sich ggf. Gewissheit darüber zu verschaffen, dass über seinen mündlichen Widerspruch eine Niederschrift gefertigt worden ist.
VGH Mannheim 05.09.2022 1 S 1890/22

Sozialbestattung

Die örtlich zuständige Behörde für eine Sozialbestattung (hier: § 31 Abs. 2 BestattG BW) ist die Ortspolizeibehörde (vgl. auch § 36 Abs. 4 BestattVO und § 113 Abs. 1 PolG BW). Zuständig ist damit die Polizeibehörde, in deren Dienstbezirk der Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (also die von dem Verstorbenen ausgehende Gesundheitsgefahr) droht oder in deren Dienstbezirk sich die Gefahrenquelle (d.h. der Leichnam) befindet.

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OVG Lüneburg 24.08.2022 14 ME 288/22

Spielhallen und Rauchverbot

Es ist nicht evident verfassungswidrig, dass der Landesgesetzgeber Spielhallen einem strikten Rauchverbot unterworfen hat, ohne die Möglichkeit der Einrichtung eines Raucherraums vorzusehen. Anträge auf Einrichten eines Raucherraums sind daher abzulehnen.

OVG Münster 17.08.2022 10 A 2839/21

Werbeanlage an Spielhalle

Das Zurückweisen eines Antrages auf Erteilen einer Baugenehmigung für das Anbringen einer Werbeanlage an einer Spielhalle, auf denen die Schriftzüge „Spielhalle“ und „Entertainment World“ aufgebracht sind, ist rechtmäßig.

Dem Vorhaben stehen die Spielhallengesetze der Bundesländer (hier: § 16 Abs. 8 AG GlüStV NRW) entgegen. Danach ist als Bezeichnung des Unternehmens nur der Schriftzug „Spielhalle“ zulässig. Die mit dem Schriftzug „Entertainment World“ angepriesene Unterhaltung ist für Passanten so attraktiv, dass die Werbeanlage für sie einen unzulässigen zusätzlichen Anreiz zum Spiel schafft.

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OVG Bautzen 15.08.2022 5 B 228/22

Straßentheaters „Habecks Prozess“

Die Untersagung eines Straßentheaters mit dem Titel „Habecks Prozess“ sowie das Mitführen von Kundgebungsmitteln zum Zweck der Durchführung des Straßentheaters, insbesondere Puppen, symbolische „Pranger“ oder anderer Gegenstände sowie Tonaufnahmen, die der Darstellung „Habecks Prozess“ dienen, mittels versammlungsrechtlicher Auflage ist rechtmäßig.

VG Münster 12.08.2022 5 K 2453/21

Friseursalon: Verstöße gegen Infektionsschutz

Wegen Verstößen gegen Maßnahmen zum Infektionsschutz in einem Friseursalon kann ein Zwangsgeld angedroht und festgesetzt werden. Die Festsetzung des Zwangsmittels ist die regelmäßige Folge der Zwangsmittelandrohung.

VGH Mannheim 11.08.2022 6 S 790/22

Befristung einer Spielhallenerlaubnis

Die Befristung einer Spielhallenerlaubnis ist keine isoliert anfechtbare Nebenbestimmung. Der Widerspruch bzw. die Klage gegen eine solche Befristung entfalten daher keine aufschiebende Wirkung.

OVG Magdeburg 26.4.2022 3 L 6/21

Kostenerhebung für Feuerwehreinsatz

  1. Für die Zulässigkeit der Aufrundung des einer Kostenerhebung für einen Feuerwehreinsatz zugrunde zu legenden Zeitaufwands auf volle Viertelstunden kommt es auf die Ausgestaltung der maßgeblichen Regelungen der einschlägigen Feuerwehrkosten- und -gebührensatzung an.
  2. Auf notwendige Vor- und Nachbereitungshandlungen eines Einsatzes entfallende Zeiten können – zumindest der Sache nach – über eine (pauschale) Aufrundung der konkreten Einsatzzeit oder im Rahmen der Kostenkalkulation bei der Bestimmung der Stundensätze des Kostentarifs für die verschiedenen Leistungen der Feuerwehr berücksichtigt werden.
LG Paderborn
OLG Hamm
05.10.2021
08.03.2022
05 Ns 8/21
4 RVs 13/22

Handy am Steuer: Unfall mit Todesfolge

Wer Textnachrichten auf dem Handy am Steuer liest, muss, wenn dies zu einem Unfall führt (in diesem Fall mit Todesfolge), mit einer Strafe in Form der Freiheitsentziehung rechnen. Das LG Paderborn verurteilte den Fahrer zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und 9 Monaten ohne Bewährung. Das OLG Hamm wies die Revision des Unfallfahrers als unbegründet zurück.

Autor*in: Uwe Schmidt (Uwe Schmidt unterrichtete Ordnungsrecht, Verwaltungsrecht und Informationstechnik.)